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Alibaba ohne 40 Räuber

Frank Sieren9. Februar 2015

Dass Alibaba nach dem erfolgreichsten IT-Börsengang aller Zeiten auch einmal Gegenwind bekommen würde, war zu erwarten. Aber Konzerngründer Jack Ma weiß sich zu wehren, meint DW-Kolumnist Frank Sieren.

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Bild: picture-alliance/dpa

Schon nach vier Monaten testen die Investoren die Alibaba-Aktie an. So ist das Börsengeschäft: Verdient wird nur, wenn sich Aktie bewegt. Und nach oben ging es lange genug. Seit dem Börsenstart hat die Aktie um sagenhafte 45 Prozent zugelegt. In so einer Situation lauern die Händler nur auf eine schlechte Nachricht, um gegen den Kurs zu wetten. Diese kam ausgerechnet von einer chinesischen Aufsichtsbehörde, obwohl die chinesische Politik eigentlich kein Interesse daran haben kann, den Erfolg des Unternehmens zu schmälern - ist es doch ein Botschafter des Aufstiegs Chinas, den man sich nicht besser wünschen kann.

Ärger, den der Staat macht, lässt sich lösen

Dennoch beklagte die staatliche Kommission für Industrie und Handel (SAIC) in Peking, dass Alibaba nicht genug gegen gefälschte Produkte in seinem Online-Angebot vorgeht. Jack Ma regierte prompt und die Behörde ruderte zurück: Die Vorwürfe seien kein offizielles Dokument gewesen und man werde die Probleme gemeinsam lösen. Selbst im zentral gesteuerten China weiß eben manchmal die eine Hand nicht, was die andere will.

Die Börsianer sind jedoch nun trotzig. Alibaba-Gründer Jack Ma musste die Krone des reichsten Chinesen dennoch abgeben und belegt mittlerweile nur noch Platz drei in der Superreichenliste. Der Kurs sank um zehn Prozent. Und das, obwohl der Umsatz im ersten Quartal um satte 40 Prozent - verglichen mit dem Vorjahr - auf 4,2 Milliarden US-Dollar gewachsen ist. Aber der Gewinn fiel um 28 Prozent auf 964 Millionen US-Dollar und entsprach damit nicht den Erwartungen der Börsianer. Diese waren höher, und das Verrückte ist: Sie dürfen die Erwartungen haben - so vermessen diese auch sind. Und sie dürfen hinterher auch noch enttäuscht sein.

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DW-Kolumnist Frank SierenBild: Frank Sieren

Während Ma bei der politischen Aktion intervenieren konnte, bleibt bei den Erwartungen der Börsianer nur "Augen zu und durch". Ma hat keine andere Wahl, als an den Zielen festzuhalten und zu hoffen, dass er sie so schnell wie möglich erreicht: In zehn Jahren soll Alibaba die wichtigste Handelsplattform der Welt sein, mit einem angepeilten Umsatz von mehr als 470 Milliarden US-Dollar (derzeit etwa 13 Milliarden).

Gute Nachrichten für die Börse am Fließband

Ma versucht mit guten Nachrichten, die er derzeit am Fließband liefert, den Trotz der Händler zu brechen. 590 Millionen US-Dollar investiert der Onlinegigant nun in den chinesischen Smartphone Hersteller Meizu. Damit soll Alibabas Betriebssystem gleich in die Telefone integriert werden, die weltweit angeboten werden. Und in China will der Konzern - ähnlich wie US-Konkurrent Amazon - den Einsatz von Flugdrohnen testen, die in einigen Jahren dann bestellte Waren per Luftpost direkt an die Haustür liefern könnten.

Auch mit der schon lange angekündigten Internationalisierung seines Geschäfts macht Alibaba nun offenbar ernst. In den USA will Alibaba künftig mit der amerikanischen Kreditplattform Lending Club zusammenarbeiten, um amerikanischen Unternehmen die Chance zu geben, sich Geld zu borgen und damit sofort in China billig einkaufen zu gehen. Es wird sich zeigen, ob Alibaba nicht nur zu Hause mit der neuen Onlinebank die traditionellen Banken aufscheucht, sondern vielleicht gleich noch in der alten Welt die Banken herausfordern kann. Und auch in Indien verkündete Alibaba Ende vergangener Woche einen Erfolg: Dort hat sich der Konzern Ende der Woche 25 Prozent der Anteile am Online-Bezahldienst One97 gesichert. Ein starkes Indiz dafür, dass Alibaba neben dem bevölkerungsreichsten Land der Welt nun auch den Markt im Land mit der zweitgrößten Bevölkerung aufmischen will.

Und da die Aktie ja viel nachgegeben hat ist es nun sehr wahrscheinlich, dass sie sich wieder bewegt und zwar nach oben. Die cleveren Händler verdienen jetzt zum zweiten Mal.

Unser Kolumnist Frank Sieren gilt als einer der führenden deutschen China-Spezialisten. Er lebt seit 20 Jahren in Peking.