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Kennen Sie Ihren Blutdruck?

Gudrun Heise
17. Mai 2016

"Ich habe zu hohen Blutdruck." Das sagt sich so leicht. Aber was genau es damit auf sich hat, das wissen viele nicht so genau. Grund genug, einmal für Aufklärung zu sorgen. Denn mit Bluthochdruck ist nicht zu spaßen.

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Blutdruck messen (Foto: Jürgen Fälchle/Fotolia)
Bild: Fotolia/Jürgen Fälchle

Blutdruck: 120 zu 80 - das ist ein idealer Wert. Bei einem Arztbesuch wird oft erst einmal der Blutdruck gemessen. Und das nicht nur, wenn der Patient einen Kardiologen aufsucht. Das Messen des Blutdrucks werde routinemäßig durchgeführt, weil Hypertonie, also Bluthochdruck, so häufig vorkomme, erklärt Rainer Düsing, Kardiologe und Gründungsmitglied des Hypertoniezentrums Bonn. Bei Hypertonie Grad 1 liegen die Werte zwischen 140-159 und 90-99. Dann ist der Blutdruck zu hoch.

In Deutschland leiden etwa 35 Millionen Menschen an Bluthochdruck. Das sei sehr stark abhängig vom Alter: "Wenn ein 50- oder 60-Jähriger in eine Arztpraxis kommt wegen irgendeiner Kleinigkeit, dann ist die Chance, dass dieser Patient Hypertoniker ist, also Bluthochdruck hat, eins zu zwei", so Düsing.

Bluthochdruck verursacht Herz-Kreislauf-Erkrankungen, und die wiederum sind für die meisten Todesfälle in Deutschland verantwortlich.

Meist ist Bluthochdruck eine Zufallsdiagnose

Jürgen Weber war gerade mal dreißig Jahre alt, als sein Arzt bei einer Routineuntersuchung feststellte, dass der Blutdruck zu hoch war: 160 zu 90. Selbst hatte Jürgen Weber seinen Blutdruck nie gemessen. Wozu auch? Er war doch noch viel zu jung. Beschwerden habe er nicht gehabt, sagt der heute 76-Jährige. "Es ist ja so, dass gerade junge Menschen sich mit einem hohen Blutdruck eher wohlfühlen. Und so war das bei mir auch."

Was bedeuten die beiden Werte?

Blutdruckwerte (Foto: Fit und Gesund)
Zwei Messwerte bestimmen den BlutdruckBild: Fotolia/fotografci

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat eine Liste mit Blutdruckwerten herausgegeben, danach beginnt Bluthochdruck bei einem Wert von 140 zu 90.

Beim Blutdruckmessen werden immer zwei Werte angezeigt: Die höhere Zahl steht für den systolischen Wert, die niedrigere Zahl für den diastolischen Wert - eine Art Basisdruck, dem die Gefäße ständig ausgesetzt sind. "Das Herz schlägt etwa 60 bis 80 Mal in der Minute", erklärt Düsing. "Jedes Mal pumpt es dabei ein gewisses Schlagvolumen in den Kreislauf hinein. Wir haben einen oberen Wert - das ist der Maximalwert, kurz nachdem das Herz das Blut in den Kreislauf hineingepumpt hat - und wir haben den niedrigsten Wert. Der entsteht dadurch, dass das Herz kleine Pausen macht."

Mit einem gewissen Druck pumpt das Herz das Blut in die Gefäße und versorgt den Körper so mit Sauerstoff. Die einzelnen Gefäße sind flexibel, sie können sich dehnen und zusammenziehen. Ist der Blutdruck in den Arterien dauerhaft zu hoch, verlieren die Gefäße genau diese Eigenschaften. Die Organe werden nicht mehr ausreichend mit Blut versorgt. Das feine Gefäßsystem wird zerstört und es kann zu Schlaganfällen oder Herzinfarkt kommen.

Was fördert Bluthochdruck?

Jürgen Weber geht davon aus, dass sein Bluthochdruck genetisch bedingt ist. "Mein Vater hatte Bluthochdruck und mein Großvater auch. Und dann kommt noch der Stress des Alltags hinzu", so der ehemalige Hotelier.

Übergewichtige Frau . (Foto: Anthony Devlin/PA Wire URN:6741202)
Übergewicht ist einer der RisikofaktorenBild: picture-alliance/empics

Weitere Risikofaktoren sind Übergewicht, Bewegungsmangel oder regelmäßiger Alkoholkonsum. Selbst die Essgewohnheiten haben einen Einfluss. Deshalb warnen Ärzte auch immer wieder vor zu viel Salz: "Die Kochsalzausscheidung und die Blutdruckregulation hängen sehr eng zusammen. Eine der Theorien ist: Wenn man zu viel Kochsalz zu sich nimmt, wird man es nur mit hohem Druck wieder los", sagt Düsing. Das aber sei eine Debatte, die seit dreißig, vierzig Jahren nicht zum Ende komme. "Ich persönlich halte es für unbestritten, dass Kochsalz einer der Faktoren ist, der für die große Häufigkeit der Hypertonie mitverantwortlich ist."

