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Gericht durchkreuzt Portugals Sparkurs

20. Dezember 2013

Schon wieder ein Veto in Lissabon. Das Verfassungsgericht hat einen wichtigen Teil des drastischen Sparetats für 2014 gekippt. Es erklärte eine umstrittene Rentenkürzung für Staatsbedienstete für verfassungswidrig.

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Der portugiesische Verfassungsrichter Joaquim Sousa Ribeiro (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Die vom Gericht einstimmig gestoppte Neuregelung sah vor, Renten oberhalb von 600 Euro im Monat um etwa zehn Prozent zu kürzen. Mit der Maßnahme sollten gemäß dem Haushaltsentwurf für das kommende Jahr gut 728 Millionen Euro eingespart werden. Das Vorhaben verstoße gegen die Verfassung, sagte der vorsitzende Richter Joaquim Sousa Ribeiro (siehe Artikelfoto).

Die konservative Sozialdemokratische Partei (PSD) des Ministerpräsidenten Pedro Passos Coelho und ihr rechter Juniorpartner CDS-PP hatten den Gesetzentwurf mit ihrer deutlichen Parlamentsmehrheit verabschiedet. Die linksgerichteten Oppositionsparteien votierten dagegen. In den vergangenen Monaten hatte das Verfassungsgericht geplante Kürzungsrunden bei den Staatsausgaben schon viermal verworfen.

Erst am Montag verließen Finanzkontrolleure der Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) Lissabon. Sie stellten dem hoch verschuldeten Eurostaat ein zufriedenstellendes "Reformzeugnis" aus und genehmigten die Auszahlung einer weiteren Kredittranche in Höhe von 2,7 Milliarden Euro. Im Gegenzug für die Finanzspritzen forderte die Troika rigide Sparmaßnahmen von der Regierung.

Immer wieder Proteste gegen Sparpolitik

Gegen den harten Sparkurs sind jedoch schon mehrmals zehntausende Menschen auf die Straße gegangen. Am Donnerstag traten die Steuerbeamten in einen Streik, der bis Montag fortgesetzt werden soll. Etwa 500 Streikende demonstrierten am Nachmittag vor dem Finanzministerium. Die U-Bahn in Lissabon wurde am Morgen durch einen Teilstreik lahmgelegt.

Vor dem Präsidentenpalast in Lissabon demonstrierten am Abend etwa 700 Menschen. Sie forderten den Staatschef Anibal Cavaco Silva auf, sein Veto gegen das Finanzgesetz 2014 einzulegen. Zur der "Mahnwache" vor dem Palast hatte der Gewerkschafts-Dachverband CGTP aufgerufen. Gewerkschaftsboss Arménio Carlos lobte die Entscheidung der Richter und forderte den Rücktritt der Mitte-Rechts-Regierung von Ministerpräsident Pedro Passos Coelho. "Diese Regierung hat es nicht verdient zu regieren. Wir werden den Kampf fortsetzen, bis diese Regierung geht", rief er der jubelnden Menge zu. Für kommende Woche sind weiter Streiks angekündigt. Unter anderen wollen die Müllarbeiter, die Gepäckträger in den Flughäfen und die Busfahrer in Lissabon die Arbeit niederlegen.

Rettungsschirm läuft aus

Portugal: Proteste gegen Sparpläne

Der Etat für 2014 sieht Sparanstrengungen von 3,9 Milliarden Euro oder 2,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts vor. Dem Budget kommt besondere Bedeutung zu, denn bereits im Juni soll Portugal den Euro-Rettungsschirm verlassen und nach rund drei Jahren finanziell wieder auf eigenen Beinen stehen. Die Mitte-Rechts-Regierung hatte vor dem Hintergrund vieler Beschwerden gewarnt, es gebe "keinen Plan B".

Mit einem 78 Milliarden Euro schweren Hilfspaket hatten die EU und der Internationale Währungsfonds Portugal 2011 vor einem drohenden Bankrott bewahrt. Im Gegenzug verpflichtete sich Lissabon zu einem strengen Sanierungsprogramm. Das ärmste Land Westeuropas steuert bei einer Rekordarbeitslosenrate von rund 17 Prozent bereits auf das dritte Rezessionsjahr in Folge zu.

kle/gri (afp, dpa, rtre)