1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Selbstmordattentäter tötet Cousin von Präsident Karsai

Florian Weigand, Masood Saifullah29. Juli 2014

Die Bombe war im Turban versteckt. Die Hintergründe sind noch unklar. Doch schon jetzt fürchten Kenner des Landes: Der Mord könnte Afghanistan weiter destabilisieren.

https://p.dw.com/p/1Clqg
Hashmat Karzai
Präsident Karsais Bruder Haschmat Karsai ist das Opfer des Anschlags.Bild: STR/AFP/Getty Images

Am zweiten Tag der Feierlichkeiten zum Ende des Fastenmonats Ramadan ist ein Cousin des afghanische Präsidenten Hamid Karsai einem Selbstmordattentat zum Opfer gefallen. Er galt als der starke Mann der Präsidentenfamilie im Süden Afghanistans. Wie an hohen islamischen Feiertagen üblich, hatte das Opfer Haschmat Khalil Karsai viele Gäste in seinem Haus in Kandahar empfangen. Unter diese hatte sich der Attentäter gemischt. Die Bombe versteckte er im Turban und zündete sie, als er Haschmat Karsai zur Begrüßung umarmte.

Die Präsidentenfamilie hat damit innerhalb von drei Jahren zum zweiten Mal ein Opfer politischer Gewalt zu beklagen. Am 11. Juli 2011 war Karsais Halbbruder Ahmad Wali, der "König von Kandahar", ermordet worden. Bis heute ist nicht abschließend geklärt, welche Rolle die Taliban dabei spielten.

Hintermänner noch unbekannt

Auch die Hintergründe im gegenwärtigen Fall sind noch ungeklärt. Noch hat niemand die Verantwortung übernommen. Die Taliban schweigen zu der Tat. Unklar bleibt auch, ob Haschmat Karsai seinen Mörder kannte und ihn deshalb ahnungslos umarmte.

Vorbereitungen auf das Zuckerfest Eid al-fitr zum Ende des Ramadan 2014 in Afghanistan
Der Ramadan endet mit dem Zuckerfest Eid. Die Attentäter nutzen die Feierlichkeiten für den Anschlag.Bild: Getty Images/AFP/Shah Marai

In den sozialen Medien schießen unterdessen die Spekulationen ins Kraut. Haschmat Karsai sei von den "Brüdern" der Taliban getötet worden, heißt es in einem Tweet. Der Autor spielt dabei wohl ironisch darauf an, dass Präsident Hamid Karsai die Taliban wiederholt öffentlich als "seine Brüder" bezeichnet hatte, um sie zu einer konstruktiven Rolle in der afghanischen Politik einzuladen. Ein anderer Twitter-Eintrag vermutet dagegen einen Rachenakt in der Familie. Haschmat Karsai wird beschuldigt, für den Tod eines anderen Mitglieds des Clans im Jahr 2009 verantwortlich gewesen zu sein.

Einflussreicher Politiker in Südafghanistan

Haschmat Karsai war sehr einflussreich in Kandahar, der südafghanischen Unruheprovinz, aus der die Präsidentenfamilie stammt. "Die Leute respektierten ihn, hatten aber auch ein wenig Angst vor ihm", sagt Abdul Ghafoor Liwal, der Direktor des Zentrums für Regionalstudien aus Afghanistan im Interview mit der DW.

Afghanistan Wahlen Stimmen werden neu ausgezählt
Die Stimmzettel der umstrittenen Wahlen werden neu ausgezählt.Bild: Reuters

In der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen hatte Haschmat Karsai zunächst seinen Verwandten Qayum Karsai unterstützt. Nachdem dieser aber bei der Wahl scheiterte, wechselte Haschmat Karsai in das Team von Ashraf Ghani. Ghani ist einer der beiden Kandidaten, die seit Mitte Juni in einer Stichwahl um die Präsidentschaft kämpfen. Neben seiner politischen Tätigkeit erlangte Haschmat Karsai international an Bekanntheit, weil er sich einen kleinen Löwen als Haustier hielt.

Afghanistan soll destabilisiert werden

Der Tod von Haschmat Karsai schürt Ängste. "Ich denke, der Vorfall wird schwerwiegende Auswirkungen nicht nur für die Provinz Kandahar, sondern für das ganze Land haben", sagt Liwal. Haschmat Karsai "galt als einer der wichtigsten Pfeiler der Stabilität in Kandahar". Er spekuliert, dass Geheimdienste der Nachbarländer hinter derartigen Anschlägen stünden. Es gehe darum, Afghanistan "weiter zu destabilisieren".

Im Augenblick steht Afghanistan in einer der wichtigsten Phasen der jüngeren Geschichte des Landes. Seit Monaten hält eine schwierige Präsidentenwahl das Land in Atem. Nachdem in einem ersten Wahlgang im April keiner der Kandidaten die absolute Mehrheit erringen konnte, traten in einer Stichwahl im Juni die beiden Spitzenreiter Ashraf Ghani und Abdullah Abdullah gegeneinander an. Abdullah Abdullah beschuldigt seinen Opponenten Ghani des Wahlbetrugs in "industriellem Ausmaß". Das Ergebnis lässt daher auf sich warten, da alle Stimmen erneut überprüft werden. Gleichzeitig stehen die internationalen Truppen vor ihrem Abzug zum Ende des Jahres.

Der Sprecher des Wahlkampfteams von Ashraf Ghani, Sadiq Patman, sagte in einer ersten Stellungnahme, hinter dem Anschlag stünden "Feinde Afghanistans". Auch wenn zum zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine bestimmte Gruppe verantwortlich gemacht werden könne, zeige der Anschlag aber, wie "barbarisch die Feinde Afghanistan sind".