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Hoffen und Bangen in der Ukraine

Kitty Logan, Kiew / ba2. Januar 2015

Für die Ukraine war 2014 mit der Maidan-Revolution, dem Konflikt im Osten und der Annexion der Krim ein schwieriges Jahr. Viel leichter wird es 2015 nicht: Die Kämpfe dauern an und die Wirtschaft steckt in der Krise.

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Auf dem Weihnachtsmarkt in Kiew
Bild: DW/K.Logan

Der Weihnachtsmarkt in Kiew liegt direkt neben der Sophienkathedrale, dem berühmten Wahrzeichen der Stadt. Eine riesige glitzernde Tanne ragt neben den goldenen Kuppeln in die Höhe. Familien, junge Paare, Rentner und einige Soldaten im Diensturlaub spazieren auf der Suche nach Festtagsstimmung zwischen den beleuchteten Ständen umher.

Es gibt junge Frauen im Weihnachtsmann-Kostüm, Fahrgeschäfte und Händler, die eine Auswahl traditioneller Speisen und heiße Getränke verkaufen - bei Temperaturen unter null eine willkommene Wärmequelle. Aber die Kälte scheint niemandem etwas auszumachen. Überall freuen sich Ukrainer darauf, das neue Jahr und wenige Tage später die Orthodoxe Weihnacht zu feiern. Die Feiertage ermöglichen zumindest kurz, sich von den Problemen des Landes abzulenken. Denn 2014 gab es wenig Grund zur Freude.

Auf dem Weihnachtsmarkt in Kiew
Der Kiewer Weihnachtsmarkt findet direkt an der Sophienkathedrale stattBild: DW/K.Logan

"Das Jahr war ein Wendepunkt, das schwierigste Jahr für das Land seit 75 Jahren, seit 1945", sagte Präsident Petro Poroschenko auf seiner Pressekonferenz zum Jahresende. "Es war ein schwieriges Jahr für alle: für die Ukraine, für Europa und für die Welt als Ganzes."

Friedensgespräche stocken

Als das turbulente Jahr 2014 begann, war die Maidan-Revolution bereits in vollem Gange. Der Sieg der Demonstranten im Februar hatte einen bitteren Beigeschmack. Viele Menschen verloren ihr Leben, und die Feiern dauerten nur kurz, denn im März folgte die rasche Annexion der Krim durch Russland.

Kurz darauf begann die langsame Übernahme von Gebieten in der Ostukraine. Eine wilde Horde Separatisten stürmte nach und nach Regierungsgebäude in den großen Städten wie Donezk und Lugansk und festigte so ihre Macht. Im Mai holte die ukrainische Regierung zum Gegenangriff aus und die Krise wurde schnell zu einem ausgewachsenen Konflikt. Kiew warf Moskau vor, die Rebellen zu unterstützen. Eine im September vereinbarte Waffenruhe konnte die Lage nur leicht beruhigen, vereinzelt gibt es weiter Kämpfe. Die Friedensgespräche stocken. Beide Seiten sind bereit, wieder in einen kompromisslosen Krieg einzusteigen. Unterdessen spitzt sich die humanitäre Lage wegen der fallenden Temperaturen weiter zu.

Die Wirtschaftskrise macht sich bemerkbar

Ilona kommt aus Mariupol, einer Stadt, die 2014 mehrfach in die Hände der Rebellen fiel und von der ukrainischen Armee zurückerobert wurde. Sie ist auf dem Weihnachtsmarkt in Kiew, um etwas Schönes für ihre Kinder zu finden. In ihrer Heimatstadt gab es zuletzt wenig Vergnügungen. Mariupol wird immer noch von den Rebellen bedroht, die an einer Frontlinie nicht weit vom Stadtzentrum kämpfen. "In unserer Stadt ist alles kompliziert und sehr gefährlich", sagt sie der DW. "Das ganze Jahr war so beängstigend. Für das neue Jahr wünsche ich mir, dass alle sich beruhigen und Frieden schließen. Ich will, dass die Leute nett zueinander sind, und am wichtigsten, dass alle ein bisschen fröhlich sind."

Auf dem Weihnachtsmarkt in Kiew
Ruslan Karawansky sammelt Spenden für die Kameraden an der FrontBild: DW/K.Logan

Ruslan Karawansky hat als Soldat für die ukrainische Regierung in der Ostukraine gekämpft. Auf dem Weihnachtsmarkt sammelt er Spenden für seine schlecht ausgerüsteten Kameraden an den Frontlinien. Er blickt mit Groll auf das zu Ende gegangene Jahr zurück. "Die Regierung hat uns vergessen, alle Bürger", sagt er. "Poroschenko hilft weder den Soldaten noch den Bedürftigen, einschließlich der Älteren. Nur die Renten werden gesenkt."

Die Ukrainer bekommen es zu spüren, dass das Land in einer Wirtschaftskrise steckt. In den frühen Morgenstunden am Montag stimmte das Parlament für ein umstrittenes Spargesetz. Den Menschen stehen also weiter schwere Zeiten bevor. Die Regierung hat auch große Probleme wegen der Energieknappheit in diesem Winter. Außerdem verlor die Währung innerhalb weniger Monate die Hälfte ihres Werts.

Die Hoffnung stirbt zuletzt

Olga aus Kiew sagt, sie sei bereits jetzt von der neuen Regierung enttäuscht. Dabei ist diese erst seit 2014 im Amt. "Ich denke, dass die jetzige Regierung unsere Erwartungen nicht erfüllen konnte und dass wir wieder zusammenkommen müssen, um eine neue zu bekommen. Ich erwarte viele Veränderungen im Jahr 2015", sagt sie. "Das ist nicht das Ende. Ja, es wird schwer werden, und jeder muss seinen Gürtel enger schnallen."

Auf dem Weihnachtsmarkt in Kiew
Olga und Elena sehen die neue Regierung kritischBild: DW/K.Logan

Olga sitzt mit ihrer Freundin Elena auf einem Schlitten, trinkt Glühwein und hört laute Weihnachtslieder. In der heiteren Atmosphäre auf dem Markt werden die beiden doch noch optimistisch mit Blick auf das neue Jahr. "Wir haben immer noch die Hoffnung, dass alles gut werden wird", sagt Elena. "Wir müssen nur daran glauben. Es ist alles reine Kopfsache. Was uns nicht umbringt, macht uns härter. Wir sollten alles mit einem Lächeln machen, positiv denken. Also wünschen wir ein frohes neues Jahr."