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Schwarz-Grün vom Tisch

Naomi Conrad16. Oktober 2013

Es sollten die angekündigten "ernsthaften" Gespräche werden: Sechs Stunden haben Union und Grüne "in guter Atmosphäre" benötigt, um letztlich ihr Scheitern einzugestehen. Das tat vor allem Einem leid.

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Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann von den Grünen nach den Sondierungsgesprächen mit der CDU/CSU. Foto: Rainer Jensen (dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Die Türen waren zwar die ganze Zeit über fest verschlossen, dennoch sickerten immer wieder Informationen über die schwarz-grüne Sondierung zu den wartenden Journalisten durch: Die Gespräche zwischen CDU/CSU und Grünen in der Parlamentarischen Gesellschaft seien freundschaftlich, inhaltlich gebe es aber nur wenig Annäherung. Große Differenzen bestünden etwa bei den Themen Agrar und Verkehr. Aber auch beim flächendeckenden Mindestlohn, der von den Grünen vehement gefordert wird, zeichne sich keine Einigung ab.

Kurz vor 23 Uhr endeten die Gespräche, doch die Türen blieben weiterhin zu: Die Grünen-Delegation zog sich zurück. Wie angekündigt wollte sie unmittelbar im Anschluss an die zweite Sondierungsrunde über einen möglichen Einstieg in Koalitionsverhandlungen entscheiden - und das dauerte. Währenddessen saßen auch die Vertreter der Unionsparteien bei Nachgesprächen zusammen und stellten sich längst darauf ein, dass die Gespräche mit den Grünen beendet sind.

"Keine Koalitionsverhandlungen"

Mitglieder der CDU/CSU auf dem Weg zu den Sondierungsgesprächen mit den Grünen. Foto: Sean Gallup
CDU/CSU-Verhandlungsteam: Unüberbrückbar oder nicht?Bild: Getty Images

Um Viertel vor Eins in der Nacht war es dann soweit: CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe gab den Journalisten bekannt, dass es "nicht zur Fortsetzung von Sondierungsgesprächen kommen wird". Man habe eine ganze Bandbreite von Themen besprochen. Die Union sei "ergebnisoffen" in das Gespräch gegangen, etwa bei Knackpunkten wie Flüchtlingspolitik und Landwirtschaft. Aber ein „klares Nein“ habe man den "massiven Steuererhöhungen" geben müssen, die von den Grünen gefordert wurden. Für CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt haben die Grünen klar gemacht, dass hier "eine Schwelle ist, über die sie nicht gehen". Die Grünen hätten schon einen großen Schritt getan. Letztlich seien die "unüberbrückbaren Probleme" aber zu groß gewesen, sagte Dobrindt. Das hat sein Parteichef Horst Seehofer offenbar anders gesehen: Er bedauerte das Ende der Gespräche mit den Grünen: "Wir hätten die Punkte, die noch im Raum standen, für überwindbar gehalten", sagte Seehofer am frühen Morgen in Berlin. Für die Zukunft könnten die Erfahrungen aber positiv wirken.

Man habe sachliche und intensive, kurzum "schöne Gespräche" geführt, bestätigte denn auch die scheidende Grünen-Chefin Claudia Roth, die zusammen mit dem Co-Vorsitzenden Cem Özdemir ans Mikrophon trat. Aber letztlich habe man sich entschieden, die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen nicht zu empfehlen: Eine Grundlage für eine gemeinsame Regierung "scheint uns so nicht gegeben." Gefreut habe es sie allerdings, dass es durchaus eine Offenheit bei sozialen Fragen gegeben hätte, etwa bei der Flüchtlingspolitik oder beim Staatsbürgerrecht. All das deute auf eine "andere politische Kultur im Umgang miteinander", sagte Roth. Bei der Frage der Energiewende seien die Gespräche dagegen von Seiten der Union "diffus und wenig konkret" geblieben. Differenzen habe es auch bei der Finanzierung von Investitionen, der Klimaschutzpolitik oder der Bürgerversicherung gegeben.

Claudia Roth und Cem Özdemir von den Grünen nach den Sondierungsgesprächen mit der CDU/CSU. Foto: Rainer Jensen (dpa)
"Schöne Gespräche", aber noch zu viele Differenzen: Die Grünen nach dem Sondierungs-AusBild: picture-alliance/dpa

"Brücken bleiben"

Özdemir lobte die "ernsthafte Suche von Möglichkeiten, ob man zueinander kommt". Die Brücken, die man zu bauen versucht habe, seien aber nicht stark genug, um die nächsten vier Jahre zu halten. Natürlich sei das bedauerlich: "Das wäre schon spannend gewesen." Der Grüne betonte allerdings mit Blick auf eine künftige Zusammenarbeit mit der Union, dass die Tür nicht "zugenagelt" worden sei.

Mit der Entscheidung der Grünen kommt es nicht zwangsläufig zur Großen Koalition: Am Wochenende trifft sich der SPD-Parteikonvent, der formal über die Aufnahme der Koalitionsverhandlungen entscheiden soll. Union und SPD hatten bereits am Montagabend ihre zweite Gesprächsrunde absolviert, eine dritte soll nach Angaben von Unionspolitiker Gröhe am Donnerstag folgen. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles will noch vor Sonntag dem Parteikonvent eine Empfehlung aussprechen.

Große Koalition nicht zwangsläufig

Sollten sich die sozialdemokratischen Parteimitglieder dagegen entscheiden, mit den Unionsparteien über ein gemeinsames Regierungsprogramm zu verhandeln, bleiben neben Neuwahlen zwei theoretische Möglichkeiten: Eine Minderheitsregierung der Union oder eine Koalition von SPD, Grünen und Linken. Doch solch eine Rot-Rot-Grüne-Koalition war von führenden SPD-Politikern immer wieder kategorisch ausgeschlossen worden.

Vielleicht muss Kanzlerin Angela Merkel ja doch noch einmal bei den Grünen anklopfen.