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Sonnige Zeiten für Bischofswerda

Richard Fuchs4. Juni 2008

Eine kleine Gemeinde in Sachsen profitiert vom Boom in der Solarwirtschaft: In Bischofswerda eröffnet ein kanadischer Hersteller eine Produktionsanlage für Solarzellen. Angelockt haben ihn großzügige Subventionen.

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Geschäftsführer Sjouke Zijlstra (rechts im Bild) präsentiert eine fertige Solarzelle
Geschäftsführer Sjouke Zijlstra (rechts im Bild) präsentiert eine fertige SolarzelleBild: ARISE Technologies

Das Industriegebiet der 13.000-Seelen-Gemeinde Bischofswerda unweit der deutsch-tschechischen Grenze liegt eingebettet in saftig grüne Hügel. Auf einem von ihnen steht der graue Klotz, an dem Arbeiter aus den Niederlanden, Deutschland und Italien sechs Monate gearbeitet haben. Im Sommer startet das kanadische Unternehmen ARISE Technologies hier die Serienproduktion, 1500 Solarzellen werden dann stündlich vom Band laufen.

Arbeitsplatzmotor und Hoffnungsträger für die Region

Graues Gebäude umgeben von einer Baustelle
Am Stadtrand von Bischofswerda wachsen die Fertigungsanlagen von ARISE TechnologiesBild: ARISE Technologies

Noch muss improvisiert werden. Auf dem Dach der großen Aluminiumhalle wird gehämmert und verschraubt, Bagger planieren das Brachland. Der niederländische Geschäftsführer Sjouke Zijlstra steht zwischen weißen Baucontainern und betrachtet die vor ihm liegende Halle: "Generell glaube ich, wir sind der Hoffnungsträger schlechthin. Und wir werden demnächst auch die größte Firma in Bischofswerda sein."

Für den Anfang braucht das Unternehmen 130 neue Mitarbeiter, davon zehn Ingenieure. Kein Wunder, dass die Kanadier herzlich empfangen wurden, bei mehr als 16 Prozent Arbeitslosigkeit. Doch auch wenn der Solarboom in ganz Ostdeutschland kleine, blühende Inseln schafft - der 62-jährige niederländische Manager Zijlstra bremst allzu viel Enthusiasmus. "Wir produzieren hoch automatisiert, und damit ist die Anzahl der Arbeitsplätze immer noch beschränkt."

Die erste von vier Anlagen steht

Bis regionale Zulieferer von der Solarfabrik profitieren, wird noch etwas Zeit vergehen. Und dann werden es hauptsächlich Kantinenbetreiber, Reinigungsfirmen und Handwerksbetriebe sein. Auch Solarvisionen brauchen Zeit, sagt Sjouke Zijlstra auf dem Weg in die Produktionshalle.

Die erste Anlage ist angekommen, vier sollen es werden. Eine Linie, das ist ein langer blauer Stahl-Lindwurm, der eine ganze Hallenlänge misst. Vorne wird das Rohmaterial, mausgraue dünne Siliziumscheiben, aufs Band gelegt. Nach 80 Metern kommen hinten funkelnde, blaue Solarzellen wieder heraus.

Ökostrom allein reicht nicht für die Produktion

Mit höchster Präzision werden die Scheiben gereinigt, mit Chemikalien behandelt und veredelt. Viele Arbeitsschritte, die eine Unmenge Energie kosten. Nur einen kleinen Teil davon wird der Solarkonzern mit Ökostrom aus eigenen Anlagen gewinnen, die auf dem Dach aufgebaut werden. "Die Energiemenge, die wir brauchen, ist zu groß, um das aus einem Modul zu beschaffen", erklärt Zijlstra und geht weiter ans Ende der Produktionslinie.

Hohe Subventionen locken Investoren nach Sachsen

Mitarbeiter steht vor Kontrollfenster einer Produktionslinie
Eine Produktionslinie misst rund 80 Meter - am Ende spuckt sie blau funkelnde Solarzellen ausBild: ARISE Technologies

Dort wird die Qualität der Zellen hinter einer Glaswand überprüft. Lichtblitze sausen um die blauen Scheiben. Die produziert das kanadische Hightech-Unternehmen nicht zufällig hier in Bischofswerda: Natürlich hätten Subventionen von Bund und EU eine Rolle gespielt, sagt der Geschäftsführer. "Wir bekommen hier 50 Prozent Förderung, in Nordrheinwestfalen wäre das in der Größenordnung von 25 bis 30 Prozent. Das ist bei einer Gesamtinvestitionssumme von 50 Millionen Euro ein erheblicher Betrag. Das muss man erst mal verdienen."

Sieben Jahre buhlte Bischofswerdas Oberbürgermeister Andreas Erler um Investoren, bis ihm der große Fang glückte. Er glaubt, ARISE sucht in Bischofswerda vor allem die Nähe zu den vielen führenden Solar-Forschungsinstituten der Region wie zum Beispiel der Technischen Universität Dresden.

"Wenn eine Firma anfängt, zieht das andere an"

Der kanadische Investor ist zuversichtlich was Bischofswerda und die Weiterentwicklung der eigenen Solarzellen angeht. Läuft alles nach Plan, dann sollen im Industrie-Gebiet Bischofswerda neun weitere Produktionshallen von ARISE gebaut werden. Und damit wird nach Ansicht Zijlstras nicht Schluss sein: "Wenn irgendwann mal eine Firma anfängt, dann zieht das auch andere an."

Er könnte Recht behalten: jüngst haben sich angeblich zwei Betriebe in Bischofswerda umgeschaut, die aus Solarzellen fertige Module bauen wollen. Es scheint, dass das Ende des ostdeutschen Solarmärchens noch nicht in Sicht ist.