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Steinmeier sucht "Ankerplätze" in Afrika

Claus Stäcker23. Februar 2015

Außenminister Steinmeier will Deutschlands Verhältnis zu Afrika vertiefen. Vier Tage lang suchte er im Kongo, in Ruanda und Kenia nach neuen Kooperationspartnern. Claus Stäcker mit einer Bilanz.

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Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier in Nairobi mit Präsident Uhuru Kenyatta (Foto: dpa/picture alliance)
Steinmeier und Kenias Präsident Uhuru KenyattaBild: picture-alliance/dpa/Michael Kappeler

Erst fällt der Ton aus, dann das Licht. Ein Film läuft ohne Bild an - technische Pannen im Nationalmuseum Nairobi, bei der Abschlussveranstaltung von Frank-Walter Steinmeiers Afrika-Reise. Aber das kann die Stimmung nicht trüben. Eine hochkarätige Kultur- und Wissenschaftsdelegation aus Deutschland diskutiert mit Kenias kultureller Elite lebhaft über neue Formen der Kooperation mit Afrika. Die Zusammenarbeit soll ab 2019 im künftigen Humboldt-Forum, das im Herzen Berlins entsteht, zu neuem Leben erweckt werden.

Ein neues Verhältnis zum Nachbarkontinent - das ist das Leitmotiv der viertägigen Kongo-, Ruanda- und Keniamission des Bundesaußenministers. Dass er trotz Ukraine-, Nahost- und Griechenlandkrise in seiner knapp einjährigen Amtszeit zum vierten Mal hierher reist, will er als Ausdruck einer veränderten Politik verstanden wissen. "Wir müssen uns Afrika neu stellen", wiederholte Steinmeier mehrfach. Zu sehr sei die deutsche Wahrnehmung vom Kontinent der Krisen und Konflikte bestimmt. "Krisen und Konflikte gibt es nach wie vor, aber eben auch Anker der Stabilität."

"Wo bleibt Deutschland?"

Die Demokratische Republik Kongo zählt nicht dazu, Ruanda aber stuft der deutsche Chefdiplomat als einen solchen sicheren Hafen ein - trotz demokratischer Defizite, trotz des angespannten Verhältnisses zum östlichen Nachbarn Kongo: Ruanda ist mit der dortigen Arbeit der Blauhelm-Mission MONUSCO ganz und gar nicht zufrieden. Deutschland zahlt jedes Jahr mehr als 100 Millionen Euro für die weltweit teuerste UN-Mission. Aber noch immer, so wettert Ruandas Außenministerin Louise Mushikiwabo, seien die Hutu-Rebellen der FDLR in der Grenzregion aktiv und versprühten ihr "ethnisches Gift". Sie gehörten "eliminiert", fordert sie unverblümt. Dass dies bisher nicht geschehen sei, lastet die Ministerin auch dem sonst eher gefeierten deutschen MONUSCO-Befehlshaber Martin Kobler an.

Republikanische Garde der Republik Kongo (Foto: AFP/Getty Images)
Nach wie vor unruhig: Die Demokratische Republik Kongo - hier die Republikanische GardeBild: AFP/Getty Images/J. Kannah

Das Verhältnis zu Deutschland scheint das aber nicht zu trüben. Die "liebe Louise", wie Steinmeier sie nennt, wünscht sich eine noch aktivere Rolle Deutschlands in der Region. Bisher seien nur Frankreich, Großbritannien und Belgien dort zu sehen. "Wo ist Deutschland?", fragt sie: "Wir wollen mehr deutsche Präsenz hier sehen, in der Region, auf dem ganzen Kontinent."

Zum "Stabilitätsanker" aufgewertet, hat Ruanda wohl gute Aussichten auf Investitionen. Die sind noch rar in Zentral- und Ostafrika. Vor ein paar Wochen hatte Bundespräsident Joachim Gauck auch Tansania als einen solchen soliden Staat beschrieben. Für Kenia, die letzte Station Steinmeiers, gilt das nicht. Immer wieder verübt die somalische Terrormiliz Al-Shabaab Anschläge, die innenpolitische Lage in Kenia gilt als fragil. Hier sieht Steinmeier den Weg zu soliden Rahmenbedingungen wohl eher über die regionale Integration, über die Ostafrikanische Gemeinschaft (EAC).

Verlässliches Ostafrika

Wenn ihn sein Eindruck nicht täusche, erklärt Steinmeier vorsichtig, könne sich Ostafrika zu einer solchen Region "wachsender politischer und wirtschaftlicher Stabilität" entwickeln. "Das eine hängt mit dem anderen zusammen", argumentiert der Minister. Und fast nebenbei entstünde mit einer funktionierenden Wirtschafts- und Zollunion zwischen Ruanda, Kenia, Tansania, Burundi und Uganda ein attraktiver Absatzmarkt mit 160 Millionen Konsumenten.

Zeitungsverkäufer in Ruanda (Foto: AFP/Getty Images)
Ruanda gilt als "Stabilitätsanker" - trotz DemokratiedefiziteBild: Getty Images/AFP/Marco Longari

Die junge Generation, ganz gleich in welchem der drei bereisten Länder, setzt offenbar einige Hoffnungen auf Deutschland: In Spontanumfragen oder Facebook-Kommentaren wünscht sie sich, dass deutsche Firmen für Aufschwung sorgen und deutsche Politiker als Korrektiv gegen ihre oft korrupte und patriarchalische Elite tätig werden. "Die Jugend will den Wandel", sagt die ruandische Studentin für Internationale Beziehungen, Mukazi Ndekezi. Als Jugendbotschafterin engagiert sie sich in der Ostafrikanischen Gemeinschaft für die Bevölkerungsmehrheit, die Jungen: Zwei Drittel der Bevölkerung sind zwischen 17 und 35 Jahre alt. "Die Jugend hat die Nase voll von Konflikten, von den Problemen der großen Politik", sagt sie. Unter Studenten sehe sie bereits positive Effekte der regionalen Integration: "Sie arbeiten zusammen, sie reden, sie diskutieren. Sie tauschen ihre Ansichten aus, ihre Ideen. Sie verstehen einander - genau das ist nötig für die regionale Integration." Der deutsche Außenminister, den sie in Kigali nur aus der Ferne sieht, würde das sicher gern hören.