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Mobile Radiologiestation

Thomas Gith21. November 2014

Durch Computertomographie lassen sich Tumore nachweisen. Was in Deutschland ein alltägliches Diagnoseverfahren ist, ist in vielen Entwicklungsländern rar. Abhilfe bringt eine mobile Radiologiestation.

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Radiologiezentrum aus Schiffscontainern im Aufbau (Foto: medneo GmbH).
In der Bauphase waren die Schiffscontainer noch offensichtlich zu erkennenBild: medneo GmbH

Zugegeben: Die Idee klingt verwegen. Eine mobile Radiologiepraxis im Schiffscontainer soll die medizinische Versorgung in Entwicklungsländern verbessern. Doch dass die Idee funktionieren könnte, zeigt ein Prototyp in Potsdam. Dort steht im Schatten eines grauen Hochhauses ein Flachbau mit glatten weißen Wänden. Das Hochhaus gehört zum Ernst von Bergmann Klinikum, in dem Patienten liegen und operiert werden. In dem kleinen Gebäude nebenan wird geröntgt.

"14 Schiffscontainer, so wie man sie aus dem Hamburger Hafen kennt, sind hier zum Radiologiezentrum zusammengesetzt worden", erzählt André Glardon, von der medneo GmbH, und zeigt auf den Flachbau. Dass es sich dabei eigentlich um Schiffscontainer handelt, sieht der Besucher auf den ersten Blick nicht. Die Fassaden und das Dach sind dezent mit weißen Metallblechen verkleidet.

Moderner Flachbau aus Schiffscontainern

Im Sommer 2014 haben Arbeiter die 14 Schiffscontainer hier vor Ort zusammengeschoben. Wie mit einem riesigen Dosenöffner haben sie anschließend einige Seitenwände herausgeschnitten, neue Räume geschaffen und so den fertigen Flachbau errichtet.

Radiologiezentrum von außen (Foto: medneo GmbH).
Von Außen assoziiert man das Radiologiezentrum nicht gleich mit einem ContainerBild: medneo GmbH

Auch im Gebäude ist von den Containern nichts mehr zu spüren: Die Patienten erwarten helle Wände und ein großzügiger Empfangsbereich, schicker, dunkler Pakettboden, stilvolle Deko. Von hier führt ein Flur in den Radiologietrakt weiter: Mit separaten Räumen für die Ärzte, den Computertomographen und die Magnetresonanztomographie.

Routinebetrieb in ungewöhnlichem Gebäude

Radiologin Mechthild Bode-Hoffmann sitzt im ärztlichen Arbeitsbereich vor einem Tisch samt Bildschirm. Hinter dem Tisch ist eine große Panorama-Glasscheibe in die Wand eingelassen, durch die man in einen dahinter liegenden, geschlossenen Raum blickt - einen gut verkleideten Schiffscontainer also. In ihm steht ein Computertomograph. Durch das Gerät, das aussieht wie ein großer Donut, wird ein Mann geschoben, der auf einer Liege ruht.

"Der Patient, den wir hier untersuchen, hat Steine in der Niere", erklärt Bode-Hoffmann. "Wir schauen uns an, ob die Steine nur in der Niere selbst oder auch in den Verbindungen zwischen Niere und Harnblase liegen." Es ist eine konventionelle Untersuchung in einem ungewöhnlichen Gebäude. Doch das Umfeld vergisst man bei der intensiven Untersuchung schnell.

Radiologiestation Innenansicht (Foto: medneo GmbH).
Kein rostiges Wellblech, sondern stilvolle Einrichtung in der mobilen RadiologiestationBild: medneo GmbH

Das CT-Gerät röntgt den Mann und schon kurz danach sind auf dem Monitor der Ärztin die Bilder vom Bauch des Patienten zu sehen. Die Organe lassen sich erkennen, genauso wie das Becken und die Lendenwirbel.

Sofort wird die erfahrene Radiologin fündig. "Auf den Bildern sehen wir im Anschnitt die beiden Nieren und im Nierenbecken auf der linken Seite sind zwei Nierensteine zu erkennen", erläutert Bode-Hoffmann und zeigt auf das in zahlreichen Graustufen abgebildete Organ.

Ferndiagnosen möglich

In dem Radiologiezentrum in Potsdam arbeitet die Ärztin noch direkt mit dem Patienten zusammen: Sie führt das Erstgespräch, diagnostiziert die Erkrankung anhand der CT-Bilder. Aber: Untersuchung und Diagnostik müssten nicht unbedingt am selben Ort und durch den gleichen Arzt erfolgen. In einem Entwicklungsland etwa könnte medizintechnisches Personal den Patienten lediglich röntgen und die CT-Bilder dann per Internet weltweit verschicken.

Der Computertomograph (Foto: medneo GmbH).
Das Herzstück: Der ComputertomographBild: medneo GmbH

Genau das ist auch das Ziel: Denn die Diagnostik anhand der Bilder ist oft aufwendig, hoch spezialisierte Radiologen sind dafür nötig und die fehlen in vielen Entwicklungsländern. Die Idee: Nachdem die Bilder im mobilen Radiologiezentrum gemacht wurden, verschickt sie das medizintechnische Personal vor Ort per Internet zu einem Radiologen in einem anderen Teil der Welt.

Röntgenbilder online verschicken

"Da die Internet-Bandbreiten in vielen Schwellen- und Entwicklungsländern sehr gering sind, müssen wir die Bilder allerdings vor dem Verschicken zerstückeln und anschließen automatisch wieder zusammensetzen", erläutert André Glardon. Das Verfahren ist erprobt und es funktioniert.

Auf dem Dach des mobilen Radiologiezentrums sind daher auch Satellitenantennen montiert, die die Bildübertragung ermöglichen. Die Idee: Die Schiffscontainer lassen sich samt Antennen, Computer- und Magnetresonanztomographen problemlos verschiffen. LKW können sie zum Endziel fahren, Arbeiter können sie vor Ort zum Radiologiezentrum zusammenbauen.

Anfragen aus mehreren Ländern

André Glardon, der zusammen mit Partnern die medneo GmbH betreibt, erzählt, dass es immer wieder Anfragen aus Entwicklungs- und Schwellenländern gibt. Nigeria, Angola oder auch Libyen zeigen zum Beispiel schon Interesse. Die Vertreter der Länder seien dabei vor allem an Technologiezentren in der bildgebenden Diagnostik interessiert, die vor Ort aufgebaut werden sollen.

"In den Ländern selbst gibt es aber oft große Schwierigkeiten, weil das medizinische Personal rar ist", fasst Glardon seine Erfahrung zusammen. Aus diesem Grund sind er und seine Partner auf die Idee gekommen, mobile Radiologiezentren zu entwickeln. Zur Radiologie im Schiffscontainer, die man vor Ort hinstellen und dann etwa in Kooperation mit deutschen Ärzten betreiben kann, war es da nur noch ein weiterer Schritt.

Unterversorgten Ländern könnten die mobilen Radiologiezentren so übergangsweise helfen: Die diagnostischen Befunde würden dann etwa aus Deutschland zurückgeschickt, die Patienten vor Ort behandelt.

Interessenten gibt es bereits: Eine Delegation aus Nigeria hat sich den Prototypen in Potsdam schon angesehen. Damit die Nierenuntersuchung etwa auch im eigenen Land möglich ist, samt diagnostischem Befund aus der Ferne anhand der verschickten CT-Bilder.