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Rückt Costa Rica nach links?

Diana Hodali / Eva Usi1. Februar 2014

In Costa Rica soll am Sonntag ein Nachfolger für die unbeliebte Präsidentin Laura Chinchilla gewählt werden. Und dieses Mal scheint die linke Partei klar vorne zu liegen. Entscheidend könnten die jungen Wähler sein.

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Wahlkampf in Costa - Anhänger Jose Maria Villalta (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Costa Rica gilt als die stabilste Demokratie Lateinamerikas. Doch die politische Stimmung im Vorfeld der anstehenden Präsidentschafts- und Parlamentswahlen am 02. Februar ist schlecht. Viele Wähler seien der Ansicht, dass ihre Forderungen und Wünsche nicht berücksichtigt würden, so der Politologe Jorge Mora, Direktor der Lateinamerikanischen #link:http://www.flacso.or.cr/:Fakultät für Sozialwissenschaften Costa Ricas# (FLASCO). "Daher suchen sie nach Alternativen zu den etablierten politischen Kräften", sagt der Experte.

Aktuellen Umfragen zufolge ist der junge Präsidentschaftskandidat der linken Frente Amplio (Breite Front), #link:http://www.villaltapresidente.cr/:José María Villalta#, dem Bewerber der sozialdemokratischen Regierungspartei Nationale Befreiungspartei (PLN), Johnny Araya, auf den Fersen. Laura Chinchilla, die aktuelle Amtsinhaberin von der PLN, darf aus Verfassungsgründen nicht mehr antreten. Ihre Beliebtheit befindet sich allerdings ohnehin im Sinkflug.

Ein politisches Phänomen

Costa Rica ist nicht als Land der Linken jenseits der Sozialdemokratie bekannt. Umso überraschender ist es, dass José Maria Villalta im diesjährigen Wahlkampf die Akzente setzt. Villalta ist mit 36 Jahren der jüngste Kandidat und der erste Linke, der in der Geschichte des Landes reelle Chancen hat, an die Macht zu kommen. Seine neue Popularität ist ein politisches Phänomen. "Sein Programm ist ziemlich genau das Gegenteil von dem, was in den letzten 30 Jahren in Costa Rica gemacht worden ist", betont Mora. Denn Villalta will den Wohlfahrtsstaat stärken, die Preise für Grundnahrungsmittel kontrollieren und die Rolle des Staates bei der Regulierung von Schlüsselsektoren, wie den Stromsektor, ausbauen.

Villalta gilt als angesehener Abgeordneter, der sich schon mehrfach für soziale Themen stark gemacht hat. So hat er eine Initiative gegen das Freihandelsabkommen zwischen Zentralamerika und den USA unterstützt, weil er Marktnachteile für das eigene Land befürchtete. Das Abkommen trat 2009 dennoch in Kraft. Er scheint nicht nur mit der Sympathie linker Wählergruppen, sondern auch mit der von Protestwählern zu rechnen, die den traditionellen Politikern und Parteien den Rücken gekehrt haben.

Costa Ricas Präsidentin Laura Chinchilla (Foto:
Präsidentin Laura Chinchillas: Ihre Sympathiewerte sind gesunkenBild: MANDEL NGAN/AFP/Getty Images

Seine politischen Konkurrenten bezeichnen ihn als Kommunisten und vergleichen ihn mit Venezuelas verstorbenen Präsidenten Hugo Chávez. "Wie so oft in Lateinamerika, wenn die Linke eine zentrale Rolle einnimmt, wird sie Opfer einer Kampagne", sagt Jorge Mora. Doch der Kommunismusvorwurf wirkt nur bedingt. Denn die letzten Regierungen haben die Armut und die Arbeitslosigkeit in Costa Rica nur vergrößert. Mehr als eine Million der 4, 5 Millionen Costa Ricaner lebten in Armut, so Mora. "Die soziale Ausgrenzung führt zu Unzufriedenheit und Unsicherheit", sagt er. Die Menschen wollten daher unbedingt eine Veränderung.

Regierungspartei mit schlechten Karten

#link:https://www.johnnyaraya.cr/:Johnny Araya#, ehemaliger Oberbürgermeister von San José, geht bei der anstehenden Wahl für die Nationale Befreiungspartei PLN ins Rennen. Umfragen zufolge steht er auf dem zweiten Platz. Doch der Rückhalt für die Sozialdemokraten innerhalb der Gesellschaft schwinde, sagt Mora.

Als Laura Chinchilla 2010 als Kandidatin der PLN zur Präsidentschaftswahl antrat, gelang es ihr, eine überwältigende Mehrheit von 47 Prozent der Stimmen zu erlangen. Sie wurde die erste Frau Costa Ricas in diesem Amt. "Heute schreiben wir Geschichte", sagte sie damals und bedankte sich bei den Wählern für das entgegengebrachte Vertrauen. Doch aufgrund einiger Korruptionsfälle innerhalb der Regierung hätte das Vertrauen in sie und ihre Partei stark gelitten, sagt Jorge Mora.

Während der Wahlkampagne habe der aktuelle PLN-Kandidat Araya zudem Fehler gemacht. So blieb er öffentlichen Debatten zum Thema Korruption, zu denen die fünf stärksten Kandidaten eingeladen waren, einfach fern. Obwohl er seine Teilnahme eigentlich bestätigt hatte. Die Reaktionen in den sozialen Netzwerken waren daraufhin verheerend.

PräsidentschaftskandidatOtto Guevara (Foto:
Otto Guevara ist unter den Top 5 KandidatenBild: Reuters

Drei weitere Kandidaten

Gute Chancen werden auch dem bei Umfragen zufolge Drittplatzierten ausgerechnet. Rechtsanwalt, Unternehmer und ehemaliger Abgeordneter Otto Guevara, von der konservativen Partei Movimiento Libertario, ist der Lieblingskandidat der Unternehmer. "Guevara will noch mehr Staatsbetriebe privatisieren, die Märkte öffnen, den Export steigern und verstärkt ausländische Investitionen anziehen", erklärt Mora.

Hoffnungen rechnet sich auch der Mitte-Links-Kandidat der Partei Acción Ciudadana (PAC), Luis Guillermo Solis aus. Der Kandidat der stärksten Oppositionspartei hatte während des Wahlkampfes besonders die amtierende Partei PLN mehrfach öffentlich kritisiert und der Korruption den Kampf angesagt.

Rechtsanwalt und Unternehmer Rodolfo Piza Rocafort geht für die christdemokratische Partei Unidad Social Cristiana (PUSC) ins Rennen. "Die PUSC ist eine historische Partei, die aber aufgrund von Korruptionsfällen stark an Zustimmung verloren hat", erklärt Mora.

Die jungen Wähler entscheiden

Sollte keiner der fünf, von insgesamt dreizehn aussichtsreichsten Kandidaten in der ersten Wahlrunde 40 Prozent der Stimmen erhalten, wird es zwei Monate später eine Stichwahl zwischen den beiden Erstplatzierten geben.

Entscheidend werden bei dieser Wahl die Stimmen der jungen Wähler sein, betont Mora: "Die Wähler im Alter zwischen 18 und 39 Jahren werden das Zünglein an der Waage sein. Bis jetzt haben sie besonders den linken Kandidaten Villalta unterstützt." Aber dies könne sich noch ändern, wenn er in den letzten Tagen vor der Wahl keine klaren Botschaften sende. Ein Großteil der Wahlkampagne laufe über die sozialen Netzwerke Facebook und Twitter, was eine eindeutige Prognose schwierig machte.