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Proost, China!

Johanna Schmeller15. Februar 2014

Die Biermarke gehört längst zu den "Top 3" der Welt - nach einer Expansionsgeschichte, die ihresgleichen sucht. Was in Amsterdam begann, führt heute bis in den fernen Osten. Nur in Europa gibt's Probleme.

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150 Jahre Heineken Bier (Foto: picture-alliance/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Was James Bond nach Feierabend trinkt? Den geschüttelten Wodka-Martini, klar - oder ein Heineken. Das Rauchen hat der britische Star-Spion in den letzten Episoden aufgegeben. Seiner Biermarke aus den Niederlanden bleibt er allerdings seit 15 Jahren treu.

Nach dem belgischen Anheuser-Busch-InBev-Konzern (AB-InBev) und der britischen SABMiller-Gruppe ist Heineken heute das drittgrößte Brauereiimperium weltweit und kontrolliert - vor der China Ressource Brewery und dem dänischen Carlsberg - große Teile des weltweiten Biermarktes. Jedes zweite Bier stammt aus den Braubottichen dieser "Big Five".

Verschiedene Bierflaschen in Regalen (Foto: dpa)
1300 Kleinbrauereien in Deutschland, 1900 in den USA - doch jedes zweite Bier kommt von den fünf größten: AB-InBev, SABMiller, Heineken, China Ressource, CarlsbergBild: picture alliance/dpa Themendienste

Begonnen hat die Geschichte von Heineken vor 150 Jahren in Amsterdam. Hinter einem großen Unternehmer steht manchmal - eine reiche Mutter. In der Nacht des 30. Juni 1863 setzte sich Gerard Adriaan Heineken an den Schreibtisch und schrieb einen Brief an seine Mutter: Er wolle die kleine Brauerei Haystack aufkaufen, schrieb er, der Preis sei moderat, die irische Bierbrauerzunft stecke in der Krise.

Geld hatte er zwar keins, aber eine unternehmerische Vision: eine Bier-Subkultur in den Straßencafés und Kaffehäusern von Amsterdam hochziehen. Bier sollte ein junges, intellektuelles, künstlerisches Image verpasst bekommen, und Amsterdam zum Zentrum einer neuen Feier- und Trinkkultur werden. Ein halbes Jahr später, am 22. Februar 1864, kaufte der 22-Jährige die Brauerei, finanziell bezuschusst von der alten Dame.

Zwischen Sub- und Pub-Kultur

"Wie die Schweden, Norweger und Dänen sind die Holländer gute Geschichtenerzähler", begründet der dänische Brand-Marketing-Experte Martin Lindstrom den Erfolg dieser Gründungsgeschichte als Werbebotschaft. Vielleicht habe auch der Standort den Ausschlag gegeben: Das Haupthaus der Brauerei war mitten in Amsterdam gelegen, dem "Epizentrum einer jungen, hippen Untergrundkultur".

Bierproduktion in China (Foto: dpa)
In China ist der Bierkonsum im vergangenen Jahrzehnt um 80 Prozent gestiegenBild: picture-alliance/dpa

Bald darauf ließ Heineken ein modernes Brauhaus im Vorort errichten, wo ein untergäriges Bier hergestellt werden konnte, das malziger schmeckte und länger hielt. In der Hafenstadt Rotterdam baute er in den 1870er-Jahren eine weitere Brauerei, nun unter eigenem Namen: "Heineken’s Bierbrouwerij Maatschappij NV". Die Kunden erreichte das Bier per Boot - und der Exporthandel begann.

Schritt in die Internationalität

Bis heute kauft Heineken kleinere Brauereien auf. Damals gab eine persönliche Vorliebe - Heineken war Frankreich-Fan - die Exportstrategie vor: Auf der Weltausstellung in Paris errichtete die Marke erstmals einen kleinen, prunkvollen Pavillon.

Alfred Heineken und Prinz Bernhard (Foto: dpa)
Unter Alfred "Freddy" Heineken (r., hier mit Prinz Bernhard) bekommt das Bier sein immer noch gültiges, rot-grünes FlaschenetikettBild: picture-alliance/ANP

Ab 1914 führte Henry Pierre Heineken, der Sohn des Gründers, neue Technologien ein, zugleich wurde die Brauerei in Rotterdam aufwändig umgebaut und bekam den halb ironischen Spitznamen "Bierkathedrale". Auf Schiffen wurde Flaschenbier wochenlang nach Übersee transportiert, ein Großteil ging in die USA, und auch Asien wird zu einem der ersten Absatzmärkte. Ab 1932 ist der Konzern in Malaysia präsent, drei Jahre später kaufte und baute Heineken Brauereien in den holländischen Kolonien in Ostindien, im belgischen Kongo und in Ägypten.

