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"Griechenlands Platz ist in der Eurozone"

Jannis Papadimitriou, Athen 19. Januar 2015

Eine Linksregierung werde mit den Kreditgebern verhandeln, versichert der Wirtschaftsexperte der Athener Linksopposition Giorgos Stathakis, im Gespräch mit der DW. Einen Euro-Austritt Griechenlands lehnt er ab.

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Europafahne über der Akropolis in Athen (Foto: EPA)
Bild: picture-alliance/dpa/Panagiotou

Der Ökonom Giorgos Stathakis gilt als gemäßigte Stimme des griechischen Linksbündnisses Syriza und hat in Großbritannien promoviert. In seiner Partei ist er für Wirtschaftspolitik zuständig. Die Syriza hat derzeit gute Chancen, nach der vorgezogenen Parlamentswahl am 25. Januar den nächsten Regierungschef zu stellen. Anders als der mächtige Syriza-Linksflügel um den Mathematiker Panagiotis Lafazanis verspricht der Ökonom Stathakis, sein Land in der Eurozone halten zu wollen. Für Aufsehen sorgte er kürzlich mit einem Radiointerview, in dem er erklärte: "Einen Plan B über den Euro-Austritt darf es nicht geben, unser Platz ist in der Eurozone."

Dennoch fordert der Linkspolitiker eine Neuverhandlung der laufenden Verträge mit den internationalen Kreditgebern Griechenlands. Wie das zusammenpassen soll, erläutert Stathakis im Gespräch mit der DW. "Grundsätzlich ist Syriza bereit, über die Verpflichtungen Griechenlands zu verhandeln. Voraussetzung ist dafür allerdings, das der soziale und wirtschaftliche Aufbau des Landes nicht behindert wird." Auf Nachfrage hebt Stathakis drei Punkte hervor, die für eine mögliche Linksregierung wichtig seien und aus seiner Sicht den künftigen Verhandlungsrahmen vorgeben: Erstens müssten die griechischen Schulden nachhaltig abgetragen werden, da sonst der wirtschaftliche Aufschwung gehemmt würde. Zweitens müssten die laufenden Kreditvereinbarungen durch ein Wachstumsprogramm ersetzt werden. Und drittens seien grundlegende Reformen in der öffentlichen Verwaltung und im griechischen Steuersystem durchzuführen.

Mehr Steuergerechtigkeit

Zumindest in diesem letzten Punkt dürften die Geldgeber Griechenlands zustimmen. Nach vier Jahren Reformpolitik wurde die Finanzverwaltung zwar umfassend modernisiert, doch das Steuersystem bleibt eher unübersichtlich und unterliegt, je nach Haushaltslage, ständigen Änderungen. Zudem gerät die Verfolgung schwerer Steuerstraftaten allzu oft ins Stocken. Genau an dieser Stelle will der Syriza-Ökonom nun anknüpfen: "Wir werden das Steuersystem effizienter und auch gerechter gestalten", verspricht Stathakis. Insbesondere die Steuerflucht der Wohlhabenden solle schärfer bekämpft werden.

Giorgos Stathakis von der griechischen Links-Partei Syriza (Foto: DW)
Giorgos Stathakis: "Syriza will Verpflichtungen Griechenlands einhalten"Bild: DW/J. Papadimitriou

Durch höhere Steuereinnahmen soll nicht zuletzt das großzügige Sozialprogramm einer künftigen Linksregierung finanziert werden: Dazu gehört die Anhebung des Mindestlohns auf 750 Euro monatlich, die Erhöhung des steuerlichen Grundfreibetrages auf 12.000 Euro im Jahr und Zuschüsse für Miete und Nebenkosten für arme Familien. Die Athener Regierungskoalition von Premier Antonis Samaras, zu der die konservative Nea Dimokratia und die sozialdemokratische Pasok gehören, wirft dem Linksbündnis Syriza vor, die Wähler durch falsche Versprechungen täuschen zu wollen. Diese Ansicht teilen auch viele Beobachter in Griechenland. Giorgos Stathakis will dies nicht gelten lassen: "Alle in unserem Wahlprogramm vorgesehenen Hilfsleistungen kosten maximal 900 Euro monatlich - pro Haushalt. Wir richten unser Augenmerk auf die ärmsten Schichten der Gesellschaft, denen die Sparpolitik ja auch die schwersten Opfer abverlangt hat. Ich darf Sie daran erinnern, dass laut jüngsten statistischen Erhebungen 34 Prozent aller Griechen unterhalb der offiziellen Armutsgrenze leben", mahnt der Linkspolitiker.

Auf der Suche nach Verbündeten

Kontrovers wird im griechischen Wahlkampf die Frage diskutiert, ob die Linksopposition im Fall eines Wahlsiegs mit Sympathien in Europa rechnen kann. In Berlin gilt die Partei "Die Linke" als Fürsprecherin von Syriza, doch das dürfte kaum reichen, um die Athener Wirtschaftspolitik oder die Verhandlungstaktik gegenüber den Kreditgebern neu zu gestalten. "Die Linksopposition hat doch überhaupt keinen Bezug zu Regierungsparteien in Europa", stichelte neulich der sozialistische Vize-Regierungschef Evangelos Venizelos in einem TV-Interview.

Der griechische Vize-Regierungschef Evangelos Venizelos (Foto: UN)
Vize-Regierungschef Venizelos: "Linksopposition hat keinen Bezug zu Regierungsparteien in Europa"Bild: imago/Xinhua

Giorgos Stathakis sieht das anders. Europa sei derzeit ohnehin zweigeteilt, erläutert der Linkspolitiker: Die einen wollten die aktuelle Sparpolitik konsequent fortsetzen - in der Hoffnung, dass sie irgendwann zu einem Aufschwung führe, was jedoch nicht der Fall sei. Die anderen plädierten für eine Lockerung des Fiskalpaktes sowie der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) und verlangten zudem eine europäische Wachstumsinitiative. "Dazu zählen wir uns eben auch. Insofern ist Syriza keine Einzelstimme, sondern Teil eines breiten Spektrums politischer Kräfte, die derzeit im Kommen sind und eine Wende in Europa herbeiführen wollen", sagt der Linkspolitiker.

Als Verbündete einer künftigen Linksregierung betrachtet Stathakis nicht zuletzt die Europäische Zentralbank in Frankfurt, nachdem EZB-Präsident Mario Draghi die Tür für Käufe von Staatsanleihen weit geöffnet hat. Eine verbindliche Entscheidung über den Kauf von Staatsanleihen steht noch aus, könnte aber schon im ersten Quartal 2015 fallen. "Selbstverständlich unterstützen wir die Initiativen der EZB im Kampf gegen Deflation und Rezession. Jetzt geht es darum, den Umfang und die genauen Voraussetzungen der EZB-Intervention zu bestimmen", erklärt Giorgos Stathakis. Dass auch Griechenland von der EZB-Intervention profitieren soll, steht für den Linkspolitiker "außer Zweifel".