1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Chinesische Reaktionen auf die Ukraine

Su Yutong | Cao Haiye26. Februar 2014

Bis zum Sturz von Präsident Janukowitsch berichteten die chinesischen Medien ausführlich über die Vorgänge in der Ukraine. Danach wurde es still auf den Fernsehkanälen. Im Internet aber geht die Diskussion weiter.

https://p.dw.com/p/1BFSw
Kiew Maidan Nacht Ruhe
Bild: Reuters

Noch in der letzten Woche hat der TV-Sender CCTV intensiv über die "Unruhen" in der Ukraine berichtet. Doch mit dem Sieg der Opposition wendete sich der staatliche Fernsehsender von der Ukraine ab. Mit dem Statement des Außenministeriums "China respektiert die Entscheidung des ukrainischen Volkes" wurde die Berichterstattung quasi abgeschlossen - obwohl der Maidan zu diesem Zeitpunkt noch in Flammen stand.

Bei den chinesischen Bürgern haben die Ereignisse von Kiew einen starken Eindruck hinterlassen. Viele diskutieren im Internet weiter. Dabei ist die Sympathie für die Opposition und die Begeisterung über deren Sieg nicht zu übersehen. Der in Hongkong ansässige Autor Stephen Thompson schrieb auf Twitter: "Die Ukraine von heute ist das China von morgen. Was Janukowitsch jetzt passiert, wird eines Tages auch Xi Jinping widerfahren."

"Demokratie ist nicht der Anfang von Chaos"

Vergleichbare, begeisterte Kommentare für die ukrainischen Revolution auf dem chinesischen Kurznachrichtendienst Weibo wurden jedoch schnell von der Netzpolizei gelöscht. Dagegen bleiben die kritischen Stimmen erhalten - so wie die des nationalistischen Autors Sima Nan: "Als ich 2009 in Kiew war, haben sich die Leute auch schon gegenseitig verprügelt. Damals haben manche diese 'Straßendemokratie' bejubelt. Ich war eher besorgt und dachte, mein Land darf keinesfalls in solch eine politische Falle hineingeraten."

Smartphone mit Weibo
Das chinesische Pendant zu twitter: der Kurnznachrichtendienst WeiboBild: picture-alliance/dpa

Andere Chinesen beneiden die Ukraine. "Die brutale Unterdrückung hat sich nicht durchgesetzt, das Land ist nicht in blutige Kämpfe versunken. Das liefert nicht gerade das Argument, das sich unsere Partei gewünscht hatte, nämlich: die Demokratie ist der Anfang vom Chaos. Die Diktaturen der Welt werden eine nach der anderen zusammenbrechen. Irgendwann werden selbst die letzten sich zu Demokratien entwickeln."

Der Netz-Kommentator Wuyue Sanren glaubt: "Das Highlight in der Ukraine war, daß die Armee erklärt hat, nur für die Außenverteidigung zuständig zu sein und sich nicht in die Innenpolitik einzumischen."

Proteste auf dem Tiananmen-Platz 1989
Der Umsturz in der Ukraine weckt bei manchen Chinesen Erinnerungen an die Proteste auf dem Tiananmen-Platz 1989Bild: 64memo

Vom Maidan zum Tiananmen-Platz

Viele fühlen sich an der Demokratiebewegung auf dem Tiananmen-Platz in Peking vor 25 Jahren erinnert. Ein Nutzer mit dem Nicknamen "Kleine Brille" schrieb auf Twitter: "Der befürchtete Bürgerkrieg ist nicht ausgebrochen. Die Auseinandersetzung in Kiew wird wohl mit einem Kompromiss enden. Während man einerseits den Ukrainern für den Sieg ihrer Demokratiebewegung gratuliert, macht sich andererseits auch Traurigkeit breit: Wochenlange Demonstrationen auf dem zentralen Platz, Dialog mit dem Regime, moralische Unterstützung aus dem Westen, Räumungen - das alles kommt uns so bekannt vor. Warum nur sind die Ergebnisse so unterschiedlich?"

Die neuen Entwicklungen in Kiew machen auch den chinesischen Demokraten Hoffnungen. Der Schriftsteller Wen Kejian schrieb: "Ich hoffe nicht mehr auf Reformen, träume nicht mehr von dem sogenannten dritten Weg, also friedlichem Wandel. Die Revolution ist nicht nur notwendig, sondern auch möglich."

Der Hongkonger Publizist Bao Pu ist da skeptischer. Er glaubt nicht, dass China bald dem Beispiel der Ukraine folgen wird. Für ihn ist etwas anderes wichtig: "Die Leute sehen jetzt, dass es die schlechteste Lösung ist, das Gewehrfeuer zu eröffnen. Vor 25 Jahren wurde in Peking dieser Weg eingeschlagen. Noch heute zahlen die Chinesen dafür einen hohen Preis. Die Führung muss daraus ihre Lehren ziehen."