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Doktortitel weg

Armin Himmelrath / Gaby Reucher6. Februar 2013

Die Plagiatsaffäre um Annette Schavan hat vorerst ein Ende. Die Universität Düsseldorf hat der 57-Jährigen den Doktortitel aberkannt. Schavan will aber gegen die Entscheidung klagen.

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Bundesbildungsministerin Annette Schavan schaut nachdenklich (Foto: dpa)
Bild: picture alliance / dpa

Das Buch, über das Annette Schavan als deutschen Bildungsministerin gestolpert ist, wiegt schwer. 351 Seiten ist es dick und trägt den pathetischen Titel "Person und Gewissen". Es wurde 1980 von der jungen, ehrgeizigen Geisteswissenschaftlerin Schavan als Doktorarbeit veröffentlicht.

Jahrelang schenkte niemand der Dissertation Beachtung. Doch dann wiesen anonyme Plagiatsjäger im Internet dem früheren deutschen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg nach, dass er große Teile seiner Doktorarbeit bei anderen Autoren, in Büchern und Zeitungsartikeln abgekupfert hatte. Guttenberg verlor seinen Doktortitel und seine politischen Ämter, und die Plagiatsjäger begannen, nach weiteren Promotionen bekannter Politiker zu suchen.

Dabei stießen sie auf "Person und Gewissen“ - geschrieben von der damaligen Bundesbildungsministerin. Und sie wurden bei der weiteren Recherche nach abgeschrieben Stellen fündig - nicht so ausgiebig wie bei Guttenberg, doch immerhin 130 Passagen werden mittlerweile als mutmaßliche Plagiate auf der Internetseite schavanplag.wordpress.com aufgelistet. Annette Schavan selbst bat daraufhin den Promotionsausschuss an der Uni Düsseldorf, den Fall zu untersuchen.

Die gebundene Dissertation von Bundesbildungsministerin Annette Schavan (Foto: dpa)
Die Doktorarbeit von Annette SchavanBild: picture-alliance/dpa

Gutachter spricht von "leitender Täuschungsabsicht"

Dessen Vorsitzender machte sich an die Arbeit und kam im Herbst 2012 in seinem Gutachten zu einem vernichtenden Ergebnis. Von "plagiierender Vorgehensweise" und von "leitender Täuschungsabsicht" war die Rede - Vorwürfe, die Annette Schavan von Anfang an vehement zurückwies. Seither tobte die Auseinandersetzung darüber, ob der Vorwurf der Täuschung bei der Doktorarbeit gerechtfertigt sei und ob die Universität die entsprechende Untersuchung sorgfältig genug durchführen würde.

Mit 14 zu 1 Stimmen entschied der Fakultätsrat in Düsseldorf Ende Januar, dass die Vorwürfe so stichhaltig sind, dass ganz offiziell ein Verfahren eingeleitet wird, um der Ministerin den Doktortitel zu entziehen. In einer zweiten Sitzung wurde jetzt entschieden, Annette Schavan den Doktortitel abzuerkennen. Schavan habe "systematisch und vorsätzlich gedankliche Leistungen vorgegeben, die sie in Wirklichkeit nicht selbst erbracht habe", begründete der Vorsitzende des Fakultätsrats Bruno Bleckmann die Entscheidung. Auch wenn die 57-Jährige gegen das Urteil vor Gericht ziehen will, so dürfte die Aberkennung eine schwere Bürde im beginnenden Bundestagswahlkampf sein. In Politik und Wissenschaft fürchtet man, dass der Bildungs- und Forschungsstandort Deutschland im internationalen Ansehen durch diese weitere Plagiatsaffäre Schaden nehmen könnte. Die Opposition forderte von Anfang an den Rücktritt Schavans.

Hinweisschild auf die Philosophische Fakultät der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf (Foto: dpa)
Die Philosophische Fakultät hatte über die Plagiatsvorwürfe zu entscheidenBild: picture-alliance/dpa

Auseinandersetzung zieht Kreise

Dabei hatte es in den letzten Wochen auch Stimmen gegeben, die sich hinter Schavan stellten. Kurz nachdem die Heinrich Heine Universität Düsseldorf ein Gutachten veröffentlicht hatte, in dem ihr ein juristisch korrekter Umgang mit dem Fall bescheinigt wurde, meldeten sich die Präsidenten der großen deutschen Wissenschaftsorganisationen zu Wort: Wissenschaftsrat und Deutsche Forschungsgemeinschaft, Hochschulrektorenkonferenz und Max-Planck-Gesellschaft kritisierten in einer gemeinsamen Erklärung die Universität. Der Vorwurf: Bei den Ermittlungen gegen Annette Schavan würden wissenschaftliche Standards nicht eingehalten. Eine "zu einseitige Bewertung der Plagiatsvorwürfe" kritisierte etwa der Vorsitzende des Wissenschaftsrats, Wolfgang Marquardt.

Durch ein Brillenglas ist der Text einer wissenschaftlichen Arbeit vergrößert zu sehen. (Foto: Symbolbild/DW)
Die Uni muss ganz genau hinsehen, sagt der WissenschaftsratBild: picture-alliance/dpa