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"Deutschland tief gespalten"

Nina Werkhäuser24. April 2014

Immer weniger Menschen haben am Wohlstand in Deutschland teil, beklagt der Paritätische Gesamtverband. Ein Grund dafür sei die "sozialpolitische Ignoranz" der Bundesregierung.

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Ein Helfer der Caritas verteilt einen Teller Suppe an einen Mann. Foto: Carmen Jaspersen/dpa
Bild: picture-alliance/dpa

In Deutschland wächst die Kluft zwischen Arm und Reich - zu diesem Ergebnis kommt der Paritätische Gesamtverband in seinem ersten Gutachten zur sozialen Lage. "Am wachsenden Wohlstand in Deutschland haben immer weniger Menschen teil", sagte Verbands-Vorsitzender Rolf Rosenbrock bei der Vorstellung des Berichtes in Berlin. "Die Armutsquote hat mit 15,2 Prozent einen Höchststand erreicht." Der soziale Zusammenhalt bröckele, sagte Rosenbrock. Diese Entwicklung gefährde langfristig auch den Wirtschaftsstandort Deutschland.

Im Schatten guter Wirtschaftsdaten

Der Sozialverband nennt eine ganze Reihe von Ursachen für diese Entwicklung: Zwar gebe es so viele Erwerbstätige wie noch nie, doch gleichzeitig hätten immer mehr Menschen Minijobs, schlecht bezahlte oder befristete Stellen. Die Langzeitarbeitslosigkeit sei auf hohem Niveau, ohne dass die Betroffenen ausreichend gefördert würden. Ähnlich verhalte es sich mit den mehr als zwei Millionen Kindern und Jugendlichen aus armen Familien - auch hier fehle es an wirksamen staatlichen Hilfen, damit diese am Sozialleben teilnehmen könnten.

Auffallend ungleich verteilt ist in Deutschland auch das Privatvermögen: Die ärmsten 20 Prozent der Bevölkerung haben im Durchschnitt 4600 Euro Schulden, während die reichsten zehn Prozent über ein durchschnittliches Vermögen von 1,15 Millionen Euro verfügen. In keinem anderen Land innerhalb der Eurozone klaffen diese Werte stärker auseinander.

Stiefkind Sozialpolitik

Der Politik stellt der Paritätische Gesamtverband kein gutes Zeugnis aus. Der im Herbst 2013 beschlossene Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD enthalte nur wenige Verbesserungen im Bereich Sozialpolitik. Ein richtiger Schritt sei die Einführung des Mindestlohns von 8,50 Euro. Das allein reiche für die Bekämpfung der Armut aber nicht aus, so Rosenbrock.

Ein Beleg für die "sozialpolitische Ignoranz" vieler Politiker sei die Tatsache, dass soziale Verbesserungen in Deutschland häufig von Gerichten durchgesetzt würden, etwa vom Bundesverfassungsgericht. Die Bundesregierung habe zwar die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland genau im Blick, nicht aber die sozialen Folgen. Daher kündigte der Paritätische Gesamtverband an, künftig jährlich ein Gutachten über die soziale Lage in Deutschland vorzulegen.