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Tausche Windenergie gegen Wasserkraft

Jennifer Fraczek23. Februar 2013

Wer auf die Kraft von Wind und Sonne setzt, ist vom Wetter abhängig. Eine Vernetzung mit Wasserkraftwerken, die Stromschwankungen ausgleichen können, scheint daher sinnvoll. Umweltschützer haben Bedenken.

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Offshore-Windpark bei Borkum Foto: David Hecker
Bild: dapd

Die Natur richtet sich nicht nach dem Strombedarf der Menschen. Sonne und Wind produzieren über Solaranlagen und Windräder manchmal zu viel, manchmal zu wenig Strom. Wasserkraft kann diese Schwankungen ausgleichen. Einerseits kann man an Stauseen die Menge des Wassers, das durch die Turbinen strömt, entsprechend der Stromnachfrage dosieren. Andererseits können die Anlagen auch als Pumpspeicherkraftwerke genutzt werden. Dann wird der Stausee sogar zum Stromspeicher, der überschüssige Wind- und Sonnenenergie aufnimmt und zu Spitzenverbrauchszeiten wieder abgibt.

Das wasserreiche Norwegen könnte daher die Batterie der Bundesrepublik werden. Denn Deutschland setzt im Zusammenhang mit seiner Energiewende zunehmend auf erneuerbare Energie. Immer mehr Windparks entstehen und viele Bürger montieren Solaranlagen auf ihren Dächern. Bei viel Sonnenschein oder steifer Brise flutet der dort produzierte Strom die Netze. Bei einer Flaute und trüben Wetter können sogar Blackouts drohen.

Mit einem Austauschprogramm wollen Deutschland und Norwegen diese Schwankungen ausgleichen. Ein Unterseekabel soll den Strom zwischen den Ländern hin- und herleiten. Das zumindest haben der norwegische Netzbetreiber Statnett, die deutsche Förderbank KfW und der Netzbetreiber "Tennet Tso" vor.

Ein solches Kabel gibt es bereits zwischen Norwegen und den Niederlanden, in Planung beziehungsweise im Bau sind ebenfalls Verbindungen zwischen Norwegen und Großbritannien. 2018 soll der Strom auch durch das norwegisch-deutsche Kabel fließen. Kosten: 1,4 Milliarden Euro, so die Schätzung von Christian Hey. Er ist Mitglied im Sachverständigenrat für Umweltfragen, einem Expertengremium, das die Bundesregierung berät. "Das klingt viel. Aber diese 1,4 Milliarden Euro sind eine Investition für Jahrzehnte", so Hey im DW-Gespräch. Hinzu kämen unter anderem die Kosten für die Verlegung des Kabels an Land und weitere Pumpspeicherkraftwerke in Norwegen.

Querschnitt eines Seekabels Foto: Ingo Wagner (dpa)
Lange Leitung: Querschnitt durch ein SeekabelBild: picture-alliance/dpa

"Bitte kein Kabel durch Naturschutzgebiete"

Neue Pumpspeicherwerke, Kabel durch die Nordsee - in den Ohren von Naturschützern klingt das nicht besonders umweltfreundlich. Dabei findet Hans-Ulrich Rösner vom World Wide Fund For Nature (WWF) die Idee, Energie untereinander auszutauschen, grundsätzlich ebenfalls gut.

Rösner ist jedoch der Ansicht, dass der Bau eines solchen Kabels einen zu großen Eingriff in die Natur darstellt - in diesem Fall möglicherweise auch in den geschützten Nationalpark Wattenmeer an der deutschen Nordseeküste. "Aus unserer Sicht muss erst einmal geprüft werden, ob dieses Kabel nicht vielleicht an das Netz zwischen den Offshore-Windparks angeschlossen werden kann. Dann muss es gar nicht erst durch den Nationalpark an Land geführt werden", so Rösner im DW-Interview.

Energiewende nicht zum Nulltarif

Auch in Norwegen müsse man sich weitere Eingriffe in die Natur gut überlegen. "Teile der norwegischen Berglandschaft sind heute schon durch Wasserkraftwerke beeinträchtigt. Viele Flüsse in Skandinavien fließen nicht mehr natürlich, weil sie hinter Staudämmen liegen", sagt Rösner. Das habe auch Auswirkungen auf die Tierwelt. Beispielsweise würden so auch Wanderungen von Fischen unterbrochen.

Christian Hey vom Umweltrat hält die Einwände von Naturschützern durchaus für nachvollziehbar. Er macht aber deutlich: "Es wird keine Energiewende geben ohne einen Eingriff in den Naturhaushalt."

Hans-Ulrich Rösner Foto: Sina Clorius (DW-Archiv)
Hans-Ulrich Rösner: Energieaustausch grundsätzlich eine gute IdeeBild: Sina Clorius

Doch noch ist nicht klar, ob die Leitung wie geplant verlegt werden kann. "Wenn man solche Eingriffe in Schutzgebiete plant, braucht man eine Genehmigung", sagt Rösner. Die Betreiber müssen dann ihr Vorhaben und Vorgehen begründen - in der Debatte mit Naturschützern und all jenen, die von der Nordsee leben, unter anderem mit der Schifffahrt und den Fischern.

Nur ein Mosaikstein

Für die Energiewende ist das lange Kabel zwischen Deutschland und Norwegen ohnehin nur ein Mosaikstein. "Diese einzelne Leitung hat eine Kapazität von 1400 Megawatt. Das ist in etwa das, was heutzutage ein einziges Atomkraftwerk erzeugt", sagt Christian Hey vom Umweltrat.

Der Anteil dieses Projekts an der Energiewende sei sehr gering und es müsse "noch sehr viel mehr geschehen, damit Norwegen einen wichtigen Bestandteil unserer Versorgungssicherheit bilden kann". Über allem stehe ja das Ziel, sagt Hey, dass der Neubau zum Beispiel von klimaschädlichen Kohlekraftwerken überflüssig werde.