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"Stoppt den Terror!"

Marcus Lütticke, Bielefeld9. August 2014

Viele Jesiden in Deutschland bangen um das Leben ihrer Angehörigen im Irak. Bei einer Großdemonstration in Bielefeld machten sie auf das Leid ihrer Volksgruppe aufmerksam und forderten Konsequenzen.

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Jesiden-Demonstration in Bielefeld (Foto: DW/M. Lütticke)
Bild: DW/M. Lütticke

Hubschrauber kreisen über dem großen Parkplatz am Stadtrand von Bielefeld. Normalerweise findet hier an der Radrennbahn samstags ein großer Flohmarkt statt, doch der ist abgesagt. Tausende Jesiden haben sich auf dem weitläufigen Areal eingefunden, um den öffentlichen Fokus auf die Situation ihrer Angehörigen zu lenken.

Nachdem es am Donnerstag bei einer kleineren Demonstration im benachbarten Herford zu Ausschreitungen mit gewaltbereiten Islamisten gekommen war, hatte die Polizei vorsorglich Einsatzkräfte aus ganz Nordrhein-Westfalen nach Bielefeld geschickt. Zur genauen Anzahl wollte sich ein Polizeisprecher nicht äußern - aus "einsatztaktischen Gründen".

Von der Ladefläche eines Kleintransporters, der in der Mitte des Platzes steht und als mobile Bühne dient, werden die Demonstranten mit lauter Musik und kurzen Redebeiträgen beschallt. Ringsherum haben sich tausende Menschen mit Plakaten, Fahnen und Spruchbändern versammelt: "ISIS Terrorist, ISIS Terrorist" tönt es immer wieder aus der Menge. Die Stimmung ist aufgeheizt, aber nicht aggressiv.

Angst vor den Islamisten

Yalcin Arap steht in einer der hinteren Reihen. Der 36-Jährige hat ein Plakat mit der Aufschrift "Stop Terror in Sinjar" mitgebracht. "Den Jesiden muss dringend geholfen werden. Die Terroristen im Irak töten sie und glauben so ins Paradies zu gelangen." Er selbst ist als Kind nach Deutschland gekommen und in Detmold aufgewachsen. "Hier können wir in Frieden leben, aber bei solchen Massenveranstaltungen wie heute mache ich mir Sorgen, dass sich ein Islamist unter die Demonstranten mischt und in die Luft sprengt. Die schrecken vor nichts zurück."

Protest von Jesiden in Bielefeld (Foto: DW/M. Lütticke)
Yalcin Arap ist aus Detmold nach Bielefeld gereistBild: DW/M. Lütticke

In Deutschland leben nach Schätzungen etwa 60.000 Jesiden, die größte Gemeinschaft außerhalb des Irak. Besonders viele von ihnen haben sich in Ostwestfalen und Niedersachsen angesiedelt. Bielefeld bot sich aufgrund der räumlichen Nähe als Ort für die Kundgebung an.

Marsch in die Innenstadt

Auch einige Deutsche, die keine verwandtschaftlichen Beziehungen in den Nordirak haben, sind unter den Demonstranten. "Wir sind hier, um unsere Solidarität auszudrücken", sagt ein junger Mann, der sein Fahrrad durch die Menge schiebt.

Polizeipferde am Rande der Proteste von Jesiden in Bielefeld (Foto: DW/M. Lütticke)
Abseits des Geschehens bleibt Zeit die Polizeipferde zu streichelnBild: DW/M. Lütticke

Angeführt vom Lautsprecherwagen macht sich der Demonstrationszug etwa eine Stunde nach Beginn der Veranstaltung auf den Weg in die Bielefelder Innenstadt. Über eine schmale Zufahrtstraße geht es vorbei an einer Kleingartensiedlung und durch ein Wohngebiet bis ins Zentrum.

An einer Tankstelle decken sich einige Demonstranten mit kühlen Erfrischungen ein. Vereinzelt müssen sich Sanitäter ihren Weg durch die Menge bahnen, da es aufgrund der kräftigen Nachmittagssonne bei einigen Teilnehmern zu Kreislaufproblemen kommt.

Weitgehend friedlicher Abschluss

Auch bei der Abschlusskundgebung bleibt es weitgehend friedlich. Kurz vor dem Ende der Veranstaltung geben nach Polizeiangaben jedoch Äußerungen einer kleinen Personengruppe Anlass für eine Rangelei mit Versammlungsteilnehmern. Aufgrund der Äußerungen attackieren zunächst acht bis zehn Demonstranten die Personengruppe. Auf die Auseinandersetzung aufmerksam geworden kommen zahlreiche weitere Teilnehmer hinzu. Polizeikräfte der Einsatzhundertschaften können die Parteien jedoch schnell trennen, so dass es nicht zu größeren Tumulten kommt.

Jesiden-Demonstration in Bielefeld (Foto: DW/M. Lütticke)
Die Proteste verlaufen weitgehend ohne ZwischenfälleBild: DW/M. Lütticke

Am frühen Abend löst sich die Veranstaltung langsam auf. Teilnehmer strömen zurück zu ihren Bussen und Fahrzeugen oder lassen den Tag in den Cafes und Restaurants der Umgebung ausklingen.