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Kehr Thaksin nach Thailand zurück?

17. November 2011

Die thailändische Regierung hat am Dienstag (15.11.2011) ein Gesetz zur Amnestie verabschiedet. Die Opposition befürchtet, dass es dem früheren Regierungschef Thaksin Shinawatra die Rückkehr aus dem Exil ermöglicht.

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Anhänger der VDD halten Plakate mit Bildern von Thaksin und Yingluck Shinawatra in die Höhe. (Foto: AP)
Will die Ministerpräsidentin ihren Bruder Thaksin aus dem Exil zurückholen?Bild: dapd

Die Bangkok Post berichtete unter Berufung auf Regierungsbeamte, dass das Amnestie-Gesetz vorsehe, Personen zu begnadigen, die "älter als 60 Jahre sind und zu einer Haftstrafe unter drei Jahren verurteilt" wurden. Auf den ehemaligen Regierungschef Thaksin Shinawatra treffen diese Kriterien genau zu. Thaksin ist 62 Jahre alt und wurde 2008 in Abwesenheit wegen Korruption zu einer zweijährigen Haftstrafe verurteilt.

"Gelbhemden" versammeln sich im Park und hängen Nationalflaggen und Bilder des Königs auf (Foto: AP)
Die "Gelbhemden" unterstützen den König BhumibolBild: AP

Bevor das Gesetz in Kraft treten kann, müssen noch Ministerpräsidentin Yingluck Shinawatra, die jüngere Schwester von Thaksin Shinawatra, und König Bhumibol Adulyadej zustimmen. Die Regierungschefin Yingluck war während des Beschlusses im Kabinett nicht anwesend. Wahrscheinlich war sie sich über die Sensibilität des Themas im Klaren und besuchte lieber die Flutopfer in den Provinzen.

Anlass für die Amnestie ist ein thailändischer Brauch. Am 5. Dezember, dem Geburtstag des Königs, werden traditionell Häftlinge aus den Gefängnissen entlassen.

Jahrelanger Konflikt

Der Gesetzesvorstoß trifft die thailändische Gesellschaft an einem empfindlichen Punkt. Seit Jahren rivalisieren die Vereinigte Front für Demokratie gegen Diktatur (VDD), die so genannten "Rothemden", und die außerparlamentarischen Bewegung PAD, die so genannten "Gelbhemden", um die Macht. Zurzeit wird die Regierung von den Rothemden gestellt. Sie sind Anhänger Thaksins und rekrutieren sich überwiegend aus der armen Landbevölkerung. Die Bauern und Dorfbewohner stellen die Mehrheit der Bevölkerung und damit einen wichtigen Machtfaktor bei den Wahlen dar.

Thailändische Soldaten riegeln ein Viertel ab. Im Hintergrund sind Qualm und Demonstranten zu sehen (Foto: AP)
Bei den Protesten 2010 kam es zu teils blutigen ZusammenstößenBild: AP

Dagegen stehen die Gelbhemden den städtischen Eliten und dem Militär nah. Das Militär hatte 2006 geputscht und Thaksin aus dem Amt vertrieben. Seitdem gibt es in Thailand immer wieder heftige Auseinandersetzungen. 2010 kam es dabei in der Hauptstadt Bangkok zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen mit mehreren Toten.

"Polarisierung der Gesellschaft"

Die Opposition kritisiert den Gesetzesentwurf scharf und spricht von einer Fortsetzung der Korruption und Vetternwirtschaft. Die Amnestie sei darauf zugeschnitten, "einer bestimmten Person" zu helfen, sagte Sakoltee Phattiyakul von der "gelben" demokratischen Partei (DP).

"Die Polarisierung der thailändischen Gesellschaft hat wieder zugenommen", fasst Jost Pachaly von der Heinrich-Böll-Stiftung in Bangkok die neuesten Entwicklungen zusammen. Pachaly vermutet in der Abwesenheit der Ministerpräsidentin in der Kabinettssitzung einen "bewussten Schachzug, um erst einmal die Reaktionen abzuwarten und den Gesetzesentwurf gegebenenfalls abzuändern." Dabei habe Thailand aufgrund der Flut zurzeit eigentlich Wichtigeres zu tun. "Das ist kein gutes Zeichen, denn Thailand ist so stark mit der Flut beschäftigt und hat eigentlich andere dringendere Probleme."

Gerhard Will von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) sieht in dem Aufschrei, der den Gesetzesvorstoß begleitet, vor allem eine Strategie der "gelben" Regierungskritiker. "Es ist eine Gelegenheit, das Thema Thaksin, das angesichts der riesigen Flut in den Hintergrund getreten war, wieder in den Vordergrund zu schieben." Die Opposition spiele das Thema jetzt hoch, "das sie braucht, um sich zu profilieren."

Der Widerstand formiert sich

Weniger als 24 Stunden nach Bekanntgabe des Gesetzesentwurfs wurde eine Anti-Amnestie-Facebook-Gruppe eingerichtet, die in Kürze mehr als 700 Mitglieder hatte. Zugleich wurde eine Unterschriftenkampagne ins Leben gerufen. "Die Bürger formieren sich sehr, sehr schnell", berichtet Thailand-Experte Pachaly.

Menschen stehen knietief im Wasser und werden mit Hilfsgütern versorgt (Foto: AP)
Nicht nur Bangkok, sondern das ganze Land ist von der Flut betroffenBild: dapd

Zu einer bewaffneten Konfrontation wie im Jahr 2010 wird es im Moment nach Experteneinschätzungen jedoch nicht kommen. "Durch die Flutkatastrophe sind alle anderen Probleme in den Hintergrund gerückt", sagt Gerhard Will, „die Leute sind mit unmittelbaren Überlebensfragen beschäftigt. Es wird – auch aus rein technischen Gründen – keine größeren Demonstrationen geben. Die Gelbhemden werden ihre Mühe haben, das Thema so in die Medien zu bringen, wie sie das gerne hätten." Gegen die gewaltigen Ausmaße der Flut kommen die politischen Ränkespiele nicht an.

Autor: Rodion Ebbighausen
Redaktion: Gui Hao