1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Stimmungstest für weiteren EU-Kurs

Vitalie Calugareanu / Robert Schwartz 16. Juni 2015

In der Republik Moldau haben die pro-europäischen Kräfte bei den Kommunalwahlen am Sonntag die meisten Stimmen bekommen. Doch ein Ende der politischen Krise im Land ist nicht in Sicht.

https://p.dw.com/p/1FhVe
Wahlplakate in der Republik Moldau - Foto: Y. Semenova (DW)
Bild: DW/Y. Semenova

In den moldauischen Verwaltungsbezirken werden künftig nicht mehr einzelne Parteien das Sagen haben: Die pro-europäischen Liberaldemokraten, Demokraten und Liberalen sowie die pro-russischen Sozialisten und Kommunisten werden auf Koalitionen angewiesen sein. Laut amtlichem Endergebnis haben die pro-europäischen Kräfte in 25 Bezirken, die Sozialisten und Kommunisten in sieben Verwaltungseinheiten die Mehrheit.

Zur Wahl standen rund 900 Bürgermeister und über 10.000 Lokalräte in 32 Verwaltungsbezirken sowie den Großstädten Chisinau und Balti. Die Wahlbeteiligung war niedrig: Nur 49 Prozent der etwa 2,8 Millionen wahlberechtigten Moldauer haben ihre Stimme abgegeben.

In Chisinau, der Hauptstadt der ehemaligen Sowjetrepublik zwischen Rumänien und der Ukraine, hat keiner der Bürgermeisterkandidaten die nötige Mehrheit erhalten: Der liberale Amtsinhaber Dorin Chirtoaca konnte 37,5 Prozent der Stimmen auf sich vereinen, seine sozialistische Herausforderin, die frühere kommunistische Premierministerin Zenaida Greceanii, kam auf knapp 36 Prozent. Die Entscheidung, wer die Stadt künftig regiert, wird nun bei einer Stichwahl in zwei Wochen fallen.

Umstrittene Geschäftsleute an der Macht

Einen überraschend hohen Sieg konnte der moldauische Geschäftsmann Renato Usatii in der Stadt Balti erringen. Der Chef der neuen politischen Formation "Unsere Partei" kam auf 73 Prozent. Usatii ist ein Gegner des Assoziierungsabkommens der Republik Moldau mit der EU und bezeichnet sich gern als "zweiten Lukaschenko". Die Verwaltung der Stadt Balti hatte bereits im Vorfeld der Wahlen ein Referendum über mehr Autonomie angekündigt, das noch in diesem Jahr abgehalten werden sollte.

Auch in der Stadt Orhei hat eine schillernde Persönlichkeit das Amt des Bürgermeisters im ersten Wahlgang gewonnen: Der Geschäftsmann Ilan Shor. Gegen ihn wird allerdings im Zusammenhang mit dem jüngsten Bankenskandal ermittelt. Nach Angaben der Zentralbank sollen drei moldauische Geldinstitute kurz vor den Parlamentswahlen im November 2014 mehrere Kredite in Gesamthöhe von rund 900 Millionen Euro vergeben haben. Ein Großteil des Geldes soll in russischen Banken verschwunden sein.

Der moldauische Premierminister Chiril Gaburici - Foto: Dumitri Doru (EPA)
Premierminister Gaburici: Rücktritt kurz vor den KommunalwahlenBild: picture alliance/dpa/D. Doru

Die Republik Moldau steckt in einer tiefen politischen Krise. Bereits am Freitag vor den Wahlen war der liberal-demokratische Premierminister Chiril Gaburici überraschend zurückgetreten. Er wird verdächtigt, seine Universitätszulassung durch Zeugnisfälschung erschlichen zu haben. Gaburici hatte einer Minderheitsregierung aus Liberaldemokraten und Demokraten vorgestanden, die von den Kommunisten geduldet wurde.

Die dritte pro-europäische Kraft, die Liberale Partei, hatte sich an der Regierung nicht beteiligt. Vor Beginn neuer Koalitionsverhandlungen fordert sie jetzt die Bestrafung der Verantwortlichen im Bankenskandal. Nach ihrem guten Abschneiden bei den Lokalwahlen vom Sonntag und vor allem im Hinblick auf den sehr wahrscheinlichen Sieg ihres Kandidaten in der Stichwahl um Chisinau erhoffen sich die Liberalen eine bessere Ausgangsposition bei der künftigen Regierungsbildung.

Drohender Staatsbankrott

Der Rücktritt des Premierministers ist auch finanzpolitisch nicht ohne Folgen geblieben. Der für Montag erwartete Besuch von Vertretern des Internationalen Währungsfonds (IWF) in der Republik Moldau wurde kurzfristig abgesagt. Grund dafür ist die Verzögerung bei der Abwicklung der drei wichtigsten moldauischen Banken, die in den Finanzskandal verwickelt sind. Experten sind sich einig, dass der Republik Moldau ohne eine finanzielle Unterstützung durch den IWF die Staatspleite droht.

Der EU-Botschafter in Chisinau, Pirkka Tapiola, teilt diese Sorge. Er fordert die Politiker auf, die Bildung einer neuen Regierung nicht hinauszuzögern. Sollte die Republik Moldau nicht in der Lage sein, ein Abkommen mit dem IWF zu unterzeichnen, so würden die wirtschaftlichen Folgen "sowohl kurz- als auch längerfristig negativ sein", so Tapiola.