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Spitzenköche im Labor

Nadja Baeva14. Februar 2007

Lakritz auf Lachs, Kaviar auf weißer Schokolade oder warmes Eis - das, was so unglaublich klingt, gibt es wirklich, und zwar in der Molekulargastronomie. Auch deutsche Köche entdecken das molekulare Kochen.

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Dessert mit flüssigem Stickstoff
Dessert mit flüssigem Stickstoff - auch Ferran Adriá experimentiert in der KücheBild: Francesc Guillamet

Das Restaurant "KM 747" liegt in einer ruhigen Gegend in der Nähe des Rheins. Nichts deutet darauf hin, dass sich hier ein futuristisches Kochlabor verbirgt. Sogar die Küche sieht ganz normal aus. Reagenzgläser und Mikroskope sucht man hier vergeblich. Die Zauberei beginnt erst dann, wenn Richard Nicolaus mit dem Kochen beginnt.

Frittieren mit Zuckerwasser

"Wir machen jetzt einen Saté-Spieß von Thunfisch. Dabei wird der Thunfisch in einem Zuckerwassergemisch bei etwa 120 Grad Celsius frittiert", erklärt der Koch. Normalerweise wird mit Öl frittiert. Das Gericht wird dadurch zwar gar, ist aber von Fett durchtränkt. Nicolaus hat sich deshalb etwas völlig Neues einfallen lassen. Er frittiert nicht mit Öl, sondern mit einem ganz speziellen Zucker, den man genauso wie Öl erhitzen kann. Zehn Sekunden - und schon ist der Thunfisch fast servierbereit.

"Jetzt hat das Farbe bekommen. Von außen ist es jetzt fast knusprig. Jetzt wird es ein bisschen mit Zitrone überträufelt, dann würzen wir das noch mit einer Fischgemüsemischung", kündigt Nicolaus an.

Saté-Spieß von Thunfisch ist nur eine der vielen Kreationen von Richard Nicolaus. Für jedes Gericht auf seiner Speisekarte benutzt er einen besonderen Trick, den man "molekulares Kochen" nennt. Soßen werden in Form von Schaum aus einem Sahnesprühgerät auf die Speisen gegeben. Fleisch wird im Vakuumbeutel gegart. Und mit Hilfe neuer Substanzen erfindet er eine völlig neue Konsistenz, zum Beispiel Tomatengelee oder Gurkenschaum. "

Herd statt Reißbrett

"Mit Physik und Chemie kann man etwa die Zusammenhänge bei Garprozessen ergründen", erklärt der Koch. "Die Menschen von heute wollen neue Dinge erfahren, neue Geschmäcker kennen lernen." Die Wissenschaft ermögliche neue Produkte wie zum Beispiel Gelees oder Chemikalien, so Nicolaus.

Geliertes Gemüse an Holzkohleöl
Geliertes Gemüse an Holzkohleöl ist ein weitere Kreation von Ferran AdriáBild: Francesc Guillamet

Die Vorliebe für das "Molekularkochen" kommt bei Richard Nicolaus nicht von ungefähr. Der gebürtige Düsseldorfer ist eigentlich Maschinenbauingenieur. Vor zehn Jahren hat er plötzlich das Kochen für sich als Hobby entdeckt. Sehr schnell tauschte er Reißbrett und Zirkel gegen Herd und Schöpflöffel. Und weil er sich mit Naturwissenschaften gut auskennt, fing der passionierte Koch an zu experimentieren.

Feuerwerk für die Sinne

"Da ich ja aus dem Maschinenbau komme, lasse ich mir auch sehr viel Dinge fertigen, was mit Formgebungen oder Möglichkeiten des Garens zu tun hat", erläutert Nicolaus. Dazu gehört etwa der "Topf im Topf", der es verhindert, dass Dampf entweicht und somit das Aroma erhält.

Die Speisekarte des Restaurants verrät den Gästen nicht, dass die Gerichte auf eine besondere Weise zubereitet werden. Geräucherte Entenbrust, Currysuppe, gegrillter Zander - alles klingt ganz normal. Die Überraschung kommt erst, wenn man das Gericht serviert bekommt. "Für mich ist die Kombination wichtig. So ein Erbsen-Minz-Püree ist ein absoluter Gaumenschmaus", meint Tanja Schuch. Natürlich spiele auch die Optik eine Rolle. "Hier wird einem teilweise ein optisches Feuerwerk serviert."

Zum Nachmachen ungeeignet

Nach so einer Überraschung wollen fast alle Gäste mit dem Koch sprechen. Sie wollen natürlich wissen, warum der Spinat auf ihrem Teller nicht auseinander fällt, sondern ein Türmchen bildet, warum die Entenbrust so zart ist und wie ein Meeresfrüchterisotto zubereitet wird.

Richard Nicolaus plaudert gerne über seine Kochrezepte. Aber "molekulares Kochen" auf eigene Faust zu Hause auszuprobieren - davon hält er nicht viel. "Natürlich ist das alles zu machen und auch im Fachhandel zu bekommen", erklärt der Koch. "Doch es erfordert sehr viel Zeit und Lernwillen, um die Experimente zu machen, die dafür erforderlich sind", warnt Nicolaus. "Man darf sich das nicht so vorstellen, dass man das mal eben so machen könnte."