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Merci - Udo Jürgens

Jan Bruck21. Dezember 2014

Er war der große Schlager-Virtuose am Klavier: Hits wie "Aber bitte mit Sahne", "Griechischer Wein" und "Merci Chérie" sind Klassiker. Jetzt ist der Sänger und Komponist Udo Jürgens überraschend gestorben.

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Udo Jürgens
Bild: picture-alliance/dpa/Franke

Sein letztes Album hieß "Mitten Im Leben": Natürlich - was auch sonst. Udo Jürgens, der sympathischste Berufsjugendliche auf deutschen Bühnen. Immer voller Esprit, immer voll da, aus ganzem Herzen Entertainer. Und das auch noch mit 80 Jahren. Wenn er auf etwas aufmerksam machen wollte, ihm etwas nicht passte, dann machte er das auch mit einem Song. "Griechischer Wein" von 1975 ist so ein Lied: Was für viele nur ein weinseliger Gassenhauer ist - für Jürgens war es Gesellschaftskritik. Er kommentierte damit das beschwerliche Leben griechischer Gastarbeiter im Deutschland der 1970er Jahre.

Udo Jürgens hat in seiner mehr als sechs Jahrzehnte währenden Karriere über 1000 Songs komponiert, etliche davon wurden zu großen Hits, die auch jetzt noch bei jeder respektablen Schlager-Party aufgelegt werden. Der Entertainer verkaufte weltweit mehr als 100 Millionen Platten.

Er gehörte damit zu den erfolgreichsten Solokünstlern der Welt, war gefeierter Unterhalter und kritischer Liedermacher: Jetzt ist Udo Jürgens im Alter von 80 Jahren unerwartet gestorben. Er sei bei einem Spaziergang in der Schweiz bewusstlos zusammengebrochen, teilte sein Management am Sonntag (21.12.2014) mit. Wiederbelebungsmaßnahmen hätten ihm nicht mehr helfen können.

Als einer der ersten deutschen Prominenten äußerte sich Udo Lindenberg zum Tod von Udo Jürgens. Er sei zutiefst geschockt, teilte der Weggefährte mit. "Es ist, als wäre ein Familienmitglied von uns gegangen."

Bildergalerie 80 Jahre Udo Jürgens
Bis zuletzt Entertainer: Udo JürgensBild: picture-alliance/dpa

Privatkonzerte im elterlichen Schloss

Geboren wurde Udo Jürgens als Udo Jürgen Bockelmann im österreichischen Klagenfurt. Mit fünf Jahren bekam er seine erste Mundharmonika geschenkt, mit 15 Jahren schrieb er bereits seine ersten eigenen Lieder. Auf dem elterlichen Schloss Ottmanach gab er als Teenager Privatkonzerte für Nachbarn und Freunde der Familie – den Entertainer mimte er schon früh. Dann studierte er Klavier, Gesang und Kompositionslehre am strengen Kärntner Konservatorium in Klagenfurt.

Einmal wäre es beinahe vorbei gewesen mit der großen Musikkarriere: In der von ihm verhassten Hitlerjugend bekam der junge Udo Jürgens eine so brutale Ohrfeige, dass sein Hörvermögen dadurch dauerhaft beeinträchtigt blieb.

Grand Prix als Durchbruch

Flash-Galerie Eurovision Song Contest Gewinner
Udo Jürgens erreicht beim Grand Prix Eurovision 1966 den ersten PlatzBild: picture-alliance/dpa

1950 schließlich macht der junge Komponist mit dem Lied "Je t'aime" bei einem Komponisten-Wettbewerb in Österreich zum ersten Mal auf sich aufmerksam. Er nimmt in dieser Zeit an zahlreichen solcher Wettbewerbe in ganz Europa teil. Seinen ersten Nummer-Eins-Hit landet er mit dem Song "Jenny" in der belgischen Hitparade.

