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Rechtspopulisten im schwedischen Parlament

20. September 2010

Die rechtsradikale Partei "Schwedendemokraten" schaffte den Einzug in das schwedische Parlament. In vielen europäischen Staaten haben sich ausländerfeindliche Parteien auf nationaler Ebene etabliert. Ein Überblick:

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Jung und rechts: Parteichef AkessonBild: AP

Der ehemalige Christdemokrat Jimme Akesson formte aus der ehemaligen Neo-Nazi-Truppe "Schwedendemokraten" in den letzten Jahren eine Partei, die sich besonders gegen Einwanderung einsetzt. Der Islam sei mit schwedischen Werten nicht zu vereinbaren. Die Mitgliedschaft Schwedens in der Europäischen Union wird von dem erst 31 Jahren alten Parteichef in Frage gestellt. Der Erfolg der "Schwedendemokraten" bei den Wahlen zeigt, dass die als tolerant geltende schwedische Gesellschaft offenbar bei der Integration der Einwanderer ein Problem hat. Das schwedische Magazin "Expo", das rechtsradikale Parteien beobachtet, schreibt, dass die "Schwedendemokraten" einen klaren rassistischen Hintergrund hätten. "Es gab ein klares Bedürfnis für eine Partei, die gegen islamische Einwanderer und eine multikulturelle Gesellschaft auftritt", so Daniel Poohl, Chefredakteur von "Expo". Eine Beteiligung der "Schwedenpartei" an einer künftigen Regierungskoalition hat Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt ausgeschlossen.

Dänemark Wahlen Pia Kjaersgaard
Pia Kjaersgaard an der UrneBild: AP

Dänemark

Ganz anders ist das zum Beispiel in Dänemark. Die "Dänische Volkspartei", die sich ebenfalls gegen Überfremdung und Zuwanderung ausspricht, hat bei der Wahl im Jahr 2007 13,8 Prozent der Stimmen erreicht. Ihre Parteichefin Pia Kjaersgaard gilt als Königsmacherin in Kopenhagen. Der konservative Regierungschef Lars Lökke Rasmussen braucht die Abgeordneten der "Dänischen Volkspartei" im Parlament. Die "Dänische Volkspartei" konnte vor allem nach dem Streit um die Mohammed-Karikaturen 2005 und 2006 kräftig zulegen. Die Volkspartei gilt als Vorbild für die "Schwedendemokraten". Parteichefin Kjaersgaard hat den schwedischen Ableger aktiv im Wahlkampf unterstützt.

Italien

An der Regierung beteiligt ist die rechtspopulistische Lega Nord schon seit Jahren in Italien. Ministerpräsident Silvio Berlusconi kann sich nur mit Hilfe der Lega Nord an der Macht halten. Zusammen mit Lega-Nord-Chef Umberto Bossi versucht Berlusconi im Moment seinen ehemaligen Verbündeten Gianfranco Fini aus der eigenen Partei als Parlamentspräsidenten abzusetzen. Die Lega Nord gilt als ausländer- und zuwanderungsfeindlich. Sie tritt auch für ein möglichst autonomes Norditalien ein, das den ärmeren Süden Italiens nicht mehr mitfinanzieren sollte.

Geert Wilders
Radikale Kritik am Islam: Geert WildersBild: picture-alliance/ dpa

Niederlande

Gute Chancen bald an einer Regierung beteiligt zu werden, hat die rechtspopulistische "Partei für die Freiheit" in den Niederlanden. Jede mögliche konservative Koalitionsregierung wäre auf eine Zusammenarbeit mit der islam-kritischen Partei von Geert Wilders angewiesen. Wilders' Partei wurde bei den Wahlen im Juni 2010 drittstärkste Kraft. Noch sind die Verhandlungen über eine Regierungsbildung in Den Haag in vollem Gange. Würde heute gewählt, wäre die "Partei für die Freiheit" laut Umfragen sogar die stärkste Partei im Parlament. Geert Wilders setzt sich gegen Gesichtsschleier, die Verbreitung des Koran und islamische Schulen in den Niederlanden ein.

Belgien

Im Nachbarland Belgien wird seit den Wahlen im Juni fast schon verzweifelt nach einer Regierungskoalition gesucht, die die zerstrittenen Flamen und Wallonen unter einen Hut bringen könnte. Die flämischen Separatisten unter ihrem Chef Bar De Wever geben sich national-flämisch gesinnt, sind aber nicht explizit gegen Einwanderung. Die ausländerfeindliche Partei "Vlaams Belang" ist hingegen geschrumpft und kam nur noch auf 7,8 Prozent der Stimmen, nach fast zwölf Prozent bei den Wahlen 2007. Belgien ist mit Zustimmung auch linker Parteien dabei, das Tragen von Ganzkörperschleiern in der Öffentlichkeit zu verbieten.

Österreich

An der Regierung in Österreich war die "Freiheitliche Partei Österreichs" mit ihrem damaligen Vorsitzenden Jörg Haider in einer Koalition mit den Konservativen. Heute ist die fremdenfeindliche, populistische Partei drittstärkste Kraft im Parlament. Es regiert aber eine in Österreich nicht ungewöhnliche große Koalition aus Sozialdemokraten und Konservativen. Von der "Freiheitlichen Partei Österreichs" hat sich das rechtsradikale Bündnis BZÖ abgespalten. Beide Parteien kommen zusammen auf einen Stimmenanteil von 28 Prozent. Mit der Forderung Minarette und Gesichtsschleier zu verbieten, ist der FPÖ-Vorsitzende Heinz-Christian Strache in den Kommunalwahlkampf gezogen. Er will im kommenden Monat Bürgermeister der Hauptstadt Wien werden.

