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Hilfe nicht erwünscht

Bernd Riegert13. September 2013

Die EU-Finanzminister bieten Slowenien Hilfe bei der Rettung seiner maroden Banken an, bevor alles noch schlimmer wird. Fünf Länder sind unter dem Rettungsschirm. Slowenien möchte nicht Nummer sechs werden.

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epa03865605 Lithuanian Minister of Finance Rimantas Sadzius (R) welcomes Slovenian Minister of Finance Uros Cufer during an informal meeting of European Union Finance Ministers in Vilnius, Lithuania, 13 September 2013. EPA/VALDA KALNINA LATVIA OUT/LITHUANIA OUT/ESTONIA OUT
Hier gehts lang: Sloweniens Finanzminister Uroš Čufer (li.) wird der Weg gewiesenBild: picture-alliance/dpa

Der slowenische Finanzminister Uroš Čufer musste seinen Finanzminister-Kollegen aus den übrigen 16 Euro-Staaten beim informellen Treffen in Vilnius genau erklären, wie sich Slowenien aus der Bankenkrise befreien will, die den gesamten Staatshaushalt bedroht. Der Chef der Euro-Gruppe, Jereon Dijsselbloem, hatte das Thema Slowenien kurzfristig auf die Tagesordnung gesetzt. Die Banken in Slowenien sitzen seit Jahren auf faulen Immobilien-Krediten, deren Höhe auf rund sieben Milliarden Euro geschätzt wird.

Zwei kleinere Banken will die slowenische Regierung nun abwickeln und etwa eine Milliarde Euro dazuschießen, erläuterte Finanzminister Čufer. "Wir haben noch genug Geld in der Kasse", sagte Čufer knapp. Das dies nur der Anfang einer gründlichen Sanierung sein kann, machte der Vorsitzende der Euro-Gruppe, der niederländische Finanzminister Jereon Dijsselbloem mit diplomatischen Worten klar. "Slowenien hat vorigen Freitag bereits damit begonnen, zwei kleinere Banken abzuwickeln. Wir haben betont, wie wichtig es ist, dass Slowenien Rat bei der Europäischen Zentralbank und der Europäischen Kommission sucht und die Zusammenarbeit anstrebt, um die Probleme im Finanzsektor zu lösen", so Dijsselboom nach den informellen Gesprächen.

Slowenien: Krisenland Nummer sechs unter dem Rettungsschirm?

Die Zentralbank möchte, dass sich Slowenien - nach monatelangem Zögern - Geld beim Rettungsfonds ESM besorgt. Die EZB möchte nicht länger die Mehrheit der 18 Banken in Slowenien mit Notfallkrediten über Wasser halten müssen. Die slowenische Regierung tut sich schwer, angesichts schlechter Zeugnisse durch die Ratingagenturen Geld für die Bankenrettung durch neue Schulden zu besorgen.

President of the Eurogroup Jeroen Dijsselbloem speaks during a news conference of the Informal Meeting of Ministers for Economic and Financial Affairs (ECOFIN) in the National Art Gallery in Vilnius, Lithuania, Friday, Sept. 13, 2013. (AP Photo/Mindaugas Kulbis)
Stresstest beschleunigen: Eurogruppen-Chef DijsselbloemBild: picture alliance/AP Photo

Unter den Rettungsschirm schlüpfen will man trotzdem nicht. Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble zeigte sich nicht erpicht darauf, noch vor der Bundestagswahl in zehn Tagen neue Rettungspakete zu diskutieren. "Slowenien sagt selber, sie brauchen es nicht. Ich glaube, wenn sie konsequent bei dem Kurs bleiben, von dem sie gesagt haben, dass sie ihn machen, dann schaffen sie es ohne."

