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Netzausbau lahmt

Anja Kimmig13. März 2015

Bis 2018 soll jeder deutsche Haushalt einen schnellen Internetzugang haben, aber der Ausbau kommt nur schleppend voran. Vor allem für die deutsche Wirtschaft ist das ein handfester Wettbewerbsnachteil.

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12.03.2015 Made in Germany MIG Glasfaser 01

Deutschland hinkt beim Ausbau des schnellen Internets hinterher. Datenautobahnen aus Glasfaserkabel - mindestens 20 Mal schneller als der normale DSL-Anschluss - sind vor allem auf dem Land kaum vorhanden. Mit einer Glasfaserquote von nur einem Prozent liegt Deutschland auf dem letzten Platz in Europa.

Für die deutsche Industrie ist das ein Wettbewerbsnachteil. Ein Großteil der Unternehmen sitzt im ländlichen Raum - mit lahmem Internet. Für sie heißt das: Zukunftstechnologien mit neuester IT und Elektronik sind nicht anwendbar. Industrie 4.0 - die digitale Revolution - muss verschoben werden, wenn nicht bald was passiert.

Die Regierung will den Rückstand aufholen - die Zeit läuft

Der Wirtschaftsstandort Deutschland ist in Gefahr und bringt die Bundesregierung unter Zugzwang. Bis 2018 will sie den Rückstand beim schnellen Internet aufholen. Das Ziel: Jeder deutsche Haushalt soll mit einer Geschwindigkeit von 50 Megabit pro Sekunde im Internet surfen können. Bisher liegt die Durchschnittsgeschwindigkeit bei nur 8,7 Megabit pro Sekunde.

Infografik Der Ausbau des Glasfasernetzes im europäischen Vergleich DEU

Das Ministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur hat deshalb die "Netzallianz Digitales Deutschland" gegründet. Die Mitglieder: Verbände und Telekommunikationsunternehmen. Sie werden einen Großteil der Investitionen stemmen. 2015 wollen Netzbetreiber wie die Deutsche Telekom, Vodafone oder Telefonica 8 Milliarden Euro in den Breitbandausbau investieren, aber auch kleine Netzbetreiber wie inexio aus dem Saarland mischen mit.

David gegen Goliath - Netzbetreiber inexio tritt gegen die Großen an

Netzbetreiber inexio baut da aus, wo es richtig teuer ist: auf dem Land. Leitungen müssen neu verlegt werden, aufwendige Tiefbauarbeiten fallen an. Mit 5000 km eigenem Netz und 160 Mitarbeitern ist die Firma aus dem Saarland ein eher kleiner Player. Gerade hat das Unternehmen den Flughafen Saarbrücken ans Glasfasernetz angeschlossen - eine Investition von 2,5 Millionen Euro. "Das Problem ist, dass sich Projekte wie ein Flughafen mit einem Kunden nicht realisieren lassen", sagt Geschäftsführer David Zimmer. "Wir leben von Synergien. Wir müssen Kunden finden und die bei Stange halten".

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Aufwendig, langsam, teuer - der Netzausbau

Ein Dorf in der Nähe hat er deshalb gleich mit angeschlossen. Pro Kunde investiert inexio rund 1400 Euro, durch monatliche Gebühren muss das Geld wieder reinkommen. Wenn die Firma ihre Kunden nicht 8 bis 10 Jahre halten kann, macht sie Verluste. Unternehmer David Zimmer macht sich keine Sorgen. Seine Firma ist oft schneller und günstiger ist als die großen Konkurrenten. Er hat alle Hände voll zu tun.

Re-Monopolisierung durch die Telekom?

Die Telekom - größter Netzbetreiber Deutschlands - will bis 2018 bis zu 5,9 Millionen Haushalte neu anschließen. Wegen der Art und Weise ist der ehemalige Staatskonzern aber in die Kritik geraten. Der Hintergrund: Das Telekom-Netz besteht zu großen Teilen aus Kupferkabel, das ist für Hochgeschwindigkeitsinternet zu langsam. Der Konzern will deshalb seine rund 330.000 Verteilerkästen mit sogenannter Vectoring-Technik aufrüsten und so die Internetanschlüsse bis zu viermal schneller machen.

Das Problem: Die Kästen werden auch von den Konkurrenten genutzt. Mit der neuen Technik geht das nicht mehr - ein Wettbewerbsnachteil für die anderen Betreiber. Der Breitbandverband Breko spricht von einer Re-Monopolisierung durch die Telekom. Kritik gibt es auch von anderer Seite: Internet über Vectoring-Technik werde langfristig nicht ausreichen, um eine schnelle Surf-Geschwindigkeit für alle Haushalte zu gewährleisten, so der Monitoring Report Digitale Wirtschaft. Er wird vom Wirtschaftsministerium herausgegeben.

Geld vom Staat gefordert

Auch Vodafone, zweitgrößter Netzbetreiber Deutschlands, will die nächsten zwei Jahre kräftig investieren: rund fünf Milliarden Euro um das Netz zu erneuern und schnelleres Internet über Mobilfunk, Kabel und DSL anbieten zu können. Dass die Netzbetreiber den Ausbau alleine schaffen, glaubt der Konzern nicht. "Ich denke, dass es ohne Fördergelder nicht gehen wird", sagt Chefstrategin Anna Dimitrova. "Es gibt Standorte, die von den Datenautobahnen weitr entfernt sind. Da geht es nur wirtschaftlich, wenn sich die Regierung engagiert."

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Von inexio angeschlossen: der Saarbrücker Flughafen

Rund zehn Milliarden Euro will die deutsche Regierung in den Breitbandausbau investieren. Hinzukommen die Erlöse aus versteigerten Funkfrequenzen. Im Frühsommer beginnt die Netzagentur mit der Auktion: Frequenzen, die bisher vom digitalen Antennen-Fernsehen verwendet wurden, können von den Netzbetreibern ersteigert und in Zukunft für mobiles Breitband-Internet genutzt werden. Den Erlös daraus will die Regierung in Fördermittel für den Netzausbau umwandeln. Wie hoch der Betrag sein wird, ist jedoch unklar.

Kritik von der Wirtschaft

Dem Wirtschaftsrat Deutschland geht das nicht weit genug. Das Ziel der Regierung, eine Surfgeschwindigkeit von 50 Megabit pro Sekunde, hält er nicht für sonderlich ambitioniert. "Die Digitalisierung umfasst immer stärker alle Geschäfts- und Produktionsprozesse und bietet so gerade dem innovativen Mittelstand große Chancen", sagt der Präsidenten Kurt J. Lauk. "Es kann nicht sein, dass wir hier den Anschluss verpassen, nur weil unsere Infrastruktur nicht schnell genug ist." Rund 40 Prozent der deutschen Haushalte sind bisher ohne schnelles Internet. Ob das bis 2018 aufzuholen ist, bleibt unklar und auch, ob Deutschland bis dahin nicht ein noch viel schnelleres Internet braucht.