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Traumfabrik Nollywood

Mathis Winkler13. Februar 2004

Südafrika ist zwar ein Schwerpunkt der Berlinale 2004, das eigentliche Zentrum des afrikanischen Films liegt aber weiter nördlich: In Nigeria werden jedes Jahr tausende Low-Budget Filme gedreht.

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"Kingmaker" macht Kasse

Hollywood Star Charlize Theron erzählte kürzlich auf einer Pressekonferenz, dass ihr letzter Film "Monster" in gerade einmal 28 Tagen abgedreht wurde. Anerkennendes Gemurmel war die Antwort. Nigerianische Filmemacher hätten sicherlich grinsen müssen - in Nigeria sind Produktionszeiten von nur fünf Tagen durchaus üblich.

Kamera, Skript und ein bisschen Geld

"Ich habe in den letzten fünf Jahren 25 Filme gemacht", erzählte der nigerianische Regisseur und Produzent Charles Novia auf der zweitägigen Berlinale-Veranstaltung zu "Nollywood", wie die boomende Filmindustrie seines Heimatlandes in Anlehnung an Holly- und Bollywood inzwischen genannt wird.. Ausgerüstet mit einer Videokamera, einem Drehbuch und einem Etat von höchstens 5000 Euro drehen er und seine Kollegen etwa 50 Filme pro Woche.

Trotz der bescheidenen Budgets bleibt die Finanzierung der Filme doch immer ein Hauptproblem. "Manchmal verkaufen Leute ihr Auto, um einen Film zu drehen", sagt die Regisseurin Peace Fiberesima. Andere leihen sich Geld von Freunden oder Verwandten - oder wenden sich an Kollegen, die ihnen noch einen Gefallen schulden, fügt sie hinzu.

Plakat Hollywood goes Nigeria

Nollywood muss völlig ohne staatliche Finanzhilfen auskommen. Die in der Hauptstadt Lagos konzentrierte Filmindustrie bezahlt ganz im Gegenteil 3,5 Millionen Euro pro Jahr an die Regierung - um die staatliche Zensur zu finanzieren. "Ich glaube niemand aus dem Westen kann nachvollziehen, was es bedeutet eine Industrie ohne staatliche Hilfe aufzubauen", sagt Brenda Goldblatt, eine südafrikanische Dokumentarfilmerin, die kürzlich einen Film über "Nollywood" gedreht hat. "Dabei sind die Filme so bedeutend für das Leben der Menschen. Im Westen gibt es eine solche Tiefe in der Beziehung zwischen Filmen und Zuschauern gar nicht."

Boom wegen der der Kinokrise

Der Boom begann, nachdem die nigerianischen Kinos nach einer Wirtschaftskrise in den 1980er Jahren ihr Publikum verloren. Seitdem wird vor allem für die Videotheken des Landes produziert - mit riesigem Erfolg. Etwa 200.000 Nigerianer verdienen ihr Geld beim Film. Schätzungen zufolge liegt der Umsatz der Filmindustrie zwischen 95 und 680 Millionen Euro.

Hollywood als Ladenhüter

Die Filme haben mit Hollywood-Blockbustern reichlich wenig zu tun. Sie wirken eher wie die berüchtigten lateinamerikanischen Telenovela-Seifenopern. Die Zuschauer scheinen es zu mögen. Amerikanische Importe auszuleihen kostet in den Videotheken Nigerias nur die Hälfte - und sie verstauben trotzdem in den Regalen. "Die meisten Nigerianer wollen eben nicht Terminator 3 sehen, sondern einheimische Filme wie 'Real Love', 'True Love' oder 'Saving Alero'", sagt Fiberesima.

Plakat Hollywood goes Nigeria

Ganz im Gegensatz zu den indischen "Bollywood"-Filmen sind aber nicht alle "Nollywood"-Filme gleich, sagt Fiberesima. "Nollywood" definiere sich eben nicht über den Stil, sondern über den Markt. "Es ist aber auch ein kultureller Weg die Heimat zu würdigen", sagt Fiberesima. Die meisten Nigerianer könnten die meisten der Geschichten über Verbrechen. Liebe, Sex und Macht in ihrer Lebenswelt direkt wieder finden - und das können Nigerianer bei der Verwüstungstour des Terminators durch Los Angeles nicht ganz so gut.