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Südostasien stärkt Rüstungsindustrie

Shamil Shams/al22. August 2014

Angesichts der Spannungen mit China im Südchinesischen Meer investieren einige Staaten Südostasiens verstärkt in ihre Verteidigungsindustrien. Sie setzen vor allem auf eine Modernisierung der militärischen Ausrüstung.

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Ein vietnamesischer Soldat mit Gewehr auf der vor den umstrittenen Spratly-Inseln gelgenen Insel Thuyen Chai (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

China, das neunzig Prozent des Südchinesischen Meeres für sich beansprucht, hat seine Präsenz in den umstrittenen Gewässern erhöht. Einige südostasiatische Staaten erheben, ebenso wie Peking, Anspruch auf Inseln und Territorien in der fisch- und ressourcenreichen Region. Die Spannungen haben dazu geführt, dass nun einige südostasiatische Staaten ihre eigene Rüstungsindustrie angekurbelt haben.

Einer Studie des internationalenFriedensforschungsinstituts SIPRI in Stockholm zufolge sind die Verteidigungsausgaben in Südostasien 2013 um fünf Prozent auf 35,9 Milliarden US-Dollar gestiegen. Bis 2016 erwarten die Experten einen weiteren Anstieg auf 40 Milliarden Dollar. Zum Vergleich: China soll im vergangenen Jahr allein für Militärausgaben mehr als 145 Milliarden US-Dollar investiert haben, schätzen US-Experten.

Wirtschaft und Sicherheit

Eine starke Verteidigungsindustrie diene der Wirtschaftsentwicklung und den Sicherheitsinteressen der zehn Mitglieder im Südostasiatischen Staatenbund ASEAN, so die SIPRI-Studie. Sie setzen vor allem auf eine Modernisierung ihrer militärischen Ausrüstung, um die militärische Balance in der Region zu halten.

Doch nicht alle ASEAN-Staaten haben ihre Verteidigungsausgaben im gleichen Maß erhöht, schränkt Sam Perlo-Freeman, Leiter der Abteilung Militärausgaben bei SIPRI, gegenüber der Deutschen Welle ein: "Wir sehen beträchtliche Unterschiede in Südostasien." So hätten zum Beispiel Kambodscha und Thailand, die nicht in den Territorialkonflikt um das Südchinesische Meer verwickelt sind, und auch Malaysia, Singapur und Taiwan, ihre Militärausgaben in den vergangenen Jahren nur wenig erhöht.

Auch wenn der Territorialkonflikt im Südchinesischen Meer zu Spannungen in der Region führt, gebe es kaum Anhaltspunkte dafür, dass China an einem bewaffneten Konflikt interessiert sei, so der SIPRI-Experte. "Ein bewaffneter Konflikt könnte katastrophale wirtschaftliche Folgen haben. Es ist eher wahrscheinlich, dass China seine überwältigende militärische Übermacht dazu nutzen wird, um 'Fakten auf dem Wasser' zu schaffen und eine effektive Kontrolle über mehr der umstrittenen Bereiche zu gewinnen."

US-amerikanische Amphibienfahrzeuge am Ufer des Südchinesischen Meeres bei einer gemeinsamen Militärübung mit den Philippinen Ende Juni 2014 (Foto: Reuters)
Experten sind sich einig: Die USA werden auch künftig in der Region militärisch präsent bleibenBild: Reuters

"Chinas Nachbarn erkennen den Aufstieg Chinas und dessen natürlichen Platz in diesem Teil der Welt an", sagt William Choong, Experte für Sicherheit in der Asien-Pazifik-Region beim Internationalen Institut für Strategische Studien (IISS) in Singapur. "Was sie aber nicht akzeptieren, ist, dass sich Peking nicht an die allgemein akzeptieren Verhaltensregeln hält."

Vertrauen auf die USA

Die Tatsache, dass der Fokus der südostasiatischen Staaten nunmehr auf Stärkung und Ausbau lokaler Rüstungsindustrien liegt, bedeutet aber nicht, dass diese Länder sich künftig nicht mehr auf die Vereinigten Staaten und andere westliche Zulieferer verlassen würden. Im Gegenteil: Die steigenden militärischen Bedürfnisse machen die Region umso attraktiver für europäische und nordamerikanische Waffenhersteller.

Nach Ansicht von Aude Fleurant, Leiterin des Programms für Militärausgaben, Waffenproduktion und -lieferungen bei SIPRI, vertrauen viele Länder Südostasiens aus einer ganzen Reihe von Gründen auf die USA. "International betrachtet ist sowohl die Stabilität der Region als auch die störungsfreie Nutzung der entscheidenden Handelsrouten von den Sicherheitsgarantien und der militärischen Präsenz der USA abhängig. Allerdings verstärken die langjährigen Territorial-Streitigkeiten und Rivalitäten wie beispielsweise im Südchinesischen Meer die Spannungen in der Region und feuern in den Ländern einen Prozess der Waffenbeschaffung an", so Fleurant gegenüber der Deutschen Welle.

Nur auf die USA als alleinigen Sicherheitsgarant zu setzen, wäre nach Einschätzung von Fleurant ein Fehler. Aber auf die USA als Partner zu verzichten, wäre vor dem Hintergrund des immer mächtiger werdenden China ebenfalls riskant. "Die USA werden in der Region auf absehbare Zeit eine zentrale Rolle spielen", meint Fleurant.

Rüstungswettlauf?

Experten sind sich einig, dass die südostasiatischen Länder ein Gleichgewicht brauchen: Um die regionalen Kräfteverhältnisse auszubalancieren, müssen sie ihre eigene Verteidigung antreiben und gleichzeitig Gebrauch von der militärischen Unterstützung der Amerikaner machen. Auf diese Weise könnten sie China auf Distanz halten.

Ein chinesisches Schiff schießt mit Wasserwerfern auf ein vietnamesisches (Foto: picture alliance / AP Photo)
Immer wieder demonstriert China bei Territorialstreitigkeiten in asiatischen Gewässern Stärke - wie hier im Mai 2014 gegenüber Vietnam im Streit um eine ÖlplattformBild: picture alliance/AP Photo

Verteidigungsexperten weisen darauf hin, dass die Ausdehnung des Verteidigungssektors grundsätzlich eine normale Entwicklung sei. Aber in einer Region, in der Konflikte in der Vergangenheit kaum auf Verhandlungsbasis gelöst wurden, könnte die Situation außer Kontrolle geraten. Die Gefahr eines Krieges in Südostasien sei zwar gering, aber ungeplante Ereignisse und Streitigkeiten könnten größer und dadurch unkontrollierbar werden.