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Entsetzen über Christenvertreibung

21. Juli 2014

Das Ultimatum der Terrorgruppe ISIS an die Christen in Mossul hat einen Aufschrei der Empörung ausgelöst - auch bei Vertretern des Islams.

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Zwei Nonnen betreuen in Qaraqush christliche Flüchtlinge aus Mossul (Foto: AFP)
Bild: Safin Hamed/AFP/Getty Images

Gegen die Vertreibung der Christen aus der nordirakischen Millionenstadt Mossul regt sich international schärfster Protest. Der Mittelöstliche Kirchenrat verurteilte in Beirut eindringlich das Vorgehen der dschihadistischen Terrorgruppe "Islamischer Staat im Irak und in Syrien" (ISIS), die am Samstag ein Ultimatum gestellt hatte: Alle Christen müssten entweder bis Mitternacht Mossul verlassen, zum Islam konvertieren oder Schutzgeld zahlen. Anderenfalls würden sie getötet.

Der Patriarch der Syrisch-orthodoxen Kirche von Antiochien und dem ganzen Osten, Ignatius Aphrem II. nannte das Ultimatum der Extremisten unzumutbar und inakzeptabel. Er appellierte an die internationale Gemeinschaft, "diesen rechtswidrigen Handlungen ein Ende zu setzen". Die Syrisch-orthodoxe Kirche gehört, wie 26 weitere Kirchen der Region, dem Mittelöstlichen Kirchenrat an.

"Exodus ist eine Tragödie"

Auch der Weltkirchenrat zeigte sich tief besorgt über die Vertreibung. Der Exodus sei eine Tragödie für Christen und Muslime im Irak, betonte der Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen, Olav Fykse Tveit, in Genf. Er forderte volle Religionsfreiheit und alle anderen Menschenrechte für die Christen im Irak. Der Weltkirchenrat repräsentiert mehr als 500 Millionen Gläubige.

Der Papst hatte am Sonntag auf dem Petersplatz in Rom zum Gebet für die verfolgten Christen aufgerufen. Seit den Anfängen des Christentums hätten Angehörige dieser Religion in Mossul gelebt und dort einen wertvollen Beitrag zum Wohl der Gesellschaft geleistet.

"Verbrechen gegen die Menschlichkeit"

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat den Pogrom als mögliches "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" eingestuft. Ban erklärte, er verurteile "die systematische Verfolgung von Minderheiten im Irak" durch die ISIS, die sich inzwischen als "Islamischer Staat" bezeichnet, "aufs Schärfste".

Auch innerhalb der Gemeinschaft der Muslime hat das Vorgehen der ISIS Abscheu und Empörung ausgelöst. Die Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) nannte die Verfolgung der Christen im Irak ein "unerträgliches Verbrechen" und bot humanitäre Hilfe für die Vertriebenen an. Die Vertreibungen stünden im Widerspruch zum Islam und seinen Prinzipien, "die zu Toleranz und friedlichem Zusammenleben auffordern". Die OIC ist ein Zusammenschluss von 57 Staaten mit hohem muslimischem Bevölkerungsanteil.

Häuser von Christen markiert

Tausende Christen waren am Wochenende panikartig aus Mossul in benachbarte Gebiete geflohen, um dort Schutz vor den radikalsunnitischen Kämpfern zu suchen. ISIS-Terroristen hatten vielen von ihnen Geld, Autos und allen Besitz abgenommen, den sie bei sich führten. Augenzeugen berichteten der Nachrichtenagentur AFP, Rebellenkämpfer hätten in den vergangenen Tagen die Häuser von Christen mit einem "N" für Nassarah markiert. Dies ist der im Koran verwendete Begriff für Christen.

Die christliche Minderheit im Irak sah sich in den vergangenen Jahren immer wieder Bedrohungen und Angriffen ausgesetzt. Vor dem Einmarsch des US-Militärs im Jahr 2003 lebten nach Angaben der Gesellschaft für bedrohte Völker noch eineinhalb Millionen Christen im Land, davon über 50.000 in Mossul. Bereits im Dezember sei die Hälfte der christlichen Bevölkerung aus der Stadt geflohen. Bis vor einem Monat hätten noch etwa 250 christliche Familien in Mossul gelebt.

jj/kle (dpa, epd, kna, afp)