Neben der offensiven Werbung für Frauen - denn wer den Einkaufszettel schreibt, kontrolliert den Kühlschrankinhalt - kümmerte sich die Firma in den Fünfzigerjahren auch um die Konkurrenz zuhause. Heineken schluckte den größten Wettbewerber vor Ort, Amstel, der sich bereits einen Namen bei Dunkel- und Starkbiersorten gemacht hatte - und erschloss sich damit den südeuropäischen Markt: In Griechenland war Amstel die wichtigste Biersorte.

Expansion in die Schwellenländer und in den Osten

Unter der Führung von Alfred - genannt "Freddy" - Heineken entwickelt sich die Marketingstrategie des Kozerns nach US-amerikanischem Vorbild. Auch das heute noch gültige Label entsteht, ein roter Stern auf grünem Grund.

Buddhistsicher Mönch läuft in Rangun an einem Plakat Heineken-Werbung vorbei (Foto: dpa)
Mit Malaysia, Singapur, Indonesien und China besetzt Heineken in den 1980er-Jahren die wichtigsten asiatischen MärkteBild: picture-alliance/dpa

In den frühen 1980er-Jahren wird Heineken bereits in 145 Ländern verkauft. Heineken kauft die irische Brauerei Murphy's und die spanische El Aquila und orientiert sich zugleich in den fernen Osten: Mit Malaysia, Singapur, Indonesien und China besetzt es die wichtigsten asiatischen Märkte.

Mit der Wende in Deutschland beginnt die Ostexpansion, zunächst nach Ungarn, dann nach Polen (mit dem Partner Zywiec) und Russland. Im fernen Osten folgen Vietnam, Thailand und Kambodscha, in Südeuropa Joint Ventures mit dem französischen Fisher, der italienischen Marke Moretti und der spanischen Cruzcampo. Zur wichtigsten Biermarke Europas wird Heineken mit Übernahme der österreichischen Brau-Beteiligungs A.G.

Lateinamerikas Bier-Durst

In Mexiko kooperiert Heineken mit der Fomento Económico Mexicano S.A.B. de C.V. (FEMSA), die sie zum Ende des Jahrzehnts ganz übernehmen wird.

Heineken-Werbung in New York. (Foto: dpa)
In den USA ist der Bier-Durst leicht rückläufig. In NYC ist Heineken dennoch präsent.Bild: picture-alliance / Ton Koene

Ab 2005 wird ein Light-Bier in den USA und dann in Frankreich eingeführt, Heineken übernimmt einige Brauereien in Deutschland und Russland - und Ende der Nullerjahre dann die tschechische Krusovice Brauerei von Radeberger. Zugleich expandiert die Marke nach Schottland (Scottish & Newcastle) und schließt eine Partnerschaft mit der führenden indischen Brauerei UBL.

Stagnierender Markt in Europa

Während in Europa und den USA der Bier-Durst im neuen Jahrtausend stagniert, wird der asiatische Markt immer wichtiger: Hauptkonkurrent und Nummer zwei der Welt, SABMiller, erwirtschaftet in den Schwellenländern heute fast drei Viertel seines Gewinnes. Allein in China ist der Gesamt-Bierkonsum im vergangenen Jahrzehnt um 80 Prozent gestiegen. Inzwischen wird dort fünfmal so viel Bier gebraut und getrunken wie in Deutschland.

2012 übernimmt Heineken das "Tigerbier" durch Erwerb von 95 Prozent der Aktienanteile an der Asien-Pazifik-Brauereien (APB) ganz - und bekommt damit die Kontrolle über ein Unternehmen, das 30 Brauereien in 14 asiatischen Ländern besitzt und Marktanteile von 50 Prozent in Indonesien, Malaysia und Singapur hat. Auch in Brasilien, Chile, Vietnam, Russland und Südafrika stieg der Absatz eines Konzerns, der heute rund 200 Biermarken umfasst.

Heineken-Werbung in China. Foto: dpa
Die Übernahme der Asien-Pazifik-Brauereien (APB), die 30 Brauereien in 14 asiatischen Ländern besitzt, sichert den Verkauf nach Indonesien, Malaysia und SingapurBild: picture alliance / Antonio Pisacreta/ROPI

"150 Jahre jung"

In den europäischen Ländern hat auch Heineken dagegen mit den Folgen der Schuldenkrise zu kämpfen. In Griechenland, wo Heineken einen Marktanteil von 70 Prozent hält, vergeht gerade den Jüngeren die Lust auf ein Feierabendbier.

Bis heute sind die Zielgruppe die 20- bis 35-Jährigen - aber ist nun vielleicht die Zeit gekommen, auch andere, treue Zielgruppen zu schätzen? Britische Spione, also Staatsbeamte, Mitte vierzig etwa? "Heineken ist nicht 150 Jahre alt, sondern 150 Jahre jung", widerspricht Lindstrom. "Die besten Werbekampagnen der Welt - zum Beispiel für Nike oder Coca Cola - werden heute in Amsterdam gedreht, also bei Heineken um die Ecke. Das macht es der Brauerei nicht nur leicht, aufzufallen, sondern auch, sich weiterhin an andere Kulturen anzupassen."