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Neue Regierung im Kosovo

Bahri Cani9. Dezember 2014

Im Kosovo haben sich die beiden größten Parteien nach langer politischer Krise auf einen neuen Ministerpräsidenten geeinigt. Er muss jetzt viele Reformen umsetzen, fordert der CDU-Außenpolitiker Andreas Schockenhoff.

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Andreas Schockenhoff (Foto: Andreas Schockenhoff CDU/CSU)
Bild: imago

DW: Das Kosovo hat die sogenannte Große Koalition bekommen. Sie waren selber vergangene Woche im Kosovo, haben dort mit verantwortlichen Politikern geredet. Wie bewerten Sie diese Große Koalition, ist das die beste Lösung für das Kosovo?

Andreas Schockenhoff: Es ist sechs Monaten nach der Wahl ein Zeichen, dass die Parteien gewillt sind, mit diesem Wahlergebnis eine konstruktive Arbeit zu machen. Es gibt keine Blockade mehr, die Demokratie funktioniert. Es ist bei den jetzigen Mehrheitsverhältnissen die beste Lösung für das Kosovo, und es zeigt, dass die Parteien auch über ihre eigene Programmatik hinaus für das Land konstruktiv zusammenstehen. Vor allem gibt es durch diese Koalition die Perspektive, dass jetzt über vier Jahre, über eine volle Legislaturperiode gearbeitet werden kann. Das gibt dem Land Stabilität.

Das klingt sehr optimistisch, aber die Herausforderungen sind sehr groß. Der neue Premierminister Isa Mustafa wird viel zu tun haben. Was erwartet Deutschland von ihm und der neuen Regierung im Kosovo?

Beide Koalitionspartner, die Demokratische Liga des Kosovo (LDK) und die Demokratische Partei des Kosovo (PDK), haben erklärt, dass sie den Dialog fortsetzen wollen und dass sie eine klare europäische Perspektive wollen. Es ist auch für die Menschen im Kosovo das Entscheidende, dass auf jeden Fall das Land seine Zukunft in Europa sieht. Man strebt die Integration in den europäischen Markt und in einen europäischen Rechtsraum an, was auch Rechtsstaatsreformen voraussetzt. Es ist eine sehr, sehr schwere Aufgabe, da haben Sie Recht, aber die beiden Koalitionspartner haben sich unzweideutig dazu bekannt.

Welche Rolle spielen die neuen personellen Lösungen - Isa Mustafa als neuer Premierminister und Hashim Thaci als künftiger Außenminister des Kosovo?

Es war auf jeden Fall richtig, dass es einen neuen Premierminister gibt, denn die neue Regierung ist nicht einfach eine Fortsetzung der bisherigen Politik. Beide haben sich zu einer klaren Neuorientierung bekannt. Vor allem muss die neue Regierung sehr glaubwürdig gegen Korruption kämpfen und auch gegen Unregelmäßigkeiten aus der Vergangenheit. Deswegen ist es wichtig, dass es im Amt des Ministerpräsidenten einen Wechsel gab. Jetzt wird in vierzehn Monaten ein Staatspräsident gewählt, da muss vielleicht das Tableau neu sortiert werden. Aber ganz entscheidend sind nicht Personen, sondern die klare Vereinbarung im Koalitionsvertrag, mit aller Konsequenz gegen Korruption und organisierte Kriminalität vorzugehen.

Isa Mustafa (Foto: AFP PHOTO / ARMEND NIMANI /Getty Images)
Der neue Regierungschef im Kosovo, Isa MustafaBild: AFP/Getty Images/A. Nimani

Eine klare Vorgabe im Vertrag ist auch der Dialog zwischen Prishtina und Belgrad. Was erwartet Berlin bezüglich des Dialogs zwischen Serbien und Kosovo?

Wir erwarten eine schrittweise Normalisierung. Deswegen war es auch wichtig, dass keine nationalistischen Kräfte, die diesen Dialog ablehnen, an dieser Regierung beteiligt sind. Aber das Ziel dieses Dialogs - und das braucht Zeit, das geht nicht von heute auf morgen – ist, dass Kosovo ein souveräner Staat ist, der selbständig auch seine internationale Verantwortung wahrnimmt. Deswegen muss der schwierige Dialogprozess fortgesetzt werden. Dass man dabei auch aufeinander Rücksicht nehmen muss, dass man kleine Schritte machen muss, das hat der schwierige Besuch des albanischen Premierministers Rama in Serbien gezeigt. Aber ich glaube, dass sowohl Mustafa als auch Thaci in seiner neuen Funktion als Außenminister dazu bereit sind. Vor allem war es auch ein sehr kluges Signal, den ethnischen Minderheiten eine Mitarbeit in der neuen Koalition anzubieten.

Ethnische Minderheiten waren auch bisher dabei, aber jetzt zusätzlich auch Vertreter von Serben im Norden des Kosovo, wo die Lage besonders schwierig ist. In Serbien hoffen viele ja immer noch auf eine Abspaltung dieser Territorien und eine Angliederung an Serbien. Sehen Sie eine Lösung im Norden des Kosovo?

Es gibt ein klares Angebot aus Prishtina, die Integration und die Zukunft gemeinsam anzugehen. Wir erwarten jetzt, dass auch Belgrad auf die Serben im Norden des Kosovo dahingehend einwirkt, die Integrität des kosovarischen Staates anzuerkennen.

Andreas Schockenhoff ist stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für die Bereiche Außen-, Verteidigungs- und Sicherheitspolitik. Er ist ein Balkankenner und war als Vertrauter der Kanzlerin auch an den Verhandlungen über die neue Regierung in Kosovo beteiligt.