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Kiews Militär: Kaum Geld, Personal und Waffen

Roman Goncharenko3. März 2014

Der Zustand der ukrainischen Armee gilt als desolat. Das Nukleararsenal hat man aufgegeben und die Ausrüstung ist auf altem Sowjetniveau. Dabei waren die Truppen früher mit moderner Technik ausgerüstet.

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Ukrainische Soldaten warten (Foto: Getty Images)
Bild: Getty Images/Afp/Sergei Supinsky

Die ukrainische Armee wurde in höchste Alarmbereitschaft versetzt, doch ihre Möglichkeiten sind begrenzt. Nach offiziellen Angaben stehen derzeit rund 130.000 kampfbereiter Soldaten und Offiziere der Regierung in Kiew zur Verfügung. Russlands Truppe wird auf mehr als 800.000 Mann beziffert. So groß war die des Nachbarn auch einmal - 1991.

Die ukrainische Armee genießt schon seit Jahren keinen guten Ruf mehr. Sie gilt als chronisch unterfinanziert, korrupt, schlecht ausgebildet und ausgerüstet. Seit diesem Jahr gibt es in der Ukraine eine reine Berufsarmee. Die letzten Wehrpflichtigen wurden im Herbst 2013 eingezogen. Die Verkleinerung der Armee und die Abschaffung der Wehrpflicht sollten helfen, das Problem der Unterfinanzierung zu lösen. Seit Jahrzehnten beschweren sich ukrainische Militärs über zu wenig Geld aus dem Haushalt.

2013 gab der Staat umgerechnet 1,3 Milliarden Euro für die Armee aus. Experten wie Valentin Badrak vom Kiewer Zentrum für Armeestudien beziffern den Bedarf aber auf mindestens doppelt bis dreifach so hoch. Zum Vergleich: Russland investierte 2013 mehr als 52 Milliarden Euro.

Ein russischer Soldat in einem Panzer (Foto: Reuters)
Pro-russische Soldaten im Einsatz auf der KrimBild: Reuters

Desinteresse der Regierung

Vor zehn Jahren gab es eine Reihe von Unfällen, die auch dem desolaten Zustand der ukrainischen Armee geschuldet waren: Im Jahr 2000 traf bei einer Schießübung eine Rakete ein Wohnhaus bei Kiew, 2001 schoss die ukrainische Flugabwehr ein russisches Passagierflugzeug über dem Schwarzen Meer ab, 2002 stürzte bei einer Flugshow in der Westukraine ein Kampfjet in eine Menschenmenge.

Die allermeisten Waffen seien noch aus Sowjetzeiten, sagt Militär-Experte Badrak. Die Ukraine sei "um eine Waffengeneration" hinter entwickelten Nationen zurückgeblieben. Aus Mangel an Ersatzteilen seien nur noch ein paar alte sowjetische Kampfjets einsatzbereit, die meisten Piloten würden über eine rein theoretische Ausbildung verfügen. Auch der Spritbedarf sei, wenn überhaupt, gerade mal zur Hälfte gedeckt.

Nicht besser sieht es bei der Flotte aus. Nach der Aufteilung der Schwarzmeerflotte 1997 bekam Russland einen Großteil davon. Die ukrainische Marine verfügt lediglich über ein paar einsatzbereite Schiffe und ein Diesel-U-Boot. Die auf der Krim stationierte russische Schwarzmeerflotte mit Dutzenden Schiffen ist der ukrainischen zahlenmäßig überlegen.

Die letzte Regierung des gestürzten Präsidenten Viktor Janukowitsch kümmerte sich ebenso wenig wie ihre Vorgänger um die Armee. "Die Regierung will sich damit nicht beschäftigen", schrieb der Militär-Experte Mykola Sunhurowski vom Kiewer Rasumkow-Zentrum in einem Zeitungsartikel im Juli 2013.

Atomwaffen gegen Sicherheitsgarantien

Vor 22 Jahren sah das anders aus: Als die UdSSR im Dezember 1991 aufgelöst wurde und ein Dutzend Sowjetrepubliken ihre Unabhängigkeit erklärten, wurde auch das Atomarsenal aufgeteilt. Die Ukraine wurde quasi über Nacht zur drittstärksten Atommacht der Welt - direkt nach den USA und Russland. Die Kontrolle über den Startknopf der Atomraketen behielt jedoch Moskau.

Der neu gegründete Staat hatte kein Geld, um die Atomraketen einsatzbereit zu halten und zu warten. Unter dem Druck Russlands und des Westens gab die Ukraine ihre Atomwaffen ab. Die während des Kalten Kriegs im Westen gefürchteten interkontinentalen Raketen wie SS-18 ("Der Satan") wurden zerstört, Atombomber vom Typ Tupolew-160 zersägt oder an Russland abgegeben.

Im Gegenzug bekam die Ukraine wirtschaftliche Hilfe und Sicherheitsgarantien von vier Atommächten, darunter auch Russland. Die aktuelle ukrainische Übergangsregierung wirft Moskau deshalb vor, dieses Versprechen mit der Belagerung der Halbinsel Krim verletzt zu haben.

Militärische Übungen der ukrainischen Armee (Foto: Getty Images)
Militärische Übungen der ukrainischen ArmeeBild: AFP/Getty Images

Hoffnung auf Reservisten

Anders als russische Truppen verfügen ukrainische Einheiten über wenig Kampferfahrung, denn bisher gab es in der Ukraine keinen Krieg. Einzelne Einheiten nahmen an Friedensmissionen auf dem Balkan oder in Afrika teil. Auch gemeinsame Übungen mit der NATO hat es fast jedes Jahr gegeben. Die Ukraine nimmt auch am NATO-Programm "Partnerschaft für den Frieden" teil.

Die russischen Truppen dagegen haben bereits zwei Kriege in der abtrünnigen russischen Provinz Tschetschenien geführt und einen Krieg in der ehemaligen Sowjetrepublik Georgien. Vor diesem Hintergrund setzt die ukrainische Regierung Hoffnungen auf die Einberufung von Reservisten. Besonders geschätzt sind die Veteranen des Afghanistan-Einsatzes der Sowjetunion in den 1980er-Jahren.