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Ungarn: Es geht um mehr als die Internetsteuer

Sella Oneko28. Oktober 2014

In Budapest werden weitere Proteste gegen die geplante Internetsteuer erwartet. Das Vorhaben der Regierung sei ein willkommener Anlass, um eine grundsätzliche Unzufriedenheit zu zeigen, erklärt Demonstrant Daniel Mayer.

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Proteste gegen Internet-Steuer in Ungarn 26.10.2014
Bild: AFP/Getty Images/Attila Kisbenedek

In Ungarn gab es nun schon zum zweiten Mal Proteste gegen die geplante Internetsteuer. Die Demonstranten wollen erreichen, dass die ungarische Regierung den Gesetzesentwurf verwirft. Die Regierung dagegen möchte den Internetverkehr mit 150 Forint (0,50 Euro) pro Gigabyte besteuern. Dabei soll die monatliche Obergrenze für Privatnutzer bei 2,30 Euro liegen. Firmen sollen bis zu 16 Euro zahlen.

Der 26 jährige Student Daniel Mayer war einer der rund 10.000 Demonstranten, die bereits am vergangenen Sonntag in Budapest gegen diese Pläne protestiert haben.

DW: Wogegen richten sich die Proteste?

Daniel Mayer: Es geht uns ums Grundsätzliche. Einerseits haben wir sowieso schon eine 27 prozentige Mehrwertsteuer, die wir fürs Internet und alle anderen Produkte zahlen. Das ist die höchste in der ganzen EU. Andererseits ist das Internet heutzutage ein fundamentales Recht - uns regt auf, dass die Regierung da mitreden will und mitkontrollieren will. In Ländern wie Finnland wurde das Internet schon zum Grundrecht erklärt. In anderen Ländern wird das Internet von den Regierungen subventioniert, sodass es auch die ärmsten Menschen erreicht. Was hier in Ungarn passiert, läuft also gegen die internationalen und europäischen Trends.

Für die Ungarn ist das Internet sehr wichtig, weil sehr viele Informationen nur hier zugänglich sind.

Weshalb möchte die Regierung die Steuer überhaupt durchsetzen?

Einerseits ist es eine wirtschaftliche Entscheidung. Die Regierung hat keine Reformen gemacht, das Land steckt in großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Wir sind schon fast am Rande des Abgrunds und die Regierung hat einfach schon alles besteuert. Sie haben die Telekommunikationsfirmen besteuert, die Banken, Groß- und Kleinhandel, den Versand von SMS. Es werden auch verrückte Sachen wie Seifen neu besteuert. Jetzt brauchten sie einfach eine neue Steuer.

Daniel Mayer aus Ungarn
Daniel Mayer studiert Soziologie in Budapest.Bild: Elisabeth Gamperl

Andererseits war es auch ein Ablenkungsmanöver von dem Skandal, dass die USA sechs regierungsnahe Ungarn nicht haben einreisen lassen.

Was würden die 50 Cent pro Gigabyte für Internetnutzer in Ungarn bedeuten?

Jeder Nutzer müsste im Monat bis zu 2,30 Euro zahlen. Das ist in Ungarn keine große Summe, auch wenn man nur den Mindestlohn verdient. Das würde zu den bisherigen Internetgebühren keinen großen Unterschied machen. Es würde auch sicherlich niemanden vom Internetzugang abhalten. Informationen der unabhängigen und regierungskritischen Medien würden weiterhin abgerufen werden. Die Steuer würde also keine Einschränkung der Meinungsfreiheit bedeuten.

Das andere ist, dass auch die Unternehmen, die sehr stark vom Internet abhängen, bis zu 16 Euro pro Monat zahlen sollen. Das wird auch die Unternehmen nicht davon abhalten, weiter über das Internet Geschäfte zu machen. Es geht uns bei den Protesten also tatsächlich ums Prinzip. Die Ankündigung der Steuern nehmen wir zum Anlass, unsere Unzufriedenheit zum Ausruck zu bringen. Und wir werden erstmal weitermachen.