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Segun: "Faire Prozesse für Boko Haram Mitglieder"

Suleiman Babayo/sd26. September 2014

Nigerias Armee brüstet sich mit Festnahmen von Boko Haram Mitgliedern. Viele dieser Häftlinge landen nie vor einem ordentlichen Gericht, kritisiert Mausi Segun von Human Rights Watch. Und andere verschwinden spurlos.

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Angriff von Boko Haram im nordöstlichen Stadt Konduga nahe Maiduguri / Nigeria (Foto: epa)
Bild: dpa

DW: In den letzten Tagen überschlagen sich die Erfolgsmeldungen des nigerianischen Militärs im Kampf gegen Boko Haram: Mitglieder der Terrormiliz seien getötet worden, auch von Festnahmen ist die Rede. Was wissen Sie über den Umgang mit Häftlingen?

Mausi Segun: Unsere Recherchen über den Umgang mit mutmaßlichen Boko Haram Anhängern zeigen, dass etwa 100 Personen, die vom Militär verhaftet wurden, danach einfach verschwunden sind. Es gibt keinerlei Hinweise über ihren Verbleib oder ob sie von irgendeinem Gericht verurteilt wurden.

Nach Angaben des Justizministers seien 40 Personen wegen "terroristischer Handlungen" verurteilt worden. Wir haben hingegen tausende Fälle von Terrorverdächtigen dokumentiert, die von Sicherheitskräften im Nordosten Nigerias festgenommen wurden. Wo sind diese Menschen? Haben sie ein ordentliches Verfahren bekommen? Wenn ja, warum erfährt die Öffentlichkeit nichts davon? Das sind alles Fragen, die wir gern von der nigerianischen Regierung beantwortet hätten. Denn Nigerias Verfassung schreibt einen fairen Prozess vor - und das sollte auch von den nigerianischen Behörden gewährleistet werden. Folter ist in Nigeria verboten. Außergerichtliche Hinrichtungen müssen unbedingt dazu gezählt werden.

Wie kann denn erreicht werden, dass die Verdächtigen ein ordentliches Verfahren bekommen und dass ihre Rechte gewahrt werden?

Es ist die Pflicht aller, die sich um die Menschenrechte sorgen, die nigerianischen Behörden nachdrücklich zur Verantwortung zu ziehen. Es ist Nigerias Pflicht, sich an nationales und internationales Recht zu halten. Inzwischen hat auch der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag eine genaue Untersuchung der Situation in Nigeria begonnen. Das sind alles sehr wichtige Maßnahmen, um die nigerianische Regierung daran zu erinnern, dass sie ihre Pflichten im Rahmen der Gesetzgebung zu erfüllen hat.

Hat Ihre Organisation Human Rights Watch denn Kontakt zu den Inhaftierten?

Ja natürlich, wir haben mit vielen Menschen gesprochen, die in Polizeigewahrsam waren - zum Beispiel in Maiduguri, aber auch an anderen Orten. Sie haben uns von ihren Erfahrungen berichtet, und was ihnen von den Behörden angetan wurde. Die Ergebnisse unserer Recherchen haben wir erst kürzlich in einem Bericht veröffentlicht.

Auf Empfehlung zahlreicher Menschenrechtsorganisationen und auch des Internationalen Strafgerichtshofs hat Nigerias Regierung eine Untersuchungskommission einberufen, die die Situation der Häftlinge im Nordosten überprüfen soll. Am Ende der Untersuchung sind 1200 Häftlinge gezählt worden. Wir glauben, es sind bei Weitem mehr, etwa 1400 Menschen. Es bleibt die Frage, was mit all diesen Menschen passiert ist? Die Kommission empfahl, 500 dieser Häftlinge zu verurteilen. Die nigerianische Regierung bleibt allerdings eine Antwort schuldig, ob diese Verurteilungen bereits stattgefunden haben. Die gleiche Kommission empfahl auch, dass über 600 Häftlinge freigelassen werden sollen. Auch da haben wir keine Informationen, ob das bereits geschehen ist. Wir wollen sicherstellen, dass unschuldige Menschen nicht leiden und dass bestätigte Anhänger von Boko Haram ordnungsgemäß einem Richter vorgeführt werden.

Mausi Segun arbeitet für die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch in Nigerias Hauptstadt Abuja.

Das Interview führte Suleiman Babayo (DW Haussa).