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Russische Banken EU-Sanktionen

Klaus Ulrich29. Oktober 2014

Russland soll in seiner Ukraine-Politik durch Sanktionen zum Einlenken gebracht werden. Doch ob die EU-Maßnahmen gegen geltendes Recht verstoßen, muss nun der Europäische Gerichtshof untersuchen.

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Büro der Sberbank in Moskau
Bild: Reuters

Das größte russische Kreditinstitut, die Sberbank, zieht wegen der gegen sie verhängten EU-Sanktionen vor Gericht, meldete die Nachrichtenagentur AFP schon am Donnerstag vergangener Woche (23.10.2014). Es sei Klage beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg eingereicht worden, habe danach die staatlich kontrollierte Bank in Moskau mitgeteilt. Der EuGH solle die "restriktiven Maßnahmen" aufheben. Die ebenfalls staatlich kontrollierten Kreditinstitute VTB und Wneschekonombank erklärten kurz darauf, auch sie hätten in Luxemburg geklagt.

Auch der russische Ölkonzern Rosneft und der russische Geschäftsmann Arkadi Rotenberg, ein enger Vertrauter von Präsident Wladimir Putin, haben wegen der EU-Sanktionen bereits Rechtsmittel eingelegt.

Weitreichende Wirtschaftssanktionen

Die EU hatte im Sommer im Zusammenhang mit der Ukraine-Krise ihre Strafmaßnahmen gegen Russland ausgeweitet und auch weitreichende Wirtschaftssanktionen verhängt. Betroffen sind unter anderem Finanzdienstleistungen. So wurden im Juli Sanktionen gegen insgesamt fünf Banken verhängt und deren Kreditaufnahme an den europäischen Märkten erschwert.

EU-Sanktionen gegen Russland - Auftragseinbruch bei sächsischen Maschinenbauern

Die Sanktionen träfen das russische Volk hart, schreibt das "Handelsblatt" in seiner Mittwochsausgabe (29.10.2014). Westliche Konsumgüter sind für viele Russen mittlerweile unerschwinglich - schon weil der Rubel seit Jahresbeginn gut 20 Prozent an Wert gegenüber dem Euro verloren hat. Neben dem Volk bekommt auch das russische Bankensystem die Finanzsanktionen mit voller Wucht zu spüren. Banken aus EU-Ländern geben russischen Instituten kaum noch Kredit - "dabei waren wir immer auch auf ausländische Kredite angewiesen", sagt der Vizechef von Russlands staatlicher Förderbank VEB, Andrej Klepatsch, im Handelsblatt-Interview.

Gute Chancen beim EuGH

Bei den Klagen der Banken gegen die Sanktionen gehe es mindestens um Schadensersatzforderungen in dreistelliger Millionenhöhe - und der Gang vor den EuGH sei alles andere als chancenlos, glaubt das "Handelsblatt".

So müsse der Rat der EU-Regierungschefs im Einzelnen nachweisen, dass betroffene Banken, Energieunternehmen und Oligarchen tatsächlich an der Annexion der Krim beteiligt waren. Schon mehrfach habe das Gericht Sanktionen gegen Personen oder Unternehmen in Drittstaaten für null und nichtig erklärt.

Reihe von Präzedenzfällen

Mit einem Urteil sei spätestens in 30 Monaten zu rechnen. Es könne aber auch durchaus schneller gehen, denn es gebe ja bereits eine ganze Reihe von Präzedenzfällen, an denen sich das Gericht orientieren könne, zitiert die Zeitung einen Gerichtssprecher.

Nach diesen Aussagen hebt der EuGH Sanktionen auf, wenn die EU zuvor einen verfahrenstechnischen Fehler gemacht hat. Der liegt etwa vor, wenn die Betroffenen nicht in der vorgeschriebenen Art und Weise angehört wurden - und deshalb nichts zu ihrer Verteidigung vortragen konnten.

Notwendige Beweise

Für nichtig erklärt der EuGH die Strafmaßnahmen auch dann, wenn die dafür erforderlichen Beweise nicht erbracht wurden. In der Vergangenheit ist es dem Europäischen Rat nicht immer gelungen, nachzuweisen, dass die Verhängung von Sanktionen gegen einzelne Personen berechtigt gewesen sei. Die Schuld dafür liege nicht beim Rat selbst, sondern bei einzelnen Mitgliedstaaten, sagte ein EU -Diplomat.

In der Regel schlagen die Regierungen der größten EU-Staaten, Deutschland, Frankreich, Großbritannien oder Spanien, vor, welche Unternehmen oder Personen auf die EU-Sanktionsliste gesetzt werden sollen. Dabei berufen sie sich auf Informationen ihrer Geheimdienste. Kommt es zu einer Klage, muss der Europäische Rat die Beweise der Geheimdienste beim EuGH vorlegen. Die Dienste seien aber nicht immer willens, ihre Erkenntnisse herauszurücken, hieß es in Brüssel.

Die betroffenen russischen Firmen haben nur Klage beim EuGH eingereicht, nicht aber in den USA, die ebenfalls Sanktionen gegen sie verhängt haben. Der Grund: In den USA rechnen sich die Banken nach eigenen Angaben keine Chance auf einen Klageerfolg aus, da die Sanktionen als Rechtsakt des US-Präsidenten verhängt werden. In Europa hingegen werden Sanktionen von juristisch angreifbaren EU-Institutionen beschlossen.