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Ukrainischer Fußball mit tödlichem Risiko

Calle Kops (AFP/dpa/sid)23. Juli 2014

Wegen der Krise in der Ostukraine wollen südamerikanische Fußballprofis nicht mehr zu ihren Vereinen nach Donezk und Charkow zurückkehren. Der Clubbesitzer von Schachtjor Donezk droht mit Sanktionen.

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Der ukrainische Unternehmer und Besitzer des ukrainischen Fußballclubs Schachtjor Donezk Rinat Achmetow posiert in Donezk in seinem Stadion Donbas Arena (Foto: Jens Kalaene/dpa)
Schachtjor Clubchef Rinat Achmetow posiert in Donezk in seinem Stadion Donbas ArenaBild: picture-alliance/dpa

Unter Androhung finanzieller Strafen hat der Besitzer des Fußballclubs Schachtjor Donezk sechs seiner Profispieler zur Rückkehr in die ostukrainische Krisenregion aufgefordert. "Falls sie nicht kommen, denke ich, werden sie zuerst leiden", warnte der Oligarch Rinat Achmetow die Profis auf der Homepage des Vereins. Er drohte den Spielern mit Strafzahlungen in Höhe von Dutzenden Millionen Euro, falls sie ihre vertraglichen Pflichten verletzten. Die Spieler bräuchten laut Achmetow wegen der kritischen Situation in der Ostukraine keine Angst zu haben. "Wir sind bereit, Sicherheit zu gewährleisten", teilte Achmetow mit. "Wir werden kein Risiko eingehen und in keinem Fall Spieler an gefährliche Orte bringen."

Die brasilianischen Profis Douglas Costa, Alex Teixeira, Fred, Dentinho, Ismaily und der Argentinier Facundo Ferreyra hatten nach einem Testspiel gegen Olympique Lyon den Rückflug nach Donezk verweigert und waren in Frankreich geblieben. Die Spieler gingen "ein tödliches Risiko ein, falls sie in der Region sind", teilte Costa mit. "Ich möchte klarstellen, dass ich den Verein nicht im Stich lasse. Ich habe schlicht Angst." Der 23-jährige Offensivspieler betonte: "Wir wollen im Klub bleiben, aber wir brauchen sichere Arbeitsbedingungen."

Laut Schachtjor-Trainer Mircea Lucescu wurden die brasilianischen Spieler von ihrem Agenten Kia Zhoorabkhyan beeinflusst, nicht zurückzukehren. "Er will die Situation im Land ausnutzen und die Spieler kostenlos bekommen. Aber sie haben Verträge", sagte Lucescu der ukrainischen Zeitung "Segodnya". Und gegenüber sagte der französischen Zeitung "L'Equipe" schimpfte der Coach: "Das ist ein echter Skandal. Er nutzt die Situation aus, um sie zu entführen."

Douglas Costa von Schachtjor Donezk im Porträt (Foto: SERGEI SUPINSKY/AFP/Getty Images)
Der brasilianische Fußball-Profi Douglas Costa von Schachtjor Donezk hat Angst vor der Rückkehr in die UkraineBild: SERGEI SUPINSKY/AFP/Getty Images

Argentinier wollen nicht nach Charkow

In der Ostukraine liefern sich die ukrainische Armee und prorussische Separatisten seit längerem heftige Gefechte. Rund 60 Kilometer von Donezk entfernt war die Passagiermaschine MH17 am vergangenen Donnerstag abgestürzt. Die ukrainische Fußball-Föderation entschied nun, dass Schachtjor seine Heimspiele in der kommenden Saison in Lwiw austragen wird. "Wir werden in Kiew trainieren und leben, und die Arena Lwiw wird unser Heimstadion", teilte Trainer Lucescu mit. Lwiw liegt mehr als 1000 Kilometer vom umkämpften Donezk entfernt im Westen des Landes. Neben dem ukrainischen Meister müssen auch die ostukrainischen Vereine Metalurg Donezk, Olimpik Donezk and Zorya Luhansk auf alternative Orte ausweichen, weil ihre Heimatstädte von prorussischen Separatisten kontrolliert werden.

Auch der Verein Metalist Charkow hat Probleme mit seinen Spielern. Die argentinischen Profis Sebastian Blanco, Jonathan Cristaldo, Alejandro Gomez und Jose Sosa weigerten sich, zu dem ostukrainischen Erstligisten zurückzukehren, wie argentinische Medien berichten. Blanco wurde mit den Worten zitiert, er beabsichtige nach der Flugzeugtragödie nicht zurückzukehren. "Die Lage dort ist gegenwärtig nicht normal. Ich habe entschieden, in Buenos Aires zu bleiben", sagte der 26-jährige Profi. Metalist forderte den Spieler in einer Erklärung auf, seinen Pflichten nachzukommen. Solche Vertragsangelegenheiten werden in der Regel von der FIFA geklärt. Sollte der Weltverband die Lage in der Ukraine nicht als entsprechend prekär einstufen, müsste er die Spieler international sperren.

Probleme werden runtergespielt

Ein zerstörtes Haus in Donezk (Foto: Mikhail Voskresenskiy/RIA Novosti)
Die Realität in der umkämpften Millonen-Stadt Donezk ist erschreckendBild: picture-alliance/dpa

Trotz der angespannten Lage im Osten des Landes hält der ukrainische Fußballverband FFU am geplanten Saisonauftakt am kommenden Freitag fest. Die nationale Meisterschaft werde trotz der Flugzeugtragödie, über die das ganze Land trauere, starten, sagte Verbandssprecher Pawel Ternowoi. "Wir halten daran fest, dass Fußball sich aus der Politik heraushalten soll."

Auch internationale Wettbewerbe sind betroffen: So ist das Champions-League-Qualifikationsspiel zwischen Dnjepr Dnjepropetrowsk und dem FC Kopenhagen ins Olympiastadion von Kiew verlegt worden. Der dänische Club hatte zuvor erklärt, nicht in Dnjepropetrowsk antreten zu wollen und dies nach eigenen Angaben der Europäischen Fußball-Union UEFA mitgeteilt. "Wir haben der UEFA gesagt, welche Probleme gelöst werden müssen. Unsere Versicherung deckt eine Reise in die Ukraine nicht ab, und niemand würde uns hinfliegen", sagte ein Sprecher des dänischen Vizemeisters. "Wir haben aber keine Forderungen gestellt, wo das Spiel stattdessen stattfinden sollte."

Zuvor hatte die Europäische Fußball-Union (UEFA) eine mögliche Begegnung von Dnjepropetrowsk und dem russischen FC Zenit St. Petersburg vor der Drittrundenauslosung ausgeschlossen. Wegen der Krise soll es laut UEFA vorerst keine Partien zwischen Teams aus der Ukraine und Russland geben.