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Polizei rückt auf den Maidan vor

18. Februar 2014

Die Lage in der Ukraine scheint außer Kontrolle geraten. Nach Ausschreitungen vor dem Parlament hat die Polizei damit begonnen, das Protestlager auf dem Maidan zu räumen. Mindestens 18 Menschen wurden getötet.

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Kiew Proteste 18.02.2014 (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Schwere Unruhen in Kiew

Sicherheitskräfte und Regierungsgegner liefern sich auf dem Unabhängigkeitsplatz schwere Straßenschlachten, nachdem die Polizei gegen die Barrikaden vorrückte. Überall brennen Feuer, auch Teile des Protestcamps gingen in Flammen auf. Die Polizei rückte mit Wasserwerfern vor. Demonstranten schossen mit Feuerwerkskörpern und versuchten, die Sicherheitskräfte mit starken Laserpointern zu blenden. Bei den Auseinandersetzungen wurden nach neuesten Angaben im Tagesverlauf mindestens 18 Menschen getötet, darunter sieben Polizisten. Viele der Toten wiesen Schusswunden auf.

"Anti-Terror-Operation"

Das Innenministerium hatte kurz vor Beginn des Einsatzes die rund 20.000 Regierungsgegner zum Verlassen des Platzes aufgefordert. Es folge eine "Anti-Terror-Operation", hieß es. Oppositionelle riefen Frauen und Kinder auf, den Platz zu verlassen.

Kiew Proteste 18.02.2014 (Foto:Reuters)
Auf dem Maidan spilen sich Szenen wie im Bürgerkrieg abBild: Reuters

Angesichts der Eskalation der Lage ist der Oppositionspolitiker Vitali Klitschko zum Amtssitz von Präsident Viktor Janukowitsch gefahren. Das teilte seine Sprecherin Oxana Sinowjewa über Twitter mit. Nach Berichten lokaler Medien wird auch der Oppositionspolitiker und ehemalige Außenminister Areseni Jazenjuk zu dem Treffen erwartet.

Schwere Unruhen in Kiew

Auslöser der Gewalt war offenbar ein Angriff auf eine Polizeisperre am Vormittag gewesen. Als Täter wurden entweder radikale Demonstranten oder aber Provokateure auf Seiten der Staatsmacht genannt. Bei den anschließenden Straßenschlachten wurden nach Behördenangaben mindestens 184 Polizisten verletzt, mehr als 100 von ihnen schwer. Auf Seiten der Regierungsgegner wurden rund 200 Verletzte verzeichnet.

Szenen wie in einem Bürgerkrieg

Nach Wochen angespannter Ruhe war es im Laufe des Tages zu schweren Straßenschlachten gekommen. Vor dem Parlament spielten sich Szenen wie in einem Bürgerkrieg ab. Mit Brandsätzen, Steinen und Feuerwerkskörpern griffen gewaltbereite Regierungsgegner die Sicherheitskräfte nahe dem Parlamentsbebäude an. Die Polizei antwortete mit Tränengas und Gummigeschossen.

Die Situation war eskaliert, als Demonstranten zum Parlament ziehen wollten, um gegen die pro-russische Politik von Präsident Viktor Janukowitsch zu protestieren, und von der Polizei aufgehalten wurden. Später entlud sich der Zorn vor einem Büro der Regierungspartei Janukowitschs. Gewaltbereite wollten das Gebäude stürmen. Sie schleuderten Molotowcocktails, warfen Scheiben ein und verschafften sich schließlich mit einer Axt Zugang. Als die Polizei wenig später anrückte, gaben sie das Haus wieder auf.

Läuten der Kirchenglocken

Nach den Vorfällen in Kiew haben Regierungsgegner am späten Dienstagabend Verwaltungsgebäude im Westen des Landes besetzt. In Lwiw, dem früheren Lemberg, stürmten sie den Sitz der Regionalregierung und ein Polizeirevier, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtet. Dabei stießen sie nicht auf Widerstand. Lemberg ist eine Hochburg der Regierungsgegner, die für eine beschleunigte Annäherung der Ukraine an die Europäische Union antreten.

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Die ukrainischen Kirchen verurteilten das gewaltsame Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen die Opposition. Der Kiewer Großbischof der griechisch-katholischen Kirche ordnete am Dienstagabend an, wegen der "Gefahr des Brudermordes" alle Kirchenglocken zu läuten. Im Namen Gottes verurteile er die Missachtung von Menschenrechten und des Willens des ukrainischen Volkes, hieß es in einer Erklärung des Oberhauptes der mit Rom verbundenen Kirche. Auch der orthodoxe Kiewer Patriarch Filaret forderte einen sofortigen Stopp der Gewalt. Präsident Janukowitsch trage die größte Verantwortung für die Entwicklung.

Deutschland bringt wieder Sanktionen ins Gespräch

Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton zeigte sich "tief besorgt". Die USA forderten ein sofortiges Ende der Gewalt. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) drohte mit Sanktionen gegen Einzelpersonen: "Wer Entscheidungen zu verantworten hat, die zu einem Blutvergießen im Zentrum Kiews oder anderswo in der Ukraine führen, wird damit rechnen müssen, dass Europa die bisherige Zurückhaltung bei persönlichen Sanktionen überdenken muss."

gmf/nis/uh (dpa,afp)