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Quito denkt, Peking lenkt

Astrid Prange25. Juni 2013

Das Asylgesuch von Edward Snowden in Ecuador zeigt, wie sehr der politische und wirtschaftliche Einfluss der USA in Südamerika geschrumpft ist. Statt Washington zu folgen, richten viele Länder ihren Blick nach China.

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Trans-Ecuadorianische Öl-Pipeline SOTE im Urwald von Ecuador (Foto: imago)
Trans-Ecuadorianische Öl-Pipeline SOTEBild: imago/imagebroker

Ohne Geld aus Peking geht es nicht: Beim Ausbau seiner Infrastruktur und der Finanzierung seiner Sozialpolitik ist Ecuador auf Kredite aus dem Reich der Mitte angewiesen. Erst Anfang der Woche machte Staatspräsident Rafael Correa einen neuen Megadeal mit China bekannt: Nach Berichten der ecuadorianischen Tageszeitung "El Comercio" wird der Staatskonzern China National Petroleum Company (CNPC) rund 12,5 Milliarden Dollar in die Modernisierung und den Neubau von Raffinerien im OPEC-Mitgliedsstaat Ecuador investieren.

Für die Errichtung der geplanten Raffinerie Refinería del Pacífico sind zehn Milliarden Dollar vorgesehen. Durch diese Kooperation wird CNPC künftig einen Anteil von 30 Prozent an der neuen Raffinerie in Ecuador besitzen. Der Rest des Geldes geht in die Modernisierung der drei Raffinerien La Libertad, Amazonas und Esmeralda an der Pazifikküste.

Ein anderes Beispiel für die zunehmende finanzielle Abhängigkeit Ecuadors vom Reich der Mitte: Erst im Februar dieses Jahres zahlte die China Development Bank die erste Tranche eines Zweimilliarden-Kredits in Höhe von 1,4 Milliarden Dollar aus. Damit sollen staatliche Investitionen in Infrastruktur und der laufende Haushalt mitfinanziert werden. Außerdem werden nach Berichten der ecuadorianischen Presse chinesische Firmen von 2015 an auch Hochspannungsleitungen quer durchs Land in die Ballungsgebiete bauen.

Veraltete Raffinerien

Der Investitionsbedarf ist enorm: Unter Staatspräsident Rafael Correa, der im Februar zum dritten Mal wiedergewählt wurde, werden neben neuen Raffinerien zur Weiterverarbeitung von Rohöl auch noch acht Wasserkraftwerke gebaut. Denn die veralteten Raffinerie-Parks im Land haben dazu geführt, dass Ecuador überwiegend nur noch Rohöl ausführt, die weiterverarbeiteten Ölprodukte und Treibstoffe hingegen für viel Geld wieder importieren muss.

Vor dem jüngsten Megadeal für die Rafinería del Pacífico steht Ecuador bereits mit 7,8 Milliarden Dollar bei China in der Kreide, dies entspricht rund zehn Prozent des gesamten Bruttoinlandsproduktes (BIP). Der Aufstieg Chinas zu Ecuadors größtem Gläubiger begann mit der Verkündigung des Schuldenmoratoriums im Dezember 2008. Seit dem Zahlungsstopp ist das Land von den internationalen Kapitalmärkten abgeschnitten und bekommt weder Kredite von der Weltbank noch vom Internationalen Weltwährungsfonds (IWF).

Dennoch sieht die wirtschaftliche Entwicklung Ecuadors auf den ersten Blick gut aus. Seit der Einführung des US-Dollars als offizielles Zahlungsmittel im Jahr 2000 wuchs die Wirtschaft bis 2008 im Durchschnitt um jährlich fünf Prozent. Nach einem Einbruch wegen der Finanzkrise zog die Entwicklung 2010 wieder an. 2011 legte das Bruttoinlandsprodukt sogar um acht Prozent zu, im vergangenen Jahr waren es immerhin noch knapp fünf Prozent. Die Prognosen für das laufende Jahr liegen zwischen 3,8 und vier Prozent.

Rafael Correa grüßt seine Unterstützer (Foto: Reuters)
Rafael Correa nach seiner Wiederwahl 2013Bild: Reuters

Auslandsinvestitionen gehen zurück

Wie in vielen lateinamerikanischen Nachbarländern auch wird in Ecuador das Wirtschaftswachstum durch massive öffentliche Investitionen in soziale Programme angetrieben, die wiederum durch die Einnahmen aus dem Erdölexport finanziert werden. Ecuador bezieht 58 Prozent seiner Exporteinnahmen aus Erdöl.

Doch seit seinem ersten Amtsantritt 2007 hat Staatspräsident Correa einen Großteil der Erdölindustrie verstaatlicht. Ausländische Ölkonzerne investieren deshalb kaum noch. Nach Angaben der lateinamerikanischen Wirtschaftskommission Cepal zählt Ecuador wegen der mangelnden Rechtssicherheit zu den Ländern mit den geringsten ausländischen Direktinvestitionen.

Der Mangel an Investitionen wirkte sich auch negativ auf die Erdölförderung aus. Seit 2008 stagniert die Produktion bei rund 500.000 Barrel pro Tag. Mit 184 Millionen Barrel produziert das Land heute weniger als vor sieben Jahren, errechnete die Zeitung "El Comercio". "Damit Ecuador produzieren kann, ist es auf Importe angewiesen", erklärte Mauricío Dávalos, ehemaliger Agrarminister Ecuadors, kürzlich in einem Interview mit der ecuadorianischen Presse. Ecuador wird also noch lange auf Kredite aus China angewiesen sein, um sein Entwicklungsmodell zu finanzieren.