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Start für Vertriebenen-Zentrum

11. Juni 2013

Eine der umstrittensten Gedenkstätten in Berlin nimmt Gestalt an. Bundeskanzlerin Angela Merkel gab grünes Licht für den Bau des Dokumentationszentrums der Bundesstiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung".

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Bundeskanzlerin Merkel eröffnet den Baus des Dokumentationszentrums in Berlin (Foto: DW/R. Romaniec)
Bild: DW/R. Romaniec

Die Gedenkstätte im "Deutschlandhaus" in Berlin soll künftig an die Vertreibung von Millionen Menschen im Europa des 20. Jahrhunderts erinnern. Die Dauerausstellung solle dazu beitragen, Flucht und Vertreibung im historischen Zusammenhang zu verstehen, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (Artikelbild) zum Beginn der Arbeiten.

Das Zentrum solle als "sichtbares Zeichen" auch an das Leid von mehr als 14 Millionen Deutschen erinnern, die ihre Heimat im Osten Europas nach dem Zweiten Weltkrieg verloren hätten. Flucht und Vertreibung nach 1945 hätten großes Leid und großes Unrecht über die Menschen gebracht. Dieses wäre aber nicht geschehen, wenn nicht Nazi-Deutschland den auf Vernichtung ausgerichteten Zweiten Weltkrieg angefangen hätte, betonte Merkel. Das Dokumentationszentrum sei deshalb auch auf eine europäische Versöhnung ausgerichtet. Auch Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) wies darauf hin, dass das Geschehen "in den Zusammenhang des von Deutschland entfesselten Zweiten Weltkriegs, des Holocaust und des deutschen Besatzungsterrors in Osteuropa, vor allem in Polen und in der Sowjetunion", gestellt werde.

Für das Zentrum lässt die vom Bund gegründete Stiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung" das Deutschlandhaus am Anhalter Bahnhof in der Nähe des Potsdamer Platzes bis 2016 für 33 Millionen Euro neu gestalten. Auf rund 3000 Quadratmetern entstehen in dem Zwanziger-Jahre-Bau auch Räume für Veranstaltungen sowie eine Bibliothek, eine Mediathek und ein "Raum der Stille".

Flüchtlingstreck in Ostpreussen, 1944 (Foto: picture-alliance/akg-images)
Flüchtlingstreck in Ostpreussen 1944Bild: picture-alliance/akg-images

Das Projekt war von Beginn an umstritten: Vor mehr als einem Jahrzehnt hatten der Bund der Vertriebenen (BdV) und seine Präsidentin, die CDU-Bundestagsabgeordnete Erika Steinbach, ein eigenes "Zentrum gegen Vertreibungen" ins Spiel gebracht. Es sollte zunächst vor allem an das Schicksal jener Deutschen erinnern, die zwischen den letzten Kriegsmonaten bis in die 50er Jahre unter anderem aus Polen, Russland, der Tschechoslowakei und den baltischen Staaten in Richtung Westen geflüchtet oder aus ihrer Heimat ausgewiesen worden waren.

Vor allem in Polen und Tschechien löste das Vorhaben Empörung aus. Es wurde dort als Versuch verstanden, die Deutschen als Opfer des Krieges darzustellen. Nach langen Kontroversen einigte sich die große Koalition 2008 auf die Gründung einer Stiftung, in der Vertreter von Parlament, Regierung, Kirchen und Wissenschaft das Konzept für die Ausstellung erarbeiten sollten. Damit sollte dem Vorwurf begegnet werden, Deutschland strebe eine Umdeutung der Geschichte an. Aus Protest gegen die BdV-Präsidentin, die zunächst dem Stiftungsrat angehören sollte, traten Historiker aus Tschechien und Polen aus dem Beraterkreis aus. Schließlich verzichtete Steinbach auf ihren Sitz, die Zahl der BdV-Mitglieder im Gremium wurde reduziert.

wl/nem (dpa, epd, afp)