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Traktor mit Satellitensteuerung

Dirk Kaufmann15. November 2013

Der Landmaschinenbau gehört zu den Export-Motoren der deutschen Wirtschaft und blickt zuversichtlich in die Zukunft. Jetzt steht er vor neuen Aufgaben. Die Frage lautet: Wie bekommt man neun Milliarden Menschen satt?

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Erntehilfsmaschinen sind am 11.11.2013 auf der Landtechnik-Messe Agritechnica in Hannover (Niedersachsen) zu sehen. Die Messe der Landtechnikbranche findet vom 12. bis 16. November und für die Fachbesucher am 10. und 11. November 2013 in Hannover statt. Foto: Peter Steffen/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++
Bild: picture-alliance/dpa

Der Unternehmer Franz Grimme hat aus der Nähe erlebt, wie sich die deutsche Landwirtschaft verändert hat. Er erinnert sich an "ein kleines Dorf in der Lüneburger Heide. Da gab es vor 30, 40 Jahren fünf kleine Bauernhöfe und vor jedem Hof stand eine kleine, rote Erntemaschine. Der eine Bauer bewirtschaftete zehn, der andere 15 oder 20 Hektar. Heute hat ein einziger die ganzen Flächen für sich gepachtet. Der hat eine große Maschine, die er maximal ausnutzt. Immer bis an die Grenze."

Grimmes Betrieb gibt es seit mehr als 150 Jahren. Die "Grimme Landmaschinenfabrik" entwickelte 1936 ihre erste "Kartoffelvollerntemaschine" und verkaufte davon bald 1600 Maschinen pro Jahr. Heute gehört Grimme zu den Weltmarktführern bei der Kartoffeltechnik und macht mit rund 2200 Mitarbeitern einen Jahresumsatz von 280 Millionen Euro.

Wenige große Maschinen zu produzieren und zu verkaufen statt vieler kleiner – diesen Wandel hat die Branche längst vollzogen. Heute steht sie vor neuen Herausforderungen. Ab jetzt gehe es um Effizienzsteigerung, sagt der Ingenieur Hermann Garbers. Und zwar nicht unter dem betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkt der "Kapital- und Arbeitseffizienz". Heute liege der Fokus "sehr stark auf dem Thema Ressourceneffizienz."

Essen für neun Milliarden Menschen

Garbers, er gehört zur Leitung der Claas-Gruppe, einem ostwestfälischen Landmaschinenhersteller mit mehr als drei Milliarden Euro Jahresumsatz, sieht die Herausforderung in der Endlichkeit der natürlichen Ressourcen: "Wir haben nur einen begrenzten Vorrat an Land und Wasser. Den müssen wir effizient einsetzen, um noch mehr Nahrungsmittel produzieren zu können."

Und dafür sei es höchste Zeit, meint Andreas Klauser von CNH Global. Der niederländische Land- und Baumaschinen-Konzern ist einer der ganz Großen der Branche. Die Nachfrage werde in den nächsten Jahren deutlich steigen: "Die große Herausforderung ist, die Welternährung zu sichern. 2050 wird es voraussichtlich mehr als neun Milliarden Menschen auf der Welt geben. Deren Ernährung muss man mit den bestehenden Ressourcen abdecken."

Messebesucher betrachten auf der Landtechnik-Messe Agritechnica in Hannover (die neueste Antriebstechnik der Firma Original. Foto: Peter Steffen/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++
Auf der Agritechnica 2013 in Hannover stellt die Landmaschinen-Branche ihre neuen Modelle vor.Bild: picture-alliance/dpa

Hi-Tech auf dem Acker

Effizientere Maschinen hat die Landmaschinen-Branche durchaus schon im Angebot: Traktoren, bei denen der Reifendruck automatisch gemessen und während des Einsatzes angepasst wird: Hoher Reifendruck auf der Straße, um Diesel zu sparen und niedriger Reifendruck auf dem Feld. So wird der Boden nicht mehr als nötig verdichtet. Das wiederum führt dazu, dass beim Pflügen nicht mehr so viel Energie gebraucht wird: Ein lockerer Boden lässt sich leichter umgraben.

