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Typisch deutsch - Peter Radtke, Autor und Schauspieler

30. November 2014

Nur ein paar Monate Lebenserwartung - mehr gaben die Ärzte Peter Radtke, der mit Glasknochen geboren wurde, nicht. Heute ist er 70, ein promovierter Romanist, der auf Theaterbühnen und vor Filmkameras stand. Als Mitglied des deutschen Ethikrats setzt er sich für die Rechte von Menschen mit Behinderung ein. Bei Typisch deutsch spricht er über sein kämpferisches Leben.

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Geboren wurde Peter Radtke im März 1943 in Freiburg mit einem genetischen Defekt, der so genannten Glasknochenkrankheit. Dass er als behindertes Kind nicht zum Opfer der nationalsozialistischen Rassenideologie wurde, die das Leben in wert und unwert einteilte, bezeichnete seiner Mutter später fast als ein Wunder. Als Kind erhält er Privatunterricht, später macht er eine Ausbildung zum Dolmetscher. Auf einem Abendgymnasium holt er das Abitur nach, studiert Romanistik und promoviert. Seine akademische Ausbildung hat er sich gegen manches Vorurteil erkämpft. Über eine Kontaktanzeige lernt er seine spätere Frau Getraut kennen, sie heiraten 1974 und ziehen nach München. Seit einigen Jahren gehört die chinesische Adoptivtochter Bao Lei zur Familie.

In München baut Peter Radtke das "Behindertenprogramm" der Münchner Volkshochschule auf und schreibt erste Texte fürs Theater. 1982 wird er zum Mitbegründer einer Kabarettgruppe.

Unter Regisseuren wie George Tabori und Franz Xaver Kroetz provoziert Peter Radtke in den 80er und 90er Jahren an Bühnen wie den Münchner Kammerspielen Theaterskandale. Das Publikum reagierte begeistert oder befremdet, fasziniert oder schockiert auf den körperbehinderten Schauspieler, ebenso wie die Kritik. Seine Bühnen- und Filmkarriere hat Peter Radtke heute weitgehend aufgegeben. Doch noch immer ist er viel unterwegs. Er reist zu Vorträgen und Diskussionen über sein Engagement für die Gleichberechtigung von Menschen mit Behinderung, für das er mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wurde.


Regelmäßig nimmt er in Berlin an der Sitzung des Deutschen Ethikrates teil, dem er seit 2003 angehört. Das Gremium berät und diskutiert im Auftrag von Parlament und Regierung öffentlich über kontroverse bioethische Fragen wie etwa die Präimplantationsdiagnostik. Themen, die Peter Radtke wichtig sind, weil sie sein eigenes Leben betreffen. Beweglich bleiben - im Kopf, auf Reisen - das gehört zum Credo Peter Radtkes, der sich einmal als behinderten Nichtbehinderten bezeichnet hat.