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Stipendien für syrische Flüchtlinge

Gaby Reucher30. Oktober 2014

Mehr Flüchtlinge aus Syrien sollen in Deutschland studieren können. Mit 7,8 Millionen Euro unterstützt die Regierung ein neues Stipendienprogramm des Deutschen Akademischen Austauschdienstes.

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Ausländische Studenten im Hörsaal
Bild: picture alliance/dpa

Drei Jahre Bürgerkrieg in Syrien. Jeder zweite Syrer ist auf der Flucht. Insgesamt schätzt man, dass über 9 Millionen Syrer das Land verlassen haben. Darunter befinden sich auch hochqualifizierte Wissenschaftler und Studierende. Diesen Flüchtlingen wollen das Auswärtige Amt und der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) jetzt mit einem neuen Stipendienprogramm "Führungskräfte für Syrien" unter die Arme greifen.


Zusammenarbeit mit Syrien ist nicht neu

Eine Zusammenarbeit zwischen dem DAAD und Syrien gab es bereits vor dem Bürgerkrieg. "Wir haben damals jährlich 60 bis 80 syrische Studierende nach Deutschland geholt. An den Kosten hat sich der Syrische Staat mit 80 Prozent beteiligt", erläutert Christian Hülshörster, Leiter der Gruppe Nordafrika beim DAAD. Ahmad Nasr (Name geändert) kam bereits 2011 mit einem Stipendium nach Deutschland. Er macht seinen Doktor im Bereich Pharmatechnologie und würde sich am liebsten ganz der Wissenschaft zuwenden. Doch seit dem Bürgerkrieg holt die Politik ihn immer wieder ein. "Die syrischen Kollegen in Deutschland haben verschiedene politische Meinungen, das führt oft zu Konflikten. Wenn wir nur über die Wissenschaft reden, kommen wir gut zurecht."


Bildung statt Waffen

Seit dem "Arabischen Frühling" hat der DAAD deutsch-arabische Hochschulkooperationen verstärkt, um den Demokratisierungsprozess in diesen Ländern zu stärken. Auch in Syrien ging die Unterstützung für syrische Akademiker trotz des Bürgerkriegs weiter. Auf diese Weise konnten 2012 insgesamt noch 1150 Syrer in Deutschland studieren. Mit dabei war Ali Afkor (Name geändert), der zurzeit an seiner Doktorarbeit in Chemie arbeitet. Er findet die Stipendienprogramme auch politisch sinnvoll. "Deutschland hilft dabei, dass wir studieren und lernen können. Andere Länder helfen mit Waffen, aber das ist keinen Hilfe, denn Waffen bringen keine Lösung."

Terrorcamp in Syrien. Kämpfer stehen schießbereit in einer Reihe
"Waffen bringen im Syrienkonflikt keine Lösung."Bild: picture-allianceAP Photo


Die Zusammenarbeit mit dem Assad-Regime ist mittlerweile unterbrochen. Seit 2011 gibt es kein DAAD Büro mehr in Damaskus. "Viele Stipendiaten hier bekamen plötzlich kein Geld mehr. Das Auswärtige Amt hat dann die Kosten übernommen. Jetzt sind noch 60 syrische Studierende da, die gefördert werden", sagt der Nah- und Mittelostexperte Christian Hülshörster.

Führungskräfte für Syrien

Bis zu 100 Studierende aus Syrien sollen durch das neue Programm "Führungskräfte für Syrien" die Chance bekommen, in Deutschland zu studieren. Dafür hat die Bundesregierung 7,8 Millionen Euro bereitgestellt. Außenminister Frank Walter Steinmeier will der jungen Generation, die durch den Bürgerkrieg geprägt ist, eine Perspektive aufzeigen: "Gerade die jungen Syrerinnen und Syrer sind entscheidend für den Wiederaufbau und die Zukunft ihres Landes, wenn dieser schreckliche Konflikt beigelegt ist." Über das neue Programm hinaus soll auch die Zahl der regulären DAAD Stipendien für Syrien verdoppelt werden.

Ali Afkor möchte seinen Landsleuten gerne helfen. "Aber ich helfe jetzt von hier aus. Da kann ich mehr tun, als wenn ich in Syrien wäre." So betreut Afkor Master-Studierende in Syrien, schickt ihnen wissenschaftliche Artikel oder erklärt ihnen neue Technologien. Wenn das neue Stipendienprogramm startet, möchte er auch den Neuankömmlingen zur Seite stehen, sich in Deutschland mit der Kultur und der Sprache zurechtzufinden. Seine eigene Zukunft sieht er im Moment nicht in Syrien. "Wir sind damals gegen Korruption und für mehr Freiheit auf die Straße gegangen, jetzt mischen viel zu viele mit religiöser Motivation mit. Es gibt in Syrien leider nicht nur ISIS, sondern viele ähnliche Gruppierungen."

Leute sitzen in einem großen Saal
Good Governance Seminar des DAADBild: DW


Ausschreibung der Stipendien beginnt jetzt

Auch Ahmad Nasr sieht seine Zukunft noch nicht in seinem Heimatland. "Ich habe das Gefühl, dass ich unfähig bin, etwas zu ändern. Das enttäuscht mich und ich konzentriere mich lieber auf mein Fachgebiet." Genau dagegen soll das neue Stipendium ein Zeichen setzten. Während sich die bestehenden Förderprogramme eher auf die jeweiligen Studienfächer beschränkt haben, wird das neue Programm "Führungskräfte für Syrien" über das reine Fachwissen hinaus gehen. So sollen die Studierenden begleitend zu ihrem Studium Onlinekurse in "Good Governance", „Zivilgesellschaft“ und „nachhaltiges Projektmanagement“ belegen. "Wir sind der Auffassung, dass die Vermittlung dieser Bereiche eine wichtige Voraussetzung ist, damit die Stipendiaten später einen konstruktiven Beitrag zum Wiederaufbau Syriens leisten können", betont Christian Hülshörster.

Bei der Auswahl der Bewerber sei aber nach wie vor die wissenschaftliche Kompetenz ausschlaggebend, denn der DAAD sei per se keine Organisation der humanitären Hilfe. Trotzdem wird berücksichtigt, dass viele Studierende durch den Bürgerkrieg nicht regulär studieren konnten. "Wir unterstützen junge Menschen, die wegen des Krieges ihr Studium abbrechen mussten oder nicht beginnen konnten. Solide Bildung gibt ihnen Perspektiven für die Zukunft", sagte DAAD-Präsidentin Margret Wintermantel bei der Vorstellung des neuen Programms. Die Ausschreibung für das Stipendium beginnt am 31.10. und richtet sich vor allen Dingen an Masterstudierende. Es gibt aber auch Plätze für Doktoranden und Studienanfänger.

DAAD Präsidentin - Prof. Dr. Margret Wintermantel
Marget Wintermantel will Flüchtlingen eine Perspektive bieten.Bild: DAAD/E. Lichterscheidt