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Südafrikas berühmteste Fotoschule

Ulrike Sommer27. April 2014

Seit 25 Jahren bildet der Market Photo Workshop Fotografen aus. Unter den Absolventen sind preisgekrönte Bildjournalisten und international gefrage Künstler. Viele hätten ohne die Institution nie eine Chance bekommen.

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Zanele Muholi bei einem Foto-Shooting (Foto: DW/U. Sommer)
Bild: DW/U.Sommer

Als der berühmte Fotograf David Goldblatt Ende der 80er Jahre Freunde und Kollegen bat, ihn bei der Gründung einer Fotoschule zu unterstützen, herrschte in Südafrika ein rassistisches Regime. Während der Apartheid waren Schwarze ausgeschlossen von institutionellen Ausbildungsmöglichkeiten wie sie der weißen Bevölkerung zur Verfügung standen. "In den Townships rund um Johannesburg gab es keine Elektrizität, kein fließendes Wasser, kein Geld. Die einfachsten Voraussetzungen, Fotografie zu erlernen, fehlten", sagt Goldblatt. "Gleichzeitig waren gerade junge Leute unglaublich am Medium Fotografie interessiert." Sie wollten ihren eigenen Blick auf ihre Lebenswirklichkeit zeigen. Und sie erkannten die Macht der Bilder, sahen die Kamera als Waffe, im Kampf gegen das Apartheidregime.

Mehr Demokratie durch Fotografie

David Goldblatt hat sich nie aktiv an diesem Kampf beteiligt. Zu fremd war ihm, dem subtilen Analytiker, jede Form von Ideologie. Aber mit der Gründung des Market Photo Workshops leistete er seinen Beitrag zur demokratischen Entwicklung Südafrikas. 25 Jahre später hat sich der Market Photo Workshop zu einer der wichtigsten Fotoschulen in Afrika entwickelt. Längst bewerben sich junge Fotografen aus Simbabwe, Nigeria oder Kenia.

Der Market Foto-Workshop von außen (Foto: DW/U. Sommer)
Der Market Photo Workshop in Newtown im Herzen von JohannesburgBild: DW/U.Sommer

90 Prozent der Studenten sind schwarz. Viele kommen vom Land und können ein Universitätsstudium nicht finanzieren. Die Apartheid mag Vergangenheit sein, "aber die Folgen sind spürbar, bis heute", erklärt John Fleetwood, der Direktor des Market Photo Workshops. "Besonders, was die mangelnde Ausbildung in ländlichen Regionen anbelangt. Unsere Aufgabe ist es, da einzuspringen." 4000 Rand, etwa 280 Euro, kostet ein achtwöchiger Einsteigerkurs. Außerdem gibt es Stipendien.

David Goldblatt: Mentor der südafrikanischen Fotografie

Unterstützt werden die Studenten von renommierten Fotografen als Mentoren. Der Market Photo Workshop kann das Sprungbrett für eine internationale Karriere sein – wie für die World Press Photo Award Gewinnerin Jodi Bieber, die dort ihre Ausbildung machte. Heute zählt sie zu den bekanntesten Fotojournalistinnen weltweit.

Bilder erzählen von Gewalt

Tila Nomvula Mathizerd steht erst am Anfang. Sie ist eine der Absolventinnen von 2013 und hat für ihre Abschlussarbeit eine drogenabhängige Freundin mit der Kamera begleitet. "Ich möchte mit meiner Arbeit Emotionen wecken. Fragen stellen. Und Lösungen anbieten. Sobald ich meine eigene Kamera habe, leg ich damit los", verspricht die 23-Jährige aus Soweto.

Eine Abvolventin des Workshops in der Galerie vor ihren Fotos (Foto: DW/U. Sommer)
Junges Talent: Tila Nomvula Mathizerd vor ihrer sensiblen FotoreportageBild: DW/U.Sommer

Ihre Arbeit ist Teil einer kleinen Ausstellung mit Aufnahmen der Abschlussklasse des letzten Jahres in der Galerie des Market Photo Workshops. Die Aufnahmen zeigen brennende Autos und wütende Townshipbewohner, die gegen korrupte Politiker auf die Barrikaden gehen. 20 Jahre nach den ersten freien Wahlen beschäftigt sich die neue Generation von Fotografen immer noch intensiv mit gesellschaftlichen und politischen Themen. Gewalt gehört zum Alltag im neuen Südafrika. Sie richtet sich gegen Arme, Migranten, Frauen, Minderheiten. "Südafrika ist in vielerlei Hinsicht ein Brennpunkt", sagt John Fleetwood. "Das Land steht wirtschaftlich unter Druck. Und das Schlimmste ist, dass die Demokratie keine ökonomische Freiheit gebracht hat. Die Reichen sind reicher geworden - sie sind nur nicht mehr automatisch weiß."

Steile Karriere: Vom Market Photo Workshop zur Documenta

Eine der bekanntesten Absolventinnen des Market Photo Workshops ist Zanele Muholi (Artikelbild), eine weltweit vernetzte Künstlerin, die sich in erster Linie als visuelle Aktivistin versteht. Zanele Muholi dokumentiert Queer Culture in Südafrika. Sie fotografiert lesbische Frauen und Transgender, die immer wieder Opfer von sogenannten "Hate Crimes" werden - und das, obwohl Südafrika eine der fortschrittlichsten Verfassungen in Sachen Homosexualität hat. Mit ihren Arbeiten reist Muholi um die Welt. Sie war auf der letzten Documenta und auf der Biennale in Venedig vertreten, ihre Bilder werden in Berlin, Paris und New York ausgestellt.

Zanele Muholi fotografiert eine junge Frau in ihrem Garten (Foto: DW/U. Sommer)
Zanele Muholi beim Fotoshooting am East Rand von JohannesburgBild: DW/U.Sommer

Wenn man sie nach Vorbildern fragt, zögert sie keine Sekunde: David Goldblatt - der Gründer des Market Photo Workshops. Der 83-Jährige verfolgt die Entwicklung des Market Photo Workshops mit großem Interesse, ohne sich in die Lehre oder die Organisation einzumischen. Er ist auch ein bisschen stolz. Denn der Market Photo Workshop ist 25 Jahre nach seiner Gründung nicht mehr nur eine Schule, sondern längst ein kreatives und produktives Netzwerk für Fotografen in ganz Afrika.