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Reaktionen auf Malaysia Airlines-Unglück

Hans Spross18. Juli 2014

Zum zweiten Mal in diesem Jahr hat Malaysias staatliche Fluggesellschaft einen vollbesetzten Passagierjet verloren, wieder gibt es keine Überlebenden. In die Trauer mischen sich auch kritische Fragen.

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Malaysia Airlines MH-17 Reaktionen (Foto: AFP/Getty Images)
Bild: AFP/Getty Images

Nach MH 370 jetzt MH 17 - zwei Mal binnen vier Monaten ist ein Großraumflugzeug vom Typ Boeing 777 der staatlichen malaysischen Fluggesellschaft Malaysia Airlines mit knapp 300 Passagieren an Bord abgestürzt. Während das Schicksal von Flug MH 370 bis heute unaufgeklärt blieb - es wurden immer noch keine Wrackteile im Indischen Ozean gefunden - liegen die Trümmer des jüngsten Unglücksflugzeugs und die sterbliche Überreste der Passagiere auf einem Feld in der Ostukraine, etwa 50 Kilometer von der russischen Grenze, verstreut. "Ein tragischer Tag in einem tragischen Jahr für Malaysia" kommentierte Malaysias Premierminister Najib Razak am Freitagmorgen (18.07.) den Absturz.

Nach vorläufigen US-Informationen wurde die in einer Höhe von 33.000 Fuß (etwa zehn Kilometer) fliegende Passagiermaschine von einer weit reichenden Boden-Luft-Rakete abgeschossen. "Sollte sich das bewahrheiten, wäre es nicht nur ein Verstoß gegen das Völkerrecht, sondern ein unsägliches Verbrechen gegen die Menschlichkeit", sagte Malaysias Verkehrsminister Liow Tiong Lai. Die USA machten Russland indirekt mitverantwortlich für den Abschuss, indem das Weiße Haus auf russische Waffenlieferungen für die Separatisten in der Ost-Ukraine verwies.

Scharfe Töne aus Canberra

Als bislang einzige Regierung aus dem asiatischen Raum hat Australien Russland im Zusammenhang mit dem Absturz scharf kritisiert. Ministerpräsident Tony Abbott bezeichnete die offizielle russische Reaktion als "zutiefst unbefriedigend". Der russische Botschafter habe die Ukraine als Schuldigen für den Abschuss bezeichnet, dies sei "keinesfalls zufriedenstellend", so Abbott. Der Absturz sei kein Unfall, sondern ein Verbrechen, und Australien erwarte die vollumfängliche Kooperation Russlands bei der Aufklärung. Unter den Passagieren der abgestürzten Maschine befanden sich 27 Australier.

Australiens Premier Tony Abbott (Foto: picture-alliance/dpa)
Will Russland "nicht mit Ausreden davonkommen lassen" - Australiens Premier Tony AbbottBild: picture-alliance/dpa

In Malaysia wurde der erneute Absturz eines Flugzeugs der staatlichen Fluglinie mit ungläubigem Entsetzen aufgenommen. "Ich habe gerade die schreckliche Nachricht gehört. Wir können das so kurz nach der Tragödie von MH 370 gar nicht aufnehmen", schreibt Badminton-Star Lee Chong Wie, der populärste Sportler des Landes, auf Twitter. Die Aktivistin Sarah Bajc, die sich für verstärkte Bemühungen zur Aufklärung des Unglücksflugs MH 370 von Anfang März einsetzt, glaubt, dass zwischen beiden Abstürzen ein Zusammenhang besteht und dass die "tiefsitzenden Probleme" der Fluggesellschaft Malaysia Airlines im Heimatland ignoriert würden.

Gefahren des Luftraums unterschätzt?

Vorwürfen, dass der Flug über gefährlichem und umkämpftem Gebiet durchgeführt worden sei, hielt Premier Razak entgegen, dass internationale Luftfahrtbehörden den betreffenden Luftraum nicht für den Luftverkehr eingeschränkt hätten.

PK Najib Razak (Foto: AFP/Getty Images)
Premier Najib Razak muss erneut einen tragischen Flugzeugabsturz erklärenBild: AFP/Getty Images

Asiatische Fluglinien hatten vor dem Absturz der malaysischen Maschine unterschiedliche Maßnahmen auf die unsichere Lage im ukrainischen Luftraum ergriffen. Gesellschaften wie die Korean Air und Asiana (beide Südkorea) sowie die australische Qantas und China Airlines (Taiwan) hatten bereits seit der Besetzung der Krim durch russische Truppen den ukrainischen Luftraum gemieden. Cathay Pacific aus Hongkong und Singapore Airlines gaben an, dass sie den ukrainischen Luftraum "seit einiger Zeit" umflögen. Andere asiatische Fluggesellschaften, wie Air India, Thai Airways und Vietnam Airlines, teilten mit, sie hätten ihre Flugrouten nach dem Absturz umgeleitet.

Experten verweisen darauf, dass neue Routen zur Vermeidung des ukrainischen Luftraums längere Flugzeiten und höhere Treibstoffkosten verursachen. Die Nachrichtenagentur AFP zitiert den in Jakarta ansässigen Luftfahrtexperten Gerry Soejatman, der erklärt, dass die Fluggesellschaften ihre jeweils eigenen Risikoeinschätzungen vornähmen. Generell werde eine Flughöhe von 30,000 Fuß und darüber als sicher vor Angriffen vom Boden aus eingestuft. Der australische Experte Neil Hansford von Strategic Aviation Solutions nimmt die Fluggesellschaft in Schutz: "Das war einfach Pech, man rechnet auf 30.-40.000 Fuß Höhe nicht mit Problemen."

Chinesen sehen sich bestätigt

In China sehen sich jetzt viele in ihrer Wut und schlechten Meinung über die malaysische Fluggesellschaft bestätigt. Vergleichsweise zurückhaltend äußert sich zu diesem Thema Zhang Guoqing, Experte für internationale Politik von der chinesischen Akademie für Geisteswissenschaft, gegenüber dem chinesischen Portal Tecentnews: "Es herrscht seit sechs Monaten Kriegszustand in der Ukraine. Es ist allgemein bekannt, dass es sehr gefährlich ist, den dortigen Luftraum zu durchqueren. Aber Malaysia Airlines war nicht bereit, die Flugroute zu ändern. Es ist das selbe miserable Krisenmanagement wie damals."

Brennende Kerzen und Blumenmeer vor der niederländischen Botschaft in Kiew (Foto: Reuters)
Brennende Kerzen und Blumenmeer vor der niederländischen Botschaft in Kiew – an Bord der Maschine waren 154 holländische PassagiereBild: Reuters

Allerdings: Auch Air China und China Eastern Airways flogen bislang 28 Mal pro Woche durch eben diesen Luftraum. Die chinesische Behörde für Zivilluftfahrt teilte am Freitag, nach dem tragischen Absturz der malaysischen Maschine mit, dass alle chinesischen Gesellschaften die Region umfliegen müssten.