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Südkoreas Präsident besucht China

10. Januar 2012

Südkoreas Präsident Lee Myung Bak besucht China anlässlich des 20jährigen Bestehens diplomatischer Beziehungen zwischen Peking und Seoul. Es geht um eine Freihandelszone und die Stabilität der koreanischen Halbinsel.

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Chinas Präsident Hu Jintao begrüßt Südkoreas Präsident Lee Myung Bak mit militärischen Ehren (Foto: reuters)
Bild: Reuters

Nach dem Tod des nordkoreanischen Diktators Kim Jong Il im Dezember 2011 versetzten Südkorea und Japan ihre Streitkräfte in Alarmbereitschaft. Die notorisch unberechenbare Diktatur, die über Nuklearwaffen verfügt, könnte das empfindliche Gleichgewicht in der Region stören, so die Befürchtung der Nachbarstaaten. Bislang hatte der Führungswechsel aber keine kriegerischen Folgen, die diplomatischen Aktivitäten sind dafür umso deutlicher.

Während der neue Führer in Pjöngjang, Kim Jong Un, seine Macht konsolidiert, besucht der südkoreanische Präsident Lee Myung Bak noch bis Mittwoch (11.01.2012) den wichtigsten Verbündeten Nordkoreas und die unbestrittene Vormacht der Region: China.

Diplomaten bemühen sich um Stabilität

Eine Haubitze feuert während einer südkoreanischen Militärübung Granaten ab (Foto: AP)
Seit Jahrzehnten belauern sich Nord- und SüdkoreaBild: AP

Bereits am 4. Januar war Kurt Campbell, der US-amerikanische Chefdiplomat für Ostasien und den Pazifik, in Peking eingetroffen, um die neue Lage zu besprechen. Wie die BBC berichtet, riefen Campbell und der chinesische Vizeaußenminister Cui Tiankai dazu auf, jegliche Provokation auf der koreanischen Halbinsel zu unterlassen.

Die komplizierten Beziehungen zwischen China und Nordkorea einerseits und zwischen China und Südkorea andererseits haben in der Vergangenheit immer wieder zu diplomatischen und militärischen Spannungen geführt.

Nordkoreas wichtigster Verbündeter

China ist Nordkoreas wichtigster Verbündeter, größter Handelspartner und Hauptquelle für Lebensmittel, Waffen und Treibstoff. Aus zwei Gründen ist Peking am Weiterbestand des nordkoreanischen Regimes interessiert. Bei einem Zusammenbruch Nordkoreas fürchtet China Hunderttausende Flüchtlinge, die Chinas nordöstlichen Provinzen destabilisieren könnten.

Außerdem könnte es mittelfristig zu einer Wiedervereinigung Koreas kommen, wie Hanns Günther Hilpert von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) sagt. "Die Wiedervereinigung unter kapitalistischen, pro-amerikanischen Vorzeichen mit amerikanischen Truppen direkt an der chinesischen Grenze, das ist aus chinesischer Sicht der 'worst case'."

Dennoch ist der Einfluss Pekings begrenzt. Als im Oktober 2006 Nordkorea seinen ersten Atomwaffentest durchführte, stimmte China einer UN-Resolution zu, die mit Sanktionen gegen Nordkorea verbunden war. Hu Jintao ermahnte Kim Jong Il außerdem, auf weitere Provokationen zu verzichten.

Aufgebrachte Südkoreaner verbrennen die nordkoreanische Flagge aus Protest gegen das Nuklearprogramm (Foto: AP)
Nach dem Atomwaffentest der Nordkoreaner kommt es in Südkorea zu ProtestenBild: AP

Offenbar unbeeindruckt führte Nordkorea im Mai 2009 einen zweiten Atomwaffentest durch. Pjöngjang habe China blamiert, kommentiert Alan Romberg, ein ehemaliger Mitarbeiter des US-amerikanischen Außenministeriums die Ereignisse.

China ist offenbar immer weniger willens, als Pjöngjangs Verbündeter aufzutreten. "Es gibt im Blick auf Nordkorea widerstreitende Meinungen. Ein größerer Teil der Chinesen und der politischen Elite hält das Regime in Nordkorea für völlig anachronistisch", sagt Patrick Köllner, Korea-Experte am Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien.

Ein Überbleibsel des Kalten Kriegs

Noch schlechter steht es um die innerkoreanischen Beziehungen. Beide Länder stehen sich seit dem Ende des Koreakriegs (1953) unversöhnlich gegenüber. Mit der Wahl des neuen südkoreanischen Präsidenten Lee Myung Bak ist der Verfechter einer harten Linie gegenüber Nordkorea an die Macht gekommen. "Die Perspektiven für eine Annäherung der beiden Koreas ist dieses Jahr doch sehr begrenzt. Dazu muss sich die Situation im Norden und im Süden verändern", so Köllner. Eine Annäherung beider Staaten werde ohne Wandel im Norden und ohne den Rückzug der Hardliner im Süden kaum möglich sein.

Wirtschaftliche Interessen

Ein LED-Fernseher der südkoreanischen Firma LG(Foto: Yonhap)
Südkoreanische Firmen wie LG und Samsung sind in China seit Jahren erfolgreichBild: picture alliance /Yonhap

Für Südkorea und China geht es bei dem Besuch des südkoreanischen Präsidenten vor allem um die wirtschaftliche Zusammenarbeit. Seit den 90er Jahren hat sich das jährliche bilaterale Handelsvolumen von sechs auf 200 Milliarden Dollar mehr als verdreißigfacht. Folgerichtig wird nun das 20-jährige Bestehen diplomatischer Beziehungen zum Anlass genommen, um ein bilaterales Freihandelsabkommen auf den Weg zu bringen. Später soll auch Japan dem Abkommen beitreten.

Der Besuch war lange vor dem Tod Kim Jong Ils geplant. Der Tod des Diktators habe eine Änderung des Programms bewirkt, aber nicht das Kernanliegen des Besuchs beeinflusst, so Korea-Experte Köllner. Natürlich werde auch über Nordkorea gesprochen, aber die Positionen Chinas und Südkoreas seien sehr unterschiedlich. "Man kann sich darüber austauschen, aber es kann keine einheitliche Linie geben."

Die wirtschaftliche Ausrichtung der Verhandlungen zwischen Südkorea und China sind deswegen weitgehend getrennt von Chinas Verhältnis zu Nordkorea zu betrachten, wie Köllners Analyse der Situation zeigt. Denn die Teilung der koreanischen Halbinsel reicht einerseits sehr tief, und Südkorea und China profitieren andererseits sehr stark von ihrer wirtschaftlichen Zusammenarbeit.

Autor: Rodion Ebbighausen
Redaktion: Hans Spross