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Presseschau: Peinlich, peinlich für die Retter

5. November 2009

Traurig für die Mitarbeiter, peinlich für den selbsternannten Retter Bundesregierung: so bewerten einige Kommentatoren der internationalen Presse den Sinneswandel bei GM.

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US-Flaggen vor der General Motors Zentrale in Detroit, USA (Foto: AP)
Opel bleibt bei der Mutter GMBild: AP

"El País" aus Madrid

"Die überraschende Entscheidung von General Motors, Opel doch nicht zu verkaufen, bringt Bundeskanzlerin Angela Merkel in eine sehr missliche Lage. Die Bundesregierung hatte Magna bevorzugt, nachdem sie mit dem Zulieferer ein Übereinkommen vereinbart hatte, das für die deutschen Opel-Werke von Vorteil war. GM muss eine überzeugende Erklärung für seinen radikalen Meinungswandel liefern, der politisch und betriebswirtschaftlich hohe Kosten verursacht. Aber auch die deutsche Regierung und der Opel-Betriebsrat sind eine Rechtfertigung dafür schuldig, dass sie GM so feindlich gesonnen sind. Der US-Konzern aus Detroit versteht etwas vom Autogeschäft und verfügt über Erfahrung. Dies kann man von Magna und der russischen Sberbank nicht unbedingt behaupten."

"Komsomolskaja Prawda" aus Moskau:

"Ups! Sie haben uns Opel nicht gegeben. Das Unternehmen bleibt aber weiter in einer schwierigen Lage. Die 'Erwärmung' der Weltwirtschaft (von der GM spricht) könnte nur vorübergehend sein, und es ist nicht gesagt, dass GM in ein paar Monaten nicht schon wieder sein deutsches Unternehmen verkaufen will. Die Situation erinnert ein bisschen an das alte russische Märchen vom Großvater, der seine Kuh verkaufen wollte. Der Autobauer im fernen Deutschland war für GM ein Klotz am Bein, aber sobald sich die neuen Investoren überlegten, wie sie Opel zu einem gewinnträchtigen Unternehmen machen können, hat man sich bei GM gedacht, dass man diese Kuh doch wohl selbst noch brauchen könnte."

"Neue Zürcher Zeitung" aus Genf:

"Es wäre letztlich wohl das Beste, wenn das strukturell offenbar nicht lebensfähige Unternehmen nicht weiter mit Steuergeldern subventioniert und so der Gesamtmarkt verzerrt würde. So grausam es für die betroffenen Mitarbeiter wäre: Eine Restrukturierung in einem geordneten Insolvenzverfahren oder eine Zerschlagung - also der Verkauf der gesunden und der Untergang der ungesunden Konzerneinheiten - erscheint als die beste Lösung. Auch die Selbstständigkeit, eventuell nach dem Vorbild von Saab, wäre eine interessante Option gewesen. Dazu wird es nun jedoch - vorerst - nicht kommen. Opel wird weiterwursteln."

Die "Neue Osnabrücker Zeitung":

"Peinlich, peinlich: Die selbst ernannten Opel-Retter, allen voran Bundeskanzlerin Angela Merkel, stehen nackt und bloß im Regen, vor die Tür geschubst und abgewatscht von den Chefs des US-Staatskonzerns General Motors. Besonders bemerkenswert: Merkel fing sich ihre Klatsche ein, ohne dass es eine Vorwarnung vom GM-Besitzer, der US-Regierung, gab. Offensichtlich ist es mit der gerade erst so hoch gelobten deutsch-amerikanischen Freundschaft doch nicht so weit her. Oder anders gesagt: Beim Geld hört die Freundschaft auf. Obendrein bedeutet die Düpierung der Bundeskanzlerin, die sich vehement für den jetzt geplatzten Verkauf Opels eingesetzt hatte, eine schwere Hypothek für die neue Bundesregierung. Statt die Früchte sinnvoller Vorarbeit zu genießen, steht die Koalition vor einem Scherbenhaufen und muss bei der Opel-Rettung noch einmal ganz von vorne anfangen. Wichtig ist jetzt, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen: Das heißt vor allem, sich nicht erneut durch vorschnelle Festlegungen erpressbar zu machen und härter zu verhandeln, als dies in der Vorwahlzeit vielen Politikern opportun erschien. Der neue Wirtschaftsminister Rainer Brüderle steht damit vor einer schweren Bewährungsprobe."

"De Standaard" aus Brüssel

"Für Opel Antwerpen wird der Leidensweg weitergehen. Es sah schlecht aus mit Magna, es sieht schlecht aus mit GM. Schlechter oder weniger schlecht, das wird die Zukunft zeigen."

Redaktion: Patrizia Pullano