Bluthochdruck steht an erster Stelle

In den Industrieländern steht Bluthochdruck auf der Liste der Volkskrankheiten ganz weit oben. Aber nur jeder Zweite weiß überhaupt von seiner Erkrankung. Vor einigen Jahren habe es eine vergleichende Untersuchung zur Häufigkeit der Hypertonie in verschiedenen Ländern gegeben, so Düsing. Dabei lag Deutschland vor den USA und anderen europäischen und außereuropäischen Staaten. Aber die Studie habe eher auf kleineren Stichproben basiert. Die Vergleichbarkeit hält der Mediziner deshalb für schwierig.

Sicher aber ist, dass auch Menschen in anderen Staaten Probleme mit dem Blutdruck haben. "Im Mittleren Osten, in den Golfstaaten, in China, überall liegt die Häufigkeit sehr hoch: bei 20 bis 30 Prozent der Gesamtbevölkerung. Und sie nimmt mit dem Lebensalter zu. Zwischen Fünfzig und Sechzig sind etwa 50 Prozent der Bevölkerung von dem Risikofaktor Bluthochdruck betroffen", gibt Düsing zu bedenken.

Symbolbild: Schlaganfall (Foto: Sebastian Kaulitzki - Fotolia.com )
Ein Schlaganfall kann die Folge von Bluthochdruck seinBild: Sebastian Kaulitzki - Fotolia.com

Es gibt neue Verfahren

Für Menschen, bei denen Medikamente gar nicht oder nur bedingt anschlagen, gibt es auch andere Therapieansätze: Einer ist die renale Denervation. Dabei werden Nerven - die maßgeblich an der Regulierung des Blutdrucks beteiligt sind - mit Hitze oder Kälte verödet. Diese Nerven gehören zum vegetativen Nervensystem. Es steuert unbewusst unsere Atmung und den Stoffwechsel. Bei Menschen mit hohem Blutdruck sind sie besonders aktiv. Durch Verödung kann ihre Aktivität um etwa fünfzig Prozent reduziert werden und damit auch der Bluthochdruck.

Eine zweite Methode läuft über die so Barorezeptoren - Nerven in der Halsschlagader. Die überwachen den Blutdruck und melden die Werte an das Gehirn. Das wiederum sendet Nervenimpulse, um den Druck zu regulieren. Bei Patienten mit Bluthochdruck kommt es vor, dass diese Barorezeptoren gestört sind. Dann kann ein Impulsgeber helfen. Der wird am Hals unter der Haut angebracht und funktioniert ähnlich wie ein Herzschrittmacher.

Beide Möglichkeiten werden schon seit einigen Jahren praktiziert. Düsing aber ist der Meinung, diese Maßnahmen hätten zurzeit noch eher experimentellen Charakter, da es keine eindeutigen Studien gebe. "In den USA ist man da etwas zurückhaltender, da hat man noch keine dieser Methoden akzeptiert. Wir sind in Deutschland immer ein bisschen die Spitze der Bewegung. Ob das gut oder schlecht ist, wird sich langfristig zeigen, wenn gute Daten vorliegen."

Jogger (Foto: picture-alliance/chromeorange)
Bewegung hilft, den Blutdruck zu senkenBild: picture-alliance/chromeorange

Goldene Regeln

"Reduziere den Kochsalzgenuss! Versuche, dich körperlich mehr zu betätigen! Bewegung ist eine extrem wirksame blutdrucksenkende Aktivität! Trinke weniger Alkohol! Reduziere Gewicht", rät der Spezialist Düsing. "Die Körpermasse und der Blutdruck gehen miteinander einher: Steigt die Körpermasse, geht der Blutdruck hoch. Wird sie reduziert, geht der Blutdruck wieder runter."

Jürgen Weber muss Medikamente gegen seinen Bluthochdruck nehmen. Aber er beherzigt auch die Empfehlungen der Ärzte: "Ich ernähre mich sehr gesund, bewege mich viel und mache auch eine Entspannungstechnik. Ich mache Qigong." Zweimal täglich misst er seinen Blutdruck. Seine Werte liegen heute bei etwa 140 zu 75, und das gilt als nur leicht erhöhter Blutdruck.