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Schlüsselbranche setzt auf Schwellenländer

Rayna Breuer25. Februar 2013

Produktionsplus, Rekordexporte, Wettbewerbsvorsprung: Den deutschen Werkzeugmaschinen-Herstellern geht es gut. Der Industriezweig blickt zufrieden auf das abgelaufene Jahr.

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Der Industriemechaniker Christian Köhler (r) und der Auszubildende Patrick Koburger der Niles-Simmons Industrieanlagen GmbH sind im Werk Chemnitz mit der Montage eines hochmodernen Bearbeitungszentrums für Kurbelwellen beschäftigt. (Foto: Hendrik Schmidt/lsn)
Bild: picture-alliance/dpa

Für die deutschen Hersteller von Werkzeugmaschinen war das vergangene Jahr eine Überraschung: "2012 ist deutlich besser gelaufen als erwartet", sagt Martin Kapp, Vorsitzender des Vereins Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken (VDW). Man würde fast meinen, die Branche kenne die Krise nur aus den Zeitungen. Die Produktion von Werkzeugmaschinen legte neun Prozent im Vergleich zum Vorjahr zu. Der einzige Wermutstropfen: 2011 lief alles noch viel besser.

Damals verzeichneten die deutschen Hersteller ein Produktionsplus von 31 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die weltweite Flaute hinterlässt also doch kleine Kratzer, aber das ist kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken und sich bescheiden zu geben, dachte sich der VDW. In Frankfurt am Main präsentierte der Verein seine Bilanz für das abgelaufene Jahr und wagte einen optimistischen Ausblick in die Zukunft.

Industrie 4.0 - die nächste Revolution?

Aktionsfeld Nummer Eins - der Weltmarkt

Deutschland ist eine Exportnation - das gilt umso mehr für die Werkzeugmaschinen-Industrie: "Im vergangenen Jahr lagen die Ausfuhren bei 9,5 Milliarden Euro. Das entspricht einem Anstieg von 20 Prozent und ist der höchste Wert, der für die deutschen Werkzeugmaschinen-Exporte je gemessen wurde", sagte Kapp. Ausgerechnet der US-Markt - von der Finanzkrise erschüttert und fast abgeschrieben - erlebt eine Wiedergeburt und beschert den deutschen Werkzeugherstellern volle Auftragsbücher. Insbesondere die US-amerikanischen Automobilproduzenten rüsten auf modernere Technik um - und setzten dabei auf Produkte "Made in Germany".

Und der europäische Markt? Er zeigt sich etwas unentschlossen: "In Europa ist es etwas anstrengender zu verkaufen", sagt Oliver Hagenlocher von der Firma Emag. Das Unternehmen stellt Werkzeugmaschinen und Fertigungssysteme für präzise Metallteile her. Die Nachfrage sei nicht so hoch und die Projekte seien stärker umkämpft, viele Kunden zeigten sich zurückhaltender, so Hagenlocher. Während also bei den Westeuropäern, darunter vor allem bei den Deutschen, keine rechte Kauflaune aufkommen mag, griffen die Osteuropäer im vergangenen Jahr kräftig zu - gerade Russen und Polen fragten verstärkt deutsche Maschinen nach. So verzeichneten die Ausfuhren nach Europa am Ende doch ein Plus.

Asien - Chance und Risiko zugleich

Hingegen ist der Markt im Fernen Osten riesig. Die asiatischen Länder bauen ihre Industrien mit hohem Tempo aus, modernisieren ihre Betriebe - die Nachfrage steigt. Größter Einzelmarkt für die deutsche Werkzeugmaschinen-Industrie ist China - mit einem Volumen von 2,4 Milliarden Euro und einem Zuwachs von 14 Prozent 2012 im Vorjahresvergleich. Doch China will nicht nur Abnehmer sein: "Im Wettbewerb um die Marktführerschaft hat sich China als zusätzlicher Akteur neben Deutschland und Japan fest etabliert", sagt Kapp vom VDM. China positioniert sich im einfachen Technologiebereich, produziert also zum größten Teil Low-Tech.

Martin Kapp, Vorsitzender des Vereins Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken (Foto: VDW)
Martin Kapp, Vorsitzender des Vereins Deutscher WerkzeugmaschinenfabrikenBild: VDW

Die Hochtechnologie ist weiterhin fest in deutscher Hand. Doch genau das kann den deutschen zum Verhängnis werden. Neue Strategien sind gefragt, um dem Konkurrenten nicht das Feld überlassen zu müssen: Die deutschen Hersteller sollten "das wachstumsstarke mittlere Technologiesegment nicht vernachlässigen. Denn darauf setzt zunehmend die Eigenproduktion in den Schwellenländern", meint Kapp. Für die Märkte in China und Indien etwa müsse man sich nach unten absichern, ein paar Schritte zurück machen, sich also im mittleren Technologiebereich stärker aufstellen, so Kapp: "In Ländern wie China haben die Mitarbeiter, die die Maschinen bedienen, keine Ausbildung als CNC-Dreher oder Fräser. Das heißt sie brauchen Produkte, die ein Tick einfacher und besser zu beherrschen sind."

Viele Firmen produzieren daher direkt in den Zielländern: "Damit schaffen wir es, näher am lokalen Markt zu sein und unsere Produkte noch besser auf die Anforderungen des Zielmarktes zuzuschneiden", sagt Hagenlocher. Die Firma Emag produziert in China für den asiatischen Markt, weitere Produktionsstätten hat das Unternehmen in Deutschland und den USA.

Ein Produkt der Firma EMAG. Produktionslaserschweißen: Moderne Fahrzeuge sind ohne Laserstrahlschweißen nicht mehr vorstellbar. Denn das Laserstrahlschweißen ist die Voraussetzung für kompakte, gewichtsoptimierte Bauteile und damit für energieeffiziente Fahrzeuge. (Foto: EMAG)
Produktionslaserschweißen bei der Firma EMAGBild: EMAG

Wettbewerbsvorsprung halten

"Mit ihrem technischen Know-How, den gut entwickelten Kunden- und Lieferantenbeziehungen, der leistungsfähigen Forschungsinfrastruktur und den bestens ausgebildeten Mitarbeitern sind die Ausgangsbedingungen viel besser als bei den meisten Wettbewerbern." Für die deutschen Hersteller geht es also darum, die Technologielücke weiter auszubauen.

Dabei setzen die Hersteller verstärkt auf die Zusammenarbeit mit Universitäten und die Förderung des Nachwuchses - so soll das Innovationsniveau hoch gehalten und dem Fachkräftemangel entgegengewirkt werden: Ein Rezept, das sich offenbar auszahlt.