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Sieg der realpolitischen Vernunft

Daniel Scheschkewitz, Washington D.C.23. Mai 2003

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat am Donnerstag (22.5.) eine Irak-Resolution verabschiedet, mit der die Sanktionen gegen den Irak sofort beendet werden. Daniel Scheschkewitz kommentiert die Entscheidung.

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Kaum drei Wochen haben die 15 Mitglieder im UN-Sicherheitsrat gebraucht, um sich auf eine Resolution zu einigen, die noch vor einigen Wochen undenkbar gewesen wäre. In ihrer Not, andernfalls auch noch jeden Rest von Einfluss auf die Entwicklung im Irak zu verlieren, haben auch Frankreich, Russland und Deutschland trotz ihrer erbitterten Opposition gegen den Krieg die Besatzungsmächte im Irak anerkannt. Unbefristet und mit einer lediglich beschränkten Kontrollfunktion für die internationale Staatengemeinschaft. Ein in der Geschichte der Vereinten Nationen einmaliger Vorgang. Doch angesichts der realpolitischen Fakten und der angespannten bilateralen Beziehungen zur US-Regierung unter George Bush blieb wohl keine andere Wahl.

Immerhin konnten den Amerikanern einige wichtige Konzessionen abgerungen werden. Die Rolle der UN im Wiederaufbauprozess ist aufgewertet worden. Statt eines Koordinators für humanitäre Angelegenheiten wird es nun einen UN-Sonderbeauftragten im Irak geben, der auf gleicher Augenhöhe mit den Besatzungsmächten verhandeln kann. Die Altschulden des Irak werden in der Resolution anerkannt, auch wenn unklar bleibt, wann und in welchem Umfang sie zurückbezahlt werden. Internationale Institutionen wie die Weltbank und der Internationale Währungsfonds bekommen ein Mitspracherecht bei der Verwaltung der irakischen Öl-Einkünfte, die in einen Entwicklungsfonds fließen, der von den Besatzungsmächten eingerichtet wird. Auch die UN-Waffeninspektoren können nach dieser Resolution zu einem späteren Zeitpunkt in den Irak zurückkehren, um sich davon zu überzeugen, dass es keine Massenvernichtungswaffen mehr gibt.

Die einstimmige Annahme der Resolution - Syrien blieb der Abstimmung fern - zeigt, dass es den Diplomaten gelungen ist, die vor dem Krieg aufgerissenen Gräben zu zu schütten. Rechtzeitig vor dem G8-Gipfel, bei dem es in einer Woche (31.5./1.6.) zur ersten Zusammenkunft zwischen US-Präsident George W. Bush und der Achse der jetzt beschwichtigten Kriegsgegner kommen wird. Rechtzeitig genug, um auch den Wiederaufbau im Irak in vernünftige Bahnen zu lenken.

Durch das Ende der Sanktionen wird das Öl-für-Lebensmittel-Programm der Vereinten Nationen in absehbarer Zeit überflüssig und die Menschen im Irak erhalten die Möglichkeit, auch wirtschaftlich wieder von ihren eigenen Ressourcen zu leben. Wichtiger noch: Sie haben nun die Möglichkeit, als vollwertiges und respektiertes Mitglied in die internationale Staatengemeinschaft zurückzukehren und ihre Hilfe im Wiederaufbau des Landes in Anspruch zu nehmen.

Nach der Resolution muss der Wiederaufbauprozess im Irak nach einem Jahr vom Sicherheitsrat geprüft werden. Die Besatzungsmächte wollen dem Sicherheitsrat außerdem regelmäßig Bericht erstatten – so gesehen bleiben die USA und Großbritannien auch international in der Verantwortung. Das ist nicht viel, aber mehr als man vor dem Krieg erwarten durfte.