Zum Star – und zum Frauenschwarm – wird Udo Jürgens erst durch den Grand Prix, den heutigen "Eurovision Song Contest". Der Wettbewerb ist damals noch kein Spitzentreffen von Europas schrägsten Trash-Acts, sondern ein Wettstreit, bei dem es um die Komponistenehre und den ganz großen Durchbruch geht. Nach mehreren Anläufen gewinnt Udo Jürgens den Wettbewerb 1966 mit "Merci Chérie" - der Song zählt noch heute zu seinen größten Hits. Schon da wird sein unverwechselbarer Stil deutlich: Melodien mit absolutem Ohrwurm-Potenzial, gepaart mit schlauen und gewitzten Texten.

Ab dem Gewinn des Grand Prix gibt es für Udo Jürgens nur noch eine Richtung: steil bergauf. Er geht auf zahlreiche Tourneen, die ihn bis nach Japan führen, ist Dauergast in den Fernseh-Hitparaden der 70er und kann sich vor weiblichen Groupies kaum retten - nach Konzerten und an Hotel-Bars lauern sie ihm auf. "Treue ist keine Frage des Charakters, sondern der Gelegenheiten", sagte er einmal. Und schreibt dann den Hit "Siebzehn Jahr, blondes Haar" – Inspiration für das Lied ist, so erzählt er es später selbst, die flüchtige Begegnung mit einer wunderschönen jungen Frau in München. Udo Jürgens heiratet zweimal und hat vier Kinder von drei verschiedenen Frauen. In der Öffentlichkeit zeigt er sich überwiegend mit Tochter Jenny und Sohn Johnny.

Gläserner Flügel, weißer Bademantel: Jürgens war Kult

Europäische Rekorde bricht die Tournee "Udo 70" durch die Bundesrepublik, Österreich, die Schweiz und den ehemaligen Ostblock. Zwischen 1969 und 1970 gibt Udo Jürgens 222 Konzerte vor einer halben Million Menschen. Auch in den Folgejahren tourt er unermüdlich: Er sieht sich als Live-Künstler und liebt den Kontakt zu seinen Fans. "Ich kann ohne Applaus leben, aber nicht, wenn ich auf der Bühne stehe", sagte er. Und sein Publikum erwidert diese Liebe - so beliebt wie Udo Jürgens ist in den ganzen Jahrzehnten in Deutschland, Österreich und der Schweiz kaum ein anderer Sänger. Der gläserne Flügel und der weiße Bademantel, mit dem er stets bei Konzertende auf die Bühne kommt, werden zu Insignien des Udo-Jürgens-Kult.

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Der weiße Bademantel wird zu seinem MarkenzeichenBild: picture-alliance/dpa

Zu seinem 66. Geburtstag singt er genussvoll seinen Rentner-Hit "Mit 66 Jahren" - und der geht so: "Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an. Mit 66 Jahren, da hat man Spaß daran." Für Udo Jürgens nicht nur ein leeres Motto: Anfang 2006 startet er seine 20. Deutschland-Tournee mit dem Titel "Jetzt oder nie". Die Zahl der Menschen, die ihn live bei einem Konzert gesehen haben, steigt damit auf fünf Millionen.

"Mitten im Leben" eben - und genau so lautete der Titel seines neuesten Albums mit dem Udo Jürgens 2014 sogar noch auf Tournee ging. "Dass ich dieses Album schreiben konnte, in diesem Alter, das erfüllt mich mit einer unheimlichen Hoffnung", sagte Jürgens mit fast 80 zur Veröffentlichung von "Mitten im Leben".

Unheimliche Hoffnung, die hat Udo Jürgens auch seinen Fans gegeben: Wie sehr sie ihn liebten, das zeigt am besten ein Moment aus diesem Frühjahr. Bei einem Ball in der Dresdner Semper-Oper überraschten 13.000 Zuschauer den Sänger und Komponisten und sangen "Merci Udo". Und so werden es jetzt Millionen empfinden: Danke Udo, Merci Cheri - und: Thank you for the music.