Ungarn Wahlen Jobbik Krisztina Morvai ungarische Garde
Jobbik-Chefin Krisztina Morvai hat eine uniformierte Partei-GardeBild: AP

Ungarn

Nicht offen ausländerfeindlich, aber doch national und rechtspopulistisch gesinnt, gibt sich die Regierungspartei "Bund Junger Demokraten" (FIDESZ) in Ungarn. Die FIDESZ errang unter ihrem Parteichef Viktor Orban im April einen erdrutschartigen Sieg und verfügt über zwei Drittel der Parlamentssitze. Die rechtsextreme und offen judenfeindliche Partei "Jobbik" kam im April zum ersten Mal ins Parlament und erreichte einen Stimmenanteil von 17 Prozent. Die "Jobbik" spricht sich dafür aus, Roma in Lager einzusperren, weil sie angeblich die öffentliche Sicherheit bedrohen würden. Die Partei könnte bei den Kommunalwahlen am 03.10.2010 noch weiter zulegen.

Bulgarien

Eine offen Roma-feindliche Partei findet sich auch in Bulgarien im Parlament. Die "Partei gegen Roma-Angriffe" ATAKA erreichte im letzten Jahr fast zehn Prozent der Stimmen und setzt sich für die Auflösung von Roma-Ghettos ein. Roma-Familien, deren Kinder nicht zur Schule gehen, sollten keine Sozialleistungen mehr erhalten. Auch Juden, Türken und Homosexuelle werden angefeindet. ATAKA verfügt über einen eigenen Fernsehsender.

Jean Marie Le Pen 1. Mai in Frankreich Paris
Zwei rechte Generationen: Marine und Jean-Marie Le PenBild: AP

Frankreich

Populistische Züge hat auch die aktuelle Roma-Politik des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy. Er läßt gegen den Widerstand der EU-Kommission illegale Roma-Lager schließen und die Menschen nach Rumänien oder Bulgarien ausfliegen. In Frankreich hat sich bereits seit den 1980er Jahren eine rechtsradikale Partei etabliert: Die "Nationale Front" unter Führung von Jean-Marie Le Pen. Im Jahr 2002 trat Le Pen sogar bei den Präsidentschaftswahlen an und erreichte die Stichwahl. Er verlor gegen den konservativen Jacques Chirac. Präsident Sarkozy besetzte populistische Themen und konnte die "Nationale Front" so niederhalten, doch seit den Regionalwahlen im März sind die Rechten wieder im Aufwind. Der 82 Jahre alte Le Pen wird die Führung der Partei wohl bald an seine Tochter abgeben.

Weitere große EU-Staaten

In Spanien, Deutschland und Großbritannien spielen rechtsradikale Parteien auf nationaler Ebene keine Rolle. In Großbritannien will die konservativ-liberale Koalition die Regeln für Einwanderung jetzt verschärfen. Die rechtsradikale "Britisch National Party" spielt keine große Rolle. In Deutschland sind rechtsradikale Parteien in einigen Gemeinde- und Länderparlamenten vertreten. Umfragen zeigen aber, dass eine neue Partei am rechten Rand, die sich gegen Einwanderung wenden würde, durchaus Chancen hätte, auch in den Bundestag zu gelangen. Noch gibt es aber keine national bedeutende Partei rechts von CDU und bayrischer CSU.

Europäisches Parlament

Im Europäischen Parlament ist der europäische Trend hin zu rechtspopulistischen Parteien erkennbar. Bei den letzten Wahlen in der EU im Jahr 2009 legten die rechtsradikalen, nationalistischen oder ausländerfeindlichen Gruppierungen deutlich zu. Insgesamt bleibt die Zahl der Abgeordneten aber weit unter zehn Prozent. Da sie untereinander sehr zerstritten sind, gelang es bislang nicht, eine rechtsradikale Fraktion zu gründen. Besonders aus kleinen Ländern und aus osteuropäischen Staaten schafften es rechtsradikale Abgeordnete ins Europäische Parlament. Belgien: Vlaams Belang 2 Sitze, Bulgarien: Ataka 2 Sitze, Dänemark: Dänische Volkspartei 2 Sitze, Finnland: Wahre Finnen 2 Sitze, Frankreich: Nationale Front 3 Sitze, Großbritannien: British National Party 2 Sitze, Italien: Lega Nord 9 Sitze, Litauen: Ordnung und Gerechtigkeit 2 Sitze, Niederlande: Partei für die Freiheit 4 Sitze, Österreich: FPÖ 2 Sitze, Rumänien: Partei Großrumänien 3 Sitze.

Schweiz

In der Schweiz stellen die rechtsgerichteten Populisten von der "Schweizer Volkspartei" die größte Fraktion im Parlament. Im Wahlkampf 2007 schlug die SVP ausländerfeindliche Töne an und kam auf einen Stimmenanteil von 27 Prozent. Ihr Chef, Christian Blocher, setzt sich für die schnellere Abschiebung von straffälligen Ausländern ein. In einer Volksabstimmung votierten die Schweizer gegen die Errichtung neuer Minarette an Moscheen.

Autor: Bernd Riegert (dpa, rtr)
Redaktion: Gero Rueter