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Munroe erklärt die Welt

Silke Wünsch8. November 2014

Es gibt keine dummen Fragen. Falsch, sagt der Physiker und Cartoonzeichner Randall Munroe, denn seine Karriere startete mit einer extrem dummen Frage. Nun beantwortet er die Fragen der Anderen - auf spezielle Art.

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Seiten aus dem Buch "What if? Was wäre, wenn?" von Randall Munroe
Bild: Randall Munroe/KnausVerlag

"Aus welcher Höhe muss man ein Steak abwerfen, damit es gar ist, wenn es unten ankommt?" Selbst eine Frage wie diese kann Randall Munroe nicht aus der Ruhe bringen. Auf sechs Seiten erklärt er, warum ein Steak, das während eines Suborbitalflugs abgeworfen wird, außen verkohlt und innen roh am Boden aufschlägt.

Physik ist weder trocken noch langweilig: Das haben schon viele Professoren und Dozenten in ihren Vorlesungen oder in lustigen Fernsehshows versucht, zu beweisen. Doch keiner schafft das so wie Randall Munroe. Auf seinem Blog #link:http://xkcd.com:xkcd.com# und jetzt auch in seinem Buch "What if?", das Anfang September 2014 in den USA erschienen ist.

"Wieviel Platz braucht das Internet?", "Was passiert, wenn man einen eingeschalteten Fön in eine luftdichte Box steckt?" - Munroe hat auf fast alles eine Antwort. Er ist gerade mal 30 Jahre alt, kennt sich aus mit Physik, hat das Fach studiert und bei der NASA als Robotiker gearbeitet. Nebenbei betrieb er sein Blog xkcd.com. Seit 2005 veröffentlicht er dort seine Strichmännchen-Cartoons. Im Netz wurde er damit schnell berühmt - mit Klickzahlen in Millionenhöhe. So konnte er seinen Job bei der NASA schließlich aufgeben, um "den ganzen Tag Comics zu zeichnen".

Cover von von "What if? Was wäre wenn?" - von Randall Munroe

Er witzelt über Computer, Erfinder, Nerds, Klischees über Männer und Frauen - und #link:http://xkcd.com/1331:zwischendurch erklärt er mal schnell die Welt#, wie es einfacher und zugleich eindrucksvoller kaum geht. Vor zwei Jahren begann er damit, auf seinem Blog bizarre wissenschaftliche Fragen aus dem Netz zu beantworten, was schnell zum Renner wurde.

Wie kann man am effektivsten die Erde zerstören?

Nun ist das Beste seiner Fragen- und Cartoonsammlung auch auf Deutsch erschienen. Der Übersetzer Ralf Pannowitsch hat es mit Bravour geschafft, den Ton Munroes auch auf deutsch genau zu treffen: Munroe versucht, die Fragen immer ernst zu nehmen, beantwortet sie minutiös, hat aber auch einen Hang zur freundlichen Ironie. "Wie gefährlich ist es wirklich, bei Gewitter in einem Swimmingpool zu baden?" Munroe: "Ziemlich gefährlich." Danach folgt eine für jeden verständliche Begründung, warum es "ziemlich gefährlich" ist. So verfährt er auch mit Fragen zur vollständigen Zerstörung der Erde. Etwa, was geschähe, wenn die Sonne plötzlich erlösche. Oder, wenn jemand eine Gewehrkugel von der Dichte eines Neutronensterns auf die Erde abfeuern würde.

Kanibalismus und Kettensägenmassaker

So schräg diese Fragen auch erscheinen mögen, Munroe lässt sich Zeit, erklärt auch, warum er diese Frage besonders interessant findet und dröselt alles mit Hilfe von witzigen Zeichnungen mit ebenso witzigen Untertiteln und ernsthaften mathematischen Formeln auf.

Seiten aus dem Buch "What if? Was wäre, wenn?" von Randall Munroe
Bild: Randall Munroe/KnausVerlag

Zuweilen schaffen es Munroes Leser dann doch, ihn an den Rand seiner Toleranzgrenzen zu bringen: Etwa, wenn jemand wissen möchte, wie hoch der gesamte Nährwert eines durchschnittlichen menschlichen Körpers (Kalorien, Fett, Vitamine, Mineralstoffe etc.) liegt. Oder wenn eine Leserin fragt, welche Temperatur eine Kettensäge haben muss, damit alle von ihr verursachten Verletzungen sofort wieder verödet werden. Für Anliegen dieser Art gibt es eine eigene Rubrik: "Seltsame (und beunruhigende) Fragen aus dem 'What if?' - Posteingang".

Munroe hält immer noch Vorlesungen, allerdings eher im Netz. Auch seine Youtube-Videos werden millionenfach geklickt und geteilt, eine umfangreiche Merchandising-Kollektion, die er auf xkcd.com anbietet, sichert ihm sein Einkommen. T-Shirts, Krawatten, Kaffetassen, Poster mit seinen Strichmännchen-Zeichnungen verkaufen sich bestens; wer als Nerd etwas auf sich hält, hat mindestens ein Stück von ihm im Schrank. Demnächst nun auch sein Buch.

Ein bisschen seltsam?

Munroe selbst ist natürlich auch ein Nerd, viel Persönliches gibt er nicht preis. Auf seiner Werbseite stellt er sich als ganz normaler Kerl vor, der "gerne auf Dinge klettert und seltsame Türen öffnet." Er gehe auch schonmal im Outfit seiner Studentenverbindung in Gothic Clubs, wo er doch sehr deplaziert wirke. Umgekehrt begebe er sich aber auch in Gothic-Kluft auf eine Studentenparty.

Selbstporträt des Physikers und Comiczeichners Randall Munroe
Randall Munroe: Ein SelbstporträtBild: Randall Munroe

Die Frage übrigens, mit der alles begann, stellte Munroe seiner Mutter im Alter von fünf Jahren: "Gibt es in unserem Haus mehr weiche oder mehr harte Sachen?" Diese Frage kann Munroe bis heute nicht beantworten - doch Fragen wie diese, so schreibt er im Vorwort des Buches, "können uns zu wirklich Aufregendem führen, wenn wir versuchen, selbst dumme Fragen gründlich und vollständig zu beantworten."

Es gibt schon viele Bücher, die Fragen beantworten, die die Welt nicht braucht, kleine Lexika des "unnützen Wissens". Randall Munroe gibt sich gar nicht den Anspruch, so etwas wie ein Lexikon zu sein. Er hat einfach große Freude an Naturwissenschaft und Mathematik, kann zeichnen und ist sehr witzig. Das alles mixt er zu einem herrlichen Spaß zusammen - nicht nur für Technik-Freaks.