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Teff - Äthiopiens Zwerghirse

James Jeffrey/ ac6. März 2015

Die Nachfrage nach dem typischen Getreide aus Äthiopien steigt in aller Welt. Die Preise im Land schnellen in die Höhe. Die Regierung will nun sicherstellen, dass Teff auch für Äthiopier erschwinglich bleibt.

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Teff: Das kleine Korn ost auch bekannt als Zwerghirse Foto: James Jeffrey / DW
Bild: DW/J. Jeffrey

Sechs Tage die Woche fliegt die äthiopische Fluggesellschaft Ethiopian Airlines von Addis Abeba nach Washington und hat dabei jeweils 3.000 Stück Injera an Bord: weiches, gesäuertes Fladenbrot aus Teff. Das kleine Korn, auch bekannt als Zwerghirse, wird in Äthiopien schon seit Jahrhunderten angebaut. Nun hat es den Sprung auf den Weltmarkt geschafft, und wird als gesundes Getreide vermarktet. "Wir planen, traditionelles äthiopisches Essen auf der ganzen Welt anzubieten", sagt Hailu Tessema. Er hat "Mama Fresh" gegründet, Äthiopiens erste Firma, die Backwaren aus Teff herstellt.

In der Fabrik stehen hohe blaue Fässer gefüllt mit einem Gemisch aus Teff-Mehl und Wasser, die dort für vier Tage gären. Nebenan wird das Gemisch anschließend von Frauen in kleinen Portionen auf eine heiße Tonplatte gegossen – der brutzelnde Teig wird dann zu Injera, dem typischen äthiopischen Fladenbrot.

Kalzium, Eisen, Proteine, Aminosäuren

Die kleinen, glutenfreien Teff-Körner sind reich an Kalzium, Eisen, Proteinen und Aminosäuren. Äthiopier haben Teff schon gemahlen, bevor der Nationalstaat in seiner jetzigen Form bestand. Jahrhundertelang hielt sich die Traditon in der Region. Jetzt wird Teff zum global nachgefragten Produkt: Ein Erfolg, der auch durch die große äthiopische Diaspora, zum Beispiel in Washington, befeuert wird. Teffmehl bahnt sich seinen Weg: Inzwischen gibt es Brot, Pasta, Tortillas und Kekse auf Teffbasis.

Mitarbeiterin von Fresh Mama bereitet Teig zu Foto: James Jeffrey / DW
Injerafladen werden aus Teffmehl und Wasser hergestelltBild: DW/J. Jeffrey

Teffprodukte von "Mama Fresh" erfreuen sich auch in Europa großer Beliebtheit: Dreimal die Woche lässt das Unternehmen Injera per Flugzeug nach Schweden transportieren. Und zweimal die Woche geht's nach Norwegen. Und auch in Deutschland, das bislang dreimal im Monat beliefert wird, registriert man ein wachsendes Interesse am Teffbrot: Die Nachfrage steige dort monatlich um etwa 10 Prozent, berichtet Hailu Tessema im Gespräch mit der DW.

Sophie Kebede, die von Großbritannien aus den Teff-Vertrieb "Tobia Teff" betreibt, erzählt: "Bei unseren Kunden handelt es sich vor allem um Europäer, die besonders ernährungsbewusst sind oder aus gesundheitliche Gründen herkömmliches Mehl meiden müssen." Sophie Kebede ist begeistert über das wachsende Interesse an Teff in Europa. Sie hatte damit zunächst nicht gerechnet: "Als wir 2007 unseren Laden eröffneten, konnte kaum ein Kunde etwas mit dem Begriff Teff anfangen. Keiner wusste, ob es sich um einen Weihnachtspudding oder vielleicht um einen Bananensplit handelte. Das ist jetzt ganz anders und ich bin sehr froh über diesen Fortschritt."

Teff soll der Bevölkerung Äthipiens erhalten bleiben

Sophie Kebede bezieht ihr Teff nicht aus Äthiopien sondern vor allem von Bauern aus dem südlichen Mittelmeerraum. Das liegt daran, dass das äthiopische Wirtschaftsministerium den Export von Teff beschränkt. Damit soll die Lebensmittelsicherheit Äthiopiens gestärkt werden.

