1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Russland-Sanktionen

Klaus Ulrich13. Mai 2015

Die Besuche hochrangiger westlicher Politiker bei Wladimir Putin machen der deutschen Wirtschaft Mut. Firmen, die Geschäfte in Russland tätigen, hoffen auf ein baldiges Ende der Wirtschaftssanktionen.

https://p.dw.com/p/1FP4I
Russland Deutschland Angela Merkel bei Wladimir Putin in Moskau
Bild: Getty Images/AFP/K. Kudryavtsev

US-Außenminister John Kerry hat Russland die Aufhebung der von den USA und der EU verhängten Wirtschaftssanktionen in Aussicht gestellt. Voraussetzung hierfür sei die vollständige Einhaltung der Waffenruhe in der Ostukraine, sagte Kerry am Dienstag nach Gesprächen mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow und Präsident Wladimir Putin in der Schwarzmeerstadt Sotschi. Beide Seiten sprachen sich für eine Annäherung der beiden Länder aus.

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel will das Ukraine-Problem und damit das Problem der Sanktionen endlich lösen - "mit Russland und nicht gegen Russland" habe die Kanzlerin am Sonntag der russischen Bevölkerung und ihrem Präsidenten Wladimir Putin beim Gedenken an die Toten des Zweiten Weltkriegs versichert, schreibt das "Handelsblatt". Diese "Botschaft für den Weltfrieden" interpretiert die Zeitung als Hoffnungsschimmer für all jene deutsche Unternehmen, die in Russland Geschäfte machen und sich eine baldige Lockerung der Wirtschaftssanktionen wüschen.

Ost-Ausschuss-Vorsitzender lobt Merkel

"Der Besuch der Bundeskanzlerin im Umfeld des Weltkriegsgedenkens in Moskau und von Bundesaußenminister Steinmeier wenige Tage zuvor in Wolgograd waren aus unserer Sicht äußerst wertvolle vertrauensbildende Maßnahmen", ließ auch Eckard Cordes, Vorsitzender des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft wenig später verlauten. Die Treffen leisteten einen wichtigen Beitrag dazu, dass der in Minsk im Februar begonnene Friedensprozess nachhaltig vorangebracht und die Ukraine-Krise letztlich auf diplomatischem Wege gelöst werde.

Es gebe einige Anzeichen dafür, dass die diplomatische Beharrlichkeit der Bundesregierung Früchte trage, so Cordes. Dafür spreche auch, dass Anfang Mai vier neue Arbeitsgruppen zur Umsetzung des Minsker-Abkommens eingerichtet werden sollen - darunter auch eine zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit.

"Wir sind der Bundeskanzlerin dankbar, dass Sie sich in Moskau erneut hinter das Ziel eines gemeinsamen Wirtschaftsraums der EU mit Russland gestellt hat", sagte der Ausschuss-Vorsitzende. Die Überwindung wirtschaftlicher Gegensätze zwischen der EU auf der einen und der Eurasischen Wirtschaftsunion auf der anderen Seite seien ein wichtiger Schlüssel zur Lösung der Ukraine-Krise. "Nur durch kontinuierliche Gespräche werden wir aus dem politischen und wirtschaftlichen Konflikt- und Krisenmodus herauskommen, der Deutschland, Russland und nicht zuletzt auch die Ukraine belastet und der zu einem massiven Einbruch der Handelsbeziehungen geführt hat."

Besorgter Blick nach China

Auch Rainer Seele, Präsident der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer, ist der Ansicht, dass an "einem permanenten Dialog" kein Weg vorbei führt: "Mit Sorge sehen wir den Rückgang des bilateralen Handelsvolumens und die wirtschaftspolitische Orientierung Russlands nach China."

Laut "Handelsblatt" sind 6400 deutsche Unternehmen in Russland tätig. An einen Abschied aus dem Riesenreich, wie ihn der Autobauer Opel im März mit der Schließung seines Werks in Sankt Petersburg vollzog, denke niemand mehr: "Russland ist und bleibt wichtig für die Automobilindustrie", wird Karl Krause, Chef des Autozulieferers Kieken, zitiert. Auch Lebensmittelproduzenten, Maschinenbauer, Wohnungsbaufirmen und Handelskonzerne wie Otto wollten bleiben, meint die Wirtschaftszeitung.

Eine Umfrage der DZ Bank bei 1500 Geschäftsführern mittelständischer Unternehmen belege dies. Zwar verhindert die Ukraine-Krise eine "noch bessere Stimmung" im Mittelstand, aber die Firmen wollen sich nicht aus Russland zurückziehen, fasst Stefan Zeidler, Firmenkundenvorstand der DZ Bank, die Ergebnisse zusammen.

Rubelkurs und Ölpreis

Der rasante Verfall des russischen Rubels um 40 Prozent seit Dezember vergangenen Jahres bereitet den Firmen große Schwierigkeiten, weil bei der Umrechnung immer weniger Ertrag in Euro übrig bleibt. Doch seit April hat sich Russlands Währung um zehn Prozent erholt. Auch der für den Rohstoff-Exporteur Russland wichtige Ölpreis hat sich stabilisiert.

Seitdem steigt auch die Zuversicht in den Firmen. "Ich sehe die Lage bei weitem nicht mehr so dramatisch wie vor einigen Monaten", sagte Beiersdorf-Chef Stefan Heidenreich bei der Vorlage seiner jüngsten Quartalsbilanz. In Osteuropa stieg der Umsatz des Hamburger Kosmetikherstellers gar um 9,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr - "getrieben durch eine sehr gute Entwicklung in Russland und der Ukraine".

Skepsis bei den größten Familienunternehmen

Diesen Optimismus teilen die großen deutschen Familienunternehmen allerdings nicht. Sie sorgen sich weiter um die Geopolitik. Mehr als die Hälfte der in einer aktuellen Studie befragten Unternehmen erwartet in den nächsten zwölf Monaten negative Konsequenzen durch die Ukraine-Krise.

Das zeigt eine Umfrage unter Deutschlands 400 größten Unternehmen vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), der Deutschen Bank und vom Institut für Mittelstandsforschung. Danach befürchten 67 Prozent der befragten Unternehmer rückläufige Umsätze durch die EU-Sanktionen gegen Russland. BDI-Vizepräsidentin Ingeborg Neumann stellte sich dennoch hinter die Sanktionspolitik: Es gilt der Primat der Politik, deshalb tragen wir die Sanktionen mit, sagte sie in einer Presseerklärung.