Das Säen erledigen fortschrittliche Landwirte bereits mit Hilfe von Satelliten: Wie ein Navigationsgerät das Auto steuert ein satellitengestütztes System den Trecker übers Feld. Das senkt den CO2-Ausstoß und spart Saatgut. Bei der Ernte helfen selbststeuernde Großhäcksler. Die steuert ebenfalls ein Satellit - und zwar ressourcenschonender als ein Mensch das könnte.

Zu den aktuellen Neuentwicklungen gehört auch der "Gülle-Sensor". Der errechnet elektronisch, wie viel vom stinkenden Naturdünger wo genau ausgebracht werden muss. Das spart wiederum Treibstoff, senkt die Bodenbelastung und schont Bauern und Nachbarn – weil es weniger stinkt.

Blendende Aussichten

Der Verband des Deutschen Maschinen- und Anlagenbaus (VDMA) sieht den Landmaschinenbau mit seinem Angebot in einer "Boomphase". Auf der Branchenleitmesse Agritechnica, die noch bis zum 16. November in Hannover stattfindet, rühmte VDMA-Landtechnik-Geschäftsführer Bernd Scherer die "ausgezeichnete Stimmung" in der Branche. Für das laufende Jahr erwartet der Verband einen Umsatzrekord. Das Vorjahresergebnis werde voraussichtlich um mehr als sieben Prozent übertroffen und auf 8,2 Milliarden Euro Umsatz steigen.

Auch die Stimmung der Landwirte sei "anhaltend positiv", stellte die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) anlässlich der Messe fest. Ihr "Trendmonitor" verzeichnet den höchsten Zufriedenheitswert seit zehn Jahren. Demnach plant mehr als jeder zweite deutsche Landwirt für das nächste Jahr eine größere Investition.

Bauern in Afrika bei der Arbeit Quelle: http://www.flickr.com/photos/69594481@N06/6460097741/in/photolist-aQRFZx-9Zrji9-5Phgbs-9QVzFb-4rPkbi-7g6iPS-ejvfoo Lizens:http://creativecommons.org/licenses/by-nd/2.0/deed.de +++CC/Twin and Twin Trading Images+++ Gandali MAC group, Kululu Chapter, Mchinji Groundnut field preparation 30.7.2007 geladen am 6.6.2013
In Afrika ist Feldarbeit oft noch Handarbeit. Das ist, beonders weil immer mehr Lebensmittel gebraucht werden, nicht sehr effizient.Bild: CC/Twin and Twin Trading Images

Aber nicht für alle

Das gute Investitionsklima, das weltweite Interesse an innovativer Technik und die steigende Nachfrage nach Lebensmitteln spielen der Landmaschinenbranche in die Karten. Aber nicht allen, schränkt Andreas Klauser von CNH Global ein. Vom Trend würden hauptsächlich die "Global Player" profitieren, für die anderen sehe es nicht so gut aus.: "Kleinere Hersteller mit Schwerpunkt Südeuropa werden weiterhin Schwierigkeiten haben, weil dort nur wenig investiert wird".

Franz Grimme zieht aus den Anforderungen, die die Kunden weltweit an Landmaschinen haben, noch einen anderen Schluss. Satelliten-gestützte Feldarbeit sei zwar schön und gut, aber nicht immer und überall. Der Begeisterung fürs technisch machbare zum Trotz dürfe die Branche nicht ihre Wurzeln verleugnen: "Wir müssen wieder zu den simplen Dingen zurück. Wir können unsere Hochtechnologie nicht einfach in Pakistan einsetzen. Das klappt nicht."

Das würde auch in Afrika nicht klappen. Auf dem afrikanischen Markt, wo mit dem Bevölkerungswachstum auch der Bedarf an Lebensmitteln steigt, erwartet die Branche in den kommenden Jahren eine wachsende Nachfrage. Landmaschinen für Afrika müssen nicht nur zuverlässig sein, sondern auch einfach. Damit ein Bauer sie zur Not auch selbst reparieren kann.