Mitarbeiter von Mama Fresh zeigen Behälter mit Teffmehl Foto: James Jeffrey / DW
Teffmehl kann auch bei der Herstellung von Brot, Nudeln, Tortillas und Keksen verwendet werdenBild: DW/J. Jeffrey

Dass die Sorge der äthiopischen Regierung nicht ganz unbegründet ist, zeigt die Erfahrung mit Quinoa. Als das "Supergetreide" aus der Andenregion weltweit in Mode kam, führte das unter anderem dazu, dass der Preis in den Anbauländern anstieg und das Produkt für viele Einheimische zu teuer wurde. "Die Regierung Äthiopiens tut gut daran, die Versorgung der eigenen Bevölkerung mit Teff sicherzustellen. Die eigene Bevölkerung sollte Priorität haben. Erst dann sollte man an Export denken", meint die Unternehmerin Sophie Kebed und fügt hinzu: "Gleichzeitig wäre es für uns von großem Vorteil, wenn wir Teff von äthiopischen Bauern importieren könnten. Denn es gibt nirgends bessere Teffbauern, als in Äthiopien!"

Bei den Wirtschaftsexperten in Äthiopien herrscht Einigkeit darüber, dass früher oder später die Exportbeschränkungen für Teff aus Äthiopien gelockert werden. Es wird allerdings einige Zeit und vor allem Koordination zwischen Bauern, Exporteuren und Regierung erfordern. Matthew Davis, Chef einer amerikanischen Investmentgesellschaft in Addis Abeba, die an "Mama Fresh" beteiligt ist, räumt ein, dass das Risiko eines Anstiegs des Teffpreises auf dem äthiopischen Markt groß ist: "In Äthiopien wollen das alle vermeiden. Eine Möglichkeit wäre, einzelnen Farmen eine bestimmte Anzahl an Lizenzen zum Export zu vergeben. "

Metthew Davis merkt an, dass bereits jetzt eine grosse Menge Teff illegal aus Äthiopien ausgeführt wird, vor allem über die Grenzen von Djibuti oder Somalia Richtung Europa und USA. "Eine vorsichtige Lockerung des Exports könnte helfen, den illegalen Export einzuschränken. Der Staat könnte auch mitverdienen. Alle wären glücklich“, fasst Davis zusammen.

Die Anbaumethoden sind verbesserungswürdig

Die Vorteile von Teff in Punkto Nährwerte und Inhaltsstoffe liegen auf der Hand. Ausbaufähig sind allerdings die Anbautechniken und Ernteergebnisse. Die internationale Forschung hat sich in der Vergangenheit nur selten mit Teff befaßt, auch weil Äthiopiens Regierung selbst lange Zeit kein großes Interesse an dem Getreide zeigte. Äthiopische Teff-Bauern erhielten somit keinen Zugang zu moderneren Anbaumethoden, die anderen Getreidebauern zur Verfügung standen.

Die drei Gründer von Mama Fresh, Unternehmen, dass Lebensmittel auf Teffbasis herstellt Foto: James Jeffrey / DW
Hailu Tessema (rechts), Gründer von Mama Fresh, Äthiopiens erstes Unternehmen, das Lebensmittel auf Teffbasis herstellt und exportiertBild: DW/J. Jeffrey

Das hat dazu geführt, dass die Teffernten in Äthiopien über Jahre hinweg sehr gering ausfielen. Das Angebot konnte immer weniger mit der Nachfrage der waschsenden Bevölkerung Schritt halten. Die Preise zogen entsprechend an. Plötzlich konnten sich viele äthiopische Familien kein Teff mehr leisten.

Das könnte sich bald ändern, denn auch die Landwirtschafts-Behörden des Landes wollen den Anbau jetzt fördern. Das Ziel es, schrittweise die Produktion zu steigern, sodass die Nachfrage im eigenen Land gesättigt werden kann. Mögliche Überschüsse sollen dann exportiert werden. Matthew Davis ist zuversichtlich: "Die Exportbeschränkungen könnten bald Schritt für Schritt aufgehoben werden. Die Vorteile eines solchen Schritts würden die möglichen Risiken aufwiegen. " Das Ziel sei es, den Export möglichst ohne negative Folgen für die lokalen Märkte zu steigern.

Teff ist ein altes äthiopisches Produkt: Für viele Äthiopier ein Sinnbild von Rückständigkeit. Es wird noch vielfach mit Hilfe von Ochsen geerntet. Seit Teff auf dem Speiseplan vieler junger, moderner Leute in New York oder Amsterdam ist, hat sich das Image der äthiopischen Zwerghirse verändert. Plötzlich gilt Teff auch in Äthiopien als gesund und modern. Und das freut nicht nur die circa 6,3 Millionen Teffbauern in Äthiopien.

Hailu Tessema von "Mama Fresh" sagt nicht ohne Stolz. "Ich bin froh, dass Äthiopien das Mutterland des Teffs ist. Zu äthiopischem Kaffe ist jetzt ein neues äthiopisches Produkt dazu gekommen, dass global bekannt ist."