Zu früh für neue Diskussion um Griechenland

Der wesentliche größere Rettungskandidat ist Griechenland, das bereits 350 Milliarden Euro an internationaler Hilfe erhalten hat. Dort beginnt am kommenden Montag (16.09.2013) die nächste Überprüfung der Staatsfinanzen und Wirtschaftsreformen durch die Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds. Im Dezember, wenn die Troika die aktuellen Zahlen vorlegt, will Eurogruppen-Chef Dijsselbloen diskutieren, wie viele zusätzliche Gelder Griechenland nach dem Auslaufen des aktuellen Hilfspaketes Ende 2014 braucht. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat es mit Diskussionen über Griechenland überhaupt nicht eilig. Er wiederholte seine Aussage, die im deutschen Wahlkampf für Wirbel gesorgt hatte. "Da das Programm bis Ende des Jahres 2014 läuft, aber die Schuldentragfähigkeit Griechenlands nach der Analyse der Troika erst 2022 wieder erreicht wird, ist klar, dass es einen restlichen Finanzierungsbedarf nach der Programmlaufzeit geben kann. Ob und was das sein wird, werden wir Mitte 2014 prüfen", so Schäuble.

epa03865673 German Minister of Finance Wolfgang Schaeuble and member of the Executive Board of the European Central Bank Jorg Asmussen (L) during an informal meeting of European Union Finance Ministers in Vilnius, Lithuania, 13 September 2013. EPA/VALDA KALNINA LATVIA OUT/LITHUANIA OUT/ESTONIA OUT
Nachdenken über Griechenland: Finanzminister Schäuble (re.)Bild: picture-alliance/dpa

Ob Griechenland eventuell einen Schuldenerlass durch die staatlichen Gläubiger oder den Rettungsfonds ESM brauchen wird, darüber wurde in Vilnius offiziell nicht gesprochen. Einen Schuldenschnitt könne man heute weder ausschließen noch befürworten, glaubt der Ökonom Jannis Emmanouilidis von der Brüssler Denkfabrik "European Policy Centre": "Die ganzen Diskussionen sind bisher sehr vage und sprechen von Zahlen, die am Ende größer oder auch kleiner sein können. Sicher ist, dass jenseits dessen, was man bisher vereinbart hat, es weitere Unterstützungsleistungen geben wird. Die Frage ist in welcher Form", so Emmanouilidis.

Programme für Spanien, Irland und Portugal laufen aus

Bei diesem informellen Treffen wollten die Finanzminister der Euro-Staaten den Ball offensichtlich flach halten. Entscheidungen wurden auf die Zeit nach den Wahlen in Deutschland verschoben, wenn man weiß, wer in Berlin die nächsten Jahre Finanzminister sein wird. Deutschland trägt als größte Wirtschaftsmacht in der Europäischen Union auch die Hauptlasten der Euro-Rettung. "In den kommenden neun Monaten werden die Programme in Spanien, Irland und Portugal auslaufen. Wie Sie wissen, müssen wir, was Griechenland betrifft, wichtige Entscheidungen treffen. Dabei wird es keine einheitlichen Patentrezepte geben", sagte Oli Rehn, EU-Kommissar für Wirtschaft und Währung.

Gastgeber Litauen meisterte Krise ohne Hilfe

In Litauen, dem Gastgeberland des Finanzministertreffens, nimmt man die Diskussionen über Hilfspakte für den Süden eher mitleidig war. Litauen hat eine Wirtschafts- und Finanzkrise erlebt, in der die Gehälter und Löhne real um 30 Prozent gekürzt wurden. Davon ist man in Griechenland noch weit entfernt, sagte Jonas Cicinskas der Deutschen Welle. Der Professor für europäische Studien an der Universität von Vilnius beobachtet das Ministertreffen genau. Die Proteste in Griechenland, Zypern oder Spanien kann er zwar verstehen, im Norden sei man wohl leidensfähiger. "Ich wundere mich auch immer darüber, wie die Gesellschaften in den baltischen Ländern es geschafft haben, diesen öffentlichen Unmut zu vermeiden. Meine Antwort ist, wir sind es einfach immer noch gewohnt, Entbehrungen zu ertragen", so Cicinskas.

Auf dem Bild: Jonas Cicinskas, Professor für Europäische Studien, Institut für Internationale Beziehungen und politische Wissenschaften, Universität Vilnius, Wilna, Litauen. Aufgenommen 13.09.2013 in Vilnius Foto: Bernd Riegert / DW
Baltischer Blick auf die Eurokrise: Jonas CicinskasBild: DW/B.Riegert