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Schmiergeld- Vorwürfe in Richtung Deutschland

Jannis Papadimitriou31. Dezember 2013

Der frühere Chefeinkäufer im griechischen Verteidigungsministerium Antonis Kantas hat zugegeben, Schmiergeldzahlungen in Millionenhöhe kassiert zu haben. Auch aus Deutschland soll Geld geflossen sein.

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Mann im Anzug mit einem Aktenkoffer
Bild: picture-alliance/dpa

Bereits Mitte Dezember war Kantas verhaftet worden, nachdem die Behörden auf Geheimkonten von ihm über 13 Millionen Euro entdeckt hatten. Kurz vor Weihnachten hat der ehemalige Marineoffizier ein umfassendes Geständnis abgelegt, das in den folgenden Tagen in voller Länge an die griechische Presse durchsickerte. Demnach erklärte der 72-Jährige, seit den späten 1980er Jahren insgesamt fünfzehn Millionen Euro an Schmiergeldern im Gegenzug für milliardenschwere Waffengeschäfte erhalten zu haben.

Angeblich flossen Schmiergelder aus Frankreich, Russland, Schweden, Israel, den USA und, in mehreren Fällen, auch aus Deutschland: Unter anderem ging es laut Kantas um die Lieferung von 170 Leopard-2-Panzern von Krauss-Maffei Wegmann (KMW), sowie um die Modernisierung griechischer U-Boote durch die deutschen Rüstungsunternehmen Rheinmetall und Atlas. Allein beim Leopard-2-Geschäft soll Kantas 1,7 Millionen Euro "verdient" haben. Dabei habe er als drittwichtigster Mann im Ministerium deutliche Bedenken gegen den Deal gehabt, die aber bei einem Blitzbesuch des griechischen KMW-Vertreters in seinem Büro Ende 2001 auf verblüffend überzeugende Art ausgeräumt wurden: Der Dealer habe eine Reisetasche dabei gehabt, die er beim Verlassen seines Büros einfach liegen ließ. "Du hast deine Reisetasche vergessen," rief ihm Kantas nach eigenen Angaben zu. "Ich habe sie nicht vergessen, sie ist für dich," soll der Mann erwidert haben. In der Tasche waren angeblich 600.000 Euro in bar.

Panzer / Leopard 2 / Rüstung / Waffenhandel
Bei der Lieferung von Leopard-2 Panzern soll Schmiergeld aus Deutschland geflossen seinBild: dapd

Ex-Verteidigungsminister zu 20 Jahren Haft verurteilt

Die Behauptungen von Kantas wurden offiziell bisher nicht bestätigt und werden von KMW vehement bestritten. Völlig überraschend kamen die Schmiergelder-Vorwürfe für die griechische Öffentlichkeit jedoch nicht: Bereits im Oktober 2013 war der ehemalige Verteidigungsminister und Vorgesetzter von Kantas, Akis Tsochatzopoulos, wegen Geldwäsche und Bestechlichkeit zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Ein Gericht in Athen sah es als erwiesen an, dass der Ex-Minister insgesamt 55 Millionen Euro Bestechungsgelder für den Kauf von Waffen aus Deutschland und Russland eingesteckt hat.

"Die Verurteilung von Tsochatzopoulos war der nötige Katalysator im Kampf gegen die Korruption; sie führt nun zu weiteren juristischen Schritten," sagt Thanassis Mavridis, Wirtschaftsanalyst und Leiter des Wirtschaftsportals Capital.gr, der Deutschen Welle. Kantas wolle nun tätige Reue zeigen, mit den Behörden zusammenarbeiten und Namen von Verdächtigen preisgeben, weil er nur in diesem Fall auf ein mildes Urteil hoffen dürfe, erläutert Mavridis.

Sowohl Tsochatzopoulos, als auch Kantas legen ohnehin großen Wert auf die Feststellung, dass ihr rechtswidriges Verhalten gar keine Ausnahme war. Der ehemalige Chefeinkäufer im Verteidigungsministerium formulierte es wie folgt: "Wenn ich Schmiergelder bekommen habe, dann wurden bestimmt auch Leute in höheren Positionen geschmiert". Seine Aussage war ein deutlicher Seitenhieb auf Ex-Verteidigungsminister Tsochatzopoulos und den ebenfalls verurteilten ehemaligen Generalsekretär im Verteidigungsministerium Jannis Sbokos. Nach griechischen Presseberichten soll Kantas auch den späteren Verteidigungsminister Jannos Papantoniou schwer belastet haben.

Griechenland Prozess gegen den Ex-Verteidigungsminister Tsochatzopoulos
20 Jahre Haft wegen Bestechlichkeit und Geldwäsche: Ex-Verteidigungsminister TsochatzopoulosBild: imago stock&people

Korruption mit System im Rüstungswesen

"Es ist ein offenes Geheimnis, dass Rüstungsgeschäfte anfällig für Korruption sind," glaubt Thanassis Maviridis. In Griechenland stellten sich zahlreiche Offiziere direkt nach ihrer Pensionierung in den Dienst zahlungskräftiger Rüstungskonzerne im Ausland und arbeiteten als deren Handelsvertreter in Griechenland, obwohl ihnen dies in der Regel für eine Übergangszeit von etwa fünf Jahren nach Dienstende untersagt sei, moniert der Wirtschaftsanalyst.

Die Schmiergeld-Affäre wird nun zum Politikum. Bereits Anfang Dezember beantragte die Linksopposition einen Untersuchungsausschuss über die Lieferung deutscher U-Boote nach Griechenland, allerdings ohne Erfolg. Nach dem umfassenden Geständnis von Kantas wittert die Opposition erneut eine Chance: "Wenn ein einfacher Staatsdiener wie Kantas 15 Millionen an Schmiergeldern einsteckt, dann wüsste ich doch gerne, wie viel Geld die wirklich wichtigen Leute kassiert haben," donnerte der Fraktionssprecher der Linkspartei, Dimitris Papadimoulis, im griechischen Parlament.

Selbst der liberale Wirtschaftsanalyst Giorgos Kyrtsos findet Kritik seitens der Linksopposition berechtigt: "Man mag über die Linkspartei denken, was man will, im vorliegenden Fall hat sie Recht: Die U-Boot-Affäre muss im Detail untersucht werden," mahnt der Ökonom im Interview mit dem Nachrichtensender Skai. Sollten die Behauptungen von Kantas bestätigt werden, dann hätte Tsochatzopoulos Recht, der behauptet, dass das ganze System zur Korruption geradezu einlade, mahnt der Wirtschaftsanalyst.

Die Staatsanwaltschaft in Athen will gegen weitere Verdächtige ermitteln. Nach griechischen Medienangaben wurde ein ehemaliger Handelsvertreter des deutschen Rüstungskonzerns KMW bereits verhaftet und soll am Freitag (03.01.2014) dem Richter vorgeführt werden. Kantas behauptet, der KMW- Mann habe ihm Schmiergelder in Höhe von 750.000 Euro bezahlt.

Verdacht auf Korruption bei deutschen Rüstungsfirmen
Zahlte Rheinmetall Schmiergeld für einen Auftrag aus dem griechischen Verteidigungsministerium?Bild: picture-alliance/dpa