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Totgesagte leben länger

Arne Lichtenberg23. Februar 2014

Whatsapp ist der Totengräber der SMS, da sind sich die Experten schon lange sicher. Jetzt hat sich Facebook Whatsapp einverleibt. Doch die Textnachricht via Handy lebt. Aber Gewinn machen die Anbieter kaum noch.

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Bild: DW/Brunsmann

Es hat am Ende kaum jemanden mehr überrascht. Schon 2012 waren täglich bereits im Schnitt 19,1 Milliarden Kurznachrichten über Messenger-Dienste wie WhatsApp verschickt worden, während die SMS nur auf rund 17,6 Milliarden pro Tag kam, meldete das britische Informa-Institut Ende April 2013.

Schnell war das Aus der SMS herbeigeredet worden, zu groß sei die Konkurrenz von WhatsApp und Co. Immerhin können die Nutzer solcher Messengerdienste unbegrenzt Textnachrichten über den Instant-Messenger schicken und kostenlos Videos oder Fotos anhängen. In Deutschland kostet dieser Service nur 0,89 Euro pro Jahr. Im Vergleich dazu kostet eine einzige SMS bei einigen Tarifen schon einige Cent pro Nachricht. Einige Anbieter bieten auch eine SMS-Flatrate an, bei der man für bis zu fünf Euro monatlich eine unbegrenzte Anzahl von Textnachrichten schreiben kann. Die SMS ist im Vergleich zu WhatsApp klar im Nachteil: zu beschränkt (nur 160 Zeichen pro Nachricht), unflexibel (keine Bilder, keine Videos) und teurer. Eine Technik schien sich überholt zu haben. Doch Totgesagte leben bekanntlich länger.

Jugendliche mit Smartphone (Foto: Henning Kaiser/dpa)
Jugendliche mit ihrem Smartphone: Aus dem Alltag nicht mehr wegzudenkenBild: picture-alliance/dpa

Zahlen verschickter SMS-Nachrichten steigen weiter

"Allein im deutschen Vodafone-Netz werden pro Monat rund 600 Millionen SMS verschickt", sagt Dirk Ellenbeck, der Pressesprecher des Bereichs Technik & Innovation bei Vodafone. "Das zeigt ja, dass SMS nach wie vor noch immer sehr intensiv genutzt werden." Die Markt­analyse 2013 im Auftrag des Verbandes der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) zeigt, dass Ende 2013 pro Tag 168,3 Millionen SMS-Nachrichten in Deutschland verschickt worden sind. Damit legte die SMS im Vergleich zu den Vorjahren sogar noch zu. 2012 waren es pro Tag erst 159,7 Millionen SMS gewesen. Im Vergleich zu 2008 und 2009 hat sich die Zahl der SMS pro Tag im Jahr 2013 sogar fast verdoppelt.

Dirk Ellenbeck verwundern die hohen SMS-Zahlen nicht. "Die SMS bleibt eine der wichtigsten Handy-Anwendungen. Viele Kunden haben noch ältere Mobiltelefone, wo Messenger-Dienste nicht möglich sind und die nutzen dann gerne nach wie vor die SMS."

SMS gebraucht für Online-Banking und Bordkarten

"Kommunikationsmuster ändern sich nicht sofort", sagt daher auch Jens Böcker, Marketingprofessor an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Auch wenn mittlerweile über 70 Prozent der Handynutzer in Deutschland ein Smartphone haben, seien die hohen SMS-Zahlen mit den gestiegenen Transaktionen zu erklären, die beispielsweise beim Online-Banking oder bei Bordkarten für den Online-Checkin für Flüge verschickt werden. "Die SMS spielt da eine wichtige Rolle, um einen höheren Sicherheitsstatus zu garantieren", sagt Böcker. Allerdings werde es hier in der nahen Zukunft andere Lösungen geben. So wird zum Beispiel der Datenaustausch per Funktechnik via Handy für das bargeldlose Bezahlen im Supermarkt getestet. "Dann wird man die SMS dafür nicht mehr brauchen." Die SMS droht von der nächsten Technologie ersetzt zu werden.

In der Chat-Applikation WhatsApp werden verschiedene Emojis zur Auswahl angezeigt (Foto DW/Per Henriksen)
WhatsApp lässt auch Bilder und Symbole zuBild: DW/P. Henriksen

Obwohl die SMS immer noch beliebt und fleißig verschickt wird: Die Telekommunikationsanbieter verdienen immer weniger Geld mit den Kurznachrichten. Der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (BITKOM) hat für 2013 zum ersten Mal einen Umsatzrückgang bei den Kurznachrichten vorausgesagt. Danach soll der Markt für SMS und MMS in Deutschland 2013 voraussichtlich um 13 Prozent auf 2,8 Milliarden Euro schrumpfen. Ein Grund sei die Konkurrenz durch Anbieter wie WhatsApp, aber auch die Zunahme der SMS-Flatrates, die die Telekommunikationsunternehmen anbieten.

Umsätze sinken

Dirk Ellenbeck von Vodafone erklärt die hohe Zahl der verschickten SMS im Netz seines Unternehmens auch ganz klar mit den vielen Smartphone-Tarifen, in denen SMS-Flatrates inbegriffen sind. "Die SMS ist ein zusätzlicher Dienst. Es macht für uns keinen Unterschied, ob ein Kunde zehn oder 100 SMS pro Tag verschickt, weil es in seinem Tarif schon mitenthalten ist." Das Geld, das die Unternehmen pro verschickter SMS verdient haben, sinkt daher. "Der Einbruch im SMS-Geschäft trifft die Telekommunikationsunternehmen stark", sagt deshalb auch Jens Böcker von der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Das neue Geschäftsmodell der Branche sei daher der Verkauf von unterschiedlichen Datentarifen zu unterschiedlichen Preisen. "Die SMS hat für die Anbieter keine Relevanz mehr."

Jens Böcker Marketingprofessor an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg (Foto: privat)
Jens Böcker: "Die SMS hat für die Anbieter keine Relevanz mehr